NS-DOK zeigt Ausstellung zu lange tabuisierten Lebensgeschichten

Während der Zeit des Nationalsozialismus waren freundschaftliche und intime Kontakte zwischen Deutschen und den rund 13 Millionen Kriegsgefangenen oder Zwangsarbeiter*innen im Deutschen Reich unerwünscht. Zum Teil waren sie streng verboten. Doch sie sind „trotzdem da“: Kinder, die aus solchen Beziehungen hervorgegangen sind. Ihre Geschichten wurden lange tabuisiert. Nun zeigt das NS-Dokumentationszentrum vom 19. Juni bis 14. September 2025 eine Ausstellung, die sich ihnen widmet.

Obwohl es für Kinder aus verbotenen Beziehungen – anders als für viele NS-Verfolgte und deren Nachkommen – keine speziellen Selbstorganisationen oder Hilfseinrichtungen gibt, konnte das Ausstellungsteam von "trotzdem da!" mehr als 20 Teilnehmer*innen aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden ausfindig machen und für das Projekt gewinnen. Am Ende des überregionalen Ausstellungs- und Forschungsprojektes an der Gedenkstätte Lager Sandbostel steht eine Wanderausstellung, die die Projektteilnehmer*innen selbst zu Wort kommen lässt.

Mithilfe von Video-Interviews mit den Projektteilnehmer*innen, ihren persönlichen Dokumenten und Fotos, erzählt die Ausstellung ihre Lebensgeschichten. Dabei geht es um die Verfolgungsgeschichten ihrer Eltern, aber auch um die Suche nach der eigenen Identität und Erfahrungen von Ausgrenzung und Diskriminierung in der Nachkriegszeit.

Die in der Ausstellung zentralen Biografien zeigen exemplarisch die Gemeinsamkeiten, aber auch die Vielfältigkeit der Lebensläufe der Projektteilnehmer*innen. Ergänzend wird in jeder Biografie ein mit der Lebensgeschichte verbundenes historisches Thema vertiefend behandelt, wie etwa die Situation von Frauen in Zwangsarbeit oder die "Ausländerkinder-Pflegestätten", in denen reichsweit Tausende Kinder aufgrund von Vernachlässigung und Unterversorgung starben. Die Ausstellung widmet sich mit den wegen "verbotenen Umgangs" Verfolgten und ihren Kindern einem Verbrechenskomplex im Nationalsozialismus, der in der Forschung ebenso wie in der öffentlichen Erinnerung lange unbeachtet geblieben ist.

Lucy Debus, Kuratorin der Ausstellung:

Für uns war die Genese der Ausstellung sehr berührend. Viele der Kinder von damals haben durch das Projekt ,trotzdem da!‘ das erste Mal andere Menschen kennengelernt, die auch aus einer im Nationalsozialismus verbotenen Beziehung stammen. Sie haben uns erzählt, dass sie sich jetzt weniger alleine mit ihrer Geschichte fühlen. Viele stehen auch heute miteinander in Verbindung, was uns sehr freut.

Ausstellungsdaten: 

9. Juni bis 14. September 2025

Dienstag bis Freitag: 10 bis 18 Uhr

Samstag/Sonntag: 11 bis 18 Uhr

Eintritt: 4,50 Euro/ermäßigt 2 Euro (kostenfrei am 1. Donnerstag im Monat)

Führungen durch die Ausstellung:

  • Montag, 7. Juli, 15 Uhr:                     Kuratorinnenführung mit Lucy Debus
  • Freitag, 5. September, 15 Uhr:          Kuratorenführung mit Jan Dohrmann

Begleitveranstaltungen im NS-DOK

Donnerstag, 26. Juni, 18 Uhr

Buchvorstellung: Zwischen Arbeitseinsatz und Rassenpolitik. Die Kinder osteuropäischer Zwangsarbeiterinnen und die Praxis der Zwangsabtreibungen im Nationalsozialismus mit Dr. Marcel Brüntrup

Dienstag, 8. Juli, 18 Uhr

Gespräch: Kind eines niederländischen Vaters und einer deutschen Mutter. Die Lebensgeschichte von Ton Maas mit Ton Maas (Projektteilnehmer) und Lucy Debus (Kuratorin der Ausstellung)

Donnerstag, 11. September, 18 Uhr

Gespräch: Verdrängt und vergessen. Die Erinnerung an die Verfolgung des ‚verbotenen Umgangs‘ mit Christine Glauning (Historikerin und Leiterin des Dokumentationszentrums NS-Zwangsarbeit, Berlin) und dem Journalisten Thomas Muggenthaler

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