Römisch-Germanisches Museum stellt ausgewählte Funde vor

Eine moderne Millionenstadt wie Köln entwickelt sich ständig weiter. Private, wie öffentliche Investoren realisieren Jahr für Jahr zahlreiche Bauprojekte. Die Stadtarchäologie im Römisch-Germanischen Museum ist dabei bereits in die Planungsphase eingebunden, ganz gleich, ob es sich um die Errichtung oder Erweiterung von Gebäuden, Straßenbaumaßnahmen oder Kanalbaumaßnahmen, Renaturierung von Bachläufen oder Erschließung von großflächigen Neubaugebieten handelt.  Das Römisch-Germanische Museum vertritt auf Grundlage des Denkmalschutzgesetzes NRW die Interessen der Bodendenkmäler auf dem 400 Quadratkilometer umfassenden Kölner Stadtgebiet. Zwei Kölner Beispiele waren im Jahr 2020 besonders aufschlussreich und eine Fundauswahl wird im Rahmen der Präsentation "Archäologie im Rheinland 2020" im LVR-LandesMuseum Bonn noch bis zum 30. April 2021 erstmals gezeigt (vorbehaltlich, dass die Museen öffnen dürfen). Im Rahmen der digitalen Tagung "Archäologie in NRW 2020" am 12. April 2020 berichten die drei NRW-Landesarchäologen Dr. Erich Claßen aus Bonn (LVR), Prof. Dr. Michael M. Rind aus Münster (LWL) und Prof. Dr. Marcus Trier aus Köln über Themen der Landesarchäologie 2020. Zudem informiert Dr. Dirk Schmitz über neue Ausgrabungen und Funde aus Köln. Die digitale Tagung wird auf den YouTube-Kanälen LVR-Bodendenkmalpflege und LWL-Archäologie übertragen und anschließend dort abrufbar sein.

 

© Stadt Köln
Fund Vogelsanger Straße

Die vorgestellten Funde aus Köln:

Vogelsanger Straße

Bei einer Erneuerung von Fernwärmeleitungen, Gasleitungen und Wasserleitungen in der Vogelsanger Straße im Stadtteil Ehrenfeld kamen Überreste einer prächtig ausgestatteten Vorstadtvilla des römischen Köln zutage. Wie es das tägliche Geschäft der Stadtarchäologie in einer Großstadt mit sich bringt, sind es die kleinen Ausschnitte, die oftmals von großer Bedeutung sind. Die Vogelsanger Straße war keine antike Straße und durchquert heute auf Höhe der Mechternstraße eine Villa im Weichbild der römischen Stadt. Die Villa war mit Mosaikfußböden, Wandmalerei und Deckenmalerei ausgestattet. Einzigartig für die römischen Provinzen entlang von Rhein und Donau sind die Wand- beziehungsweise Deckenmalereien. In den noch feuchten bemalten Putz wurden Mollusken, Schneckenhäuser und Muscheln, eingedrückt. Solche Dekorationen kennt man beispielsweise von den berühmten Ausgrabungsstätten am Vesuv, aus Herculaneum und Pompeji.

Die Villa ist seit ersten Ausgrabungen 1934 um die Kirche St. Mechtern herum bekannt. Bereits damals wurden die Funde, insbesondere Marmorinkrustationen, als "sehr wertvoll" beschrieben. Schließlich konnte bei weiteren Ausgrabungen das Bild einer sogenannten Portikusvilla mit Eckrisaliten gewonnen werden. Nach einem repräsentativen Ausbau Mitte des 2. Jahrhunderts erhielt das Haupthaus eine Front von mehr als 50 Metern und gehört damit zu den großen Anlagen im Rheinland.

Die neuen Befunde nordöstlich der ehemaligen Aufschlüsse könnten zu einem Badegebäude gehört haben, das sich ursprünglich außerhalb des Hauptgebäudes befand. Die Auswertung der Ausgrabung dauert an.

© Stadt Köln
Grab am Georgsplatz

Georgsplatz 10

Im Vorfeld einer Schulerweiterung des Kaiserin Augusta Gymnasiums in der südlichen Altstadt Kölns ist bei bauvorgreifenden Ausgrabungen der beraubte Sandsteinsarkophag eines Germanen des frühen 4. Jahrhunderts geborgen worden. Die Knochen des Verstorbenen im Innern waren von den Grabräubern auf ihrer Suche willkürlich verstreut worden, außerhalb übersahen sie jedoch ein zugehöriges Beigaben, das mit hochwertigen Funden aufwarten konnte. Mehrere Teller und Schalen aus Glas sowie Keramik, dazu kleine weißtonige Krüge, wurden dem Verstorbenen auf dem Weg ins Jenseits mitgegeben. Auf einem Teller lagen Knochen, verbliebene Reste von Hühnchen als Wegzehrung. Zwei Münzen sollten als Bezahlung die Überfahrt über den Unterweltsfluss sichern. Bemerkenswert ist ein aufwändig gestaltetes Holzkästchen, von dem sich mehrere Beschläge erhalten haben. Der Schlüssel steckte noch abgebrochen im Schlüsselloch.

Der Verstorbene konnte anhand eines Gürtels identifiziert werden. Er war Mitglied einer militärisch geprägten Oberschicht mit germanischem Wurzeln und in römischen Diensten zu Wohlstand und Ansehen gekommen. Die Beigaben lassen erkennen, dass die germanischen Militärfamilien römische Sitten übernahmen. Bestattet wurde er außerhalb der Stadtmauer am Rande eines mittlerweile verfallenen Geländes der ehemaligen südlichen Vorstadt.  

Die Archäologie im Jahr 2020 beleuchtet vielfältige Facetten der Kölner Geschichte von der Antike bis in die jüngste Vergangenheit. Insgesamt mündeten 50 Maßnahmen im vergangenen Jahr zu archäologischen Untersuchungen, die in die Akten des Ortsarchives übernommen wurden. Die Zahl an Baustellenbeobachtungen durch Mitarbeitende der Bodendenkmalpflege liegt weit höher.

Die Umgestaltung großer Industriebrachen an der Deutz-Mühlheimer Straße in ein neues Wohnviertel und Geschäftsviertel führte die Stadtarchäologie zur Wiege des industriellen Kölner Kutschenbaus und Waggonbaus, den Werken Van der Zypen und Charlier. Im Grüngürtel nahe der Luxemburger Straße wurde eine Flakstellung des Zweiten Weltkriegs vollständig ausgegraben. Bauaktivitäten südwestlich des Neumarkts haben zu neuen Aufschlüssen in die dortige römische Vorstadt geführt. Bei Kanalbaumaßnahmen am Waidmarkt traten Reste der ehemaligen Pfarrkirche St. Johannis zutage. Das mittelalterliche Gereonstor und das römische Marstor wurden in kleineren Sondagen angetroffen. In der Kirche St. Pantaleon war die Bodendenkmalpflege ebenso vertreten wie im ersten mechanischen Klärwerk von Köln in Niehl.

Stadt Köln - Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit