Makramee von der Künstlerin Céline Berger
Das vierte Kunstsäulenmotiv 2024 präsentiert ein Werk der Künstlerin Céline Berger. Das Motiv hat starke biografische Bezüge. Berger, 1973 in Saint-Martin-d'Hères (Frankreich) geboren, verbrachte ihre Kindheit in einer christlichen Kommune, die 1972 als Protest gegen die Konsumgesellschaft gegründet wurde. Diese Gemeinschaft, geprägt von Gebet, gemeinschaftlicher Arbeit und dem Teilen von Eigentum und Einkommen, vermittelte ihr eine alternative Lebensweise. Trotz der idealistischen Atmosphäre erlebte sie dort – wie sie selbst sagt – Gruppenzwang und Spannungen zwischen den Idealen und der Realität, einschließlich verdeckter Gewalt. Im Jahr 1983 folgte der Zusammenbruch der Kommune.
In der Werkreihe "Communal Thread" (Deutsch: "Gemeinsamer Strang") kombiniert Berger Archivfotos aus dieser Zeit mit der Makramee-Technik, die sie dort als Kind erlernte. Diese Knotenknüpftechnik verdinglicht für Berger die komplexen Erinnerungen und Erfahrungen ihrer Kindheit. Ihr aktuelles Motiv "Communal Thread N°2" zeigt mehrere tanzende Menschen auf einer grünen Wiese.
Céline Berger erläutert:
Auf den ersten Blick ist es ein idyllisches Motiv, welches Natur und Menschen im Einklang zeigt. Eine harmonische Situation, heiteres Beisammensein, tanzende Menschen. Dieses Motiv transferiere ich zurück in die betonierte Stadt.
Ist das alles? Man vermutet bereits: nein. Durch die Makramee-Technik fügt Céline Berger dem Motiv das hinzu, was durch ihre Erfahrungen entstanden ist. Es kommt zu einer Dissonanz zwischen dem idyllischen Motiv und der strengen Knotentechnik, in die die Szenerie eingespannt ist. "Da, wo sich die Hände der tanzenden Protagonisten berühren, habe ich beim Knüpfen das Motiv zudem getrennt und die Abstände nochmals vergrößert." Damit verdeutlicht die Künstlerin die inneren Spannungen, die sowohl verbindend als auch trennend in menschlichen Beziehungen wirken können.
Eine weitere Dissonanz entsteht dadurch, dass die Idylle ihres Fotomotivs vor allem aus der Ferne zu erkennen ist. Tritt man näher an die Kunstsäule heran, zerfällt der Gesamteindruck in Bruchstücke.
Berger, die ein Studium der Physik und Materialwissenschaft sowie ein Postgraduierten-Diplom der Kunsthochschule für Medien Köln abschloss, wird ihre Makramee-Arbeiten vom 26. September bis 24. Oktober 2024 auch im Rahmen ihrer Duo-Ausstellung im Matjö – Raum für Kunst des Bundesverbandes Bildender Künstler*innen Köln e.V., Mathiasstraße 13, 50676 Köln, präsentieren. Die gemeinsame Ausstellung von Céline Berger und Slinko, eine multidisziplinären ukrainische Künstlerin (die eine Kunstsäule gestaltete), heißt "Bitter Harmonies". Die Werkreihe "Communal Thread" fügt sich nahtlos in die dort präsentierten Arbeiten ein, die ebenfalls die Spannungen in menschlichen Beziehungen thematisieren.
Das Motiv von Céline Berger ist noch bis Mitte Oktober auf den insgesamt 27 Kunstsäulen im Kölner Stadtgebiet zu sehen. Eine Übersicht aller Standorte ist beigefügt.
Weitere Informationen zum Projekt "Kunst an Kölner Litfaßsäulen" des Kulturamtes