Fachtag "Gewalterfahrungen in der Pflege – Vorbeugen und Erkennen"

In Köln erhalten rund 22.700 Menschen häusliche Pflegeleistungen. 70 Prozent dieser Pflegeleistungen werden von Angehörigen oder anderen Bezugspersonen ausgeführt. "Die Familie übernimmt hier eine wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die es unbedingt zu würdigen, aber auch zu unterstützen gilt", betont Dr. Bunte, Leiterin des Gesundheitsamtes der Stadt Köln.

Wie soll man als Angehöriger damit umgehen, wenn man merkt, dass man selbst oder ein Familienmitglied mit der Pflegesituation überfordert ist? Wie soll man als professionelle Pflegekraft handeln, wenn man merkt, dass die Situation in der häuslichen Pflege die Wünsche und Bedürfnisse eines Pflegebedürftigen stark vernachlässigt?

Diese und andere Fragen werden beim Fachtag "Gewalterfahrungen in der Pflege – Vorbeugen und Erkennen" am Mittwoch, 26. September 2018, von 14 bis 18 Uhr im studio dumont, Breite Straße 72 (im ersten Stockwerk des DuMont-Carrés), beantwortet. Anlass dieser Veranstaltung der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft, Arbeitskreis "Alterspsychiatrie", ist die Vorstellung des "Kölner Appells gegen Gewalt in der häuslichen Pflege".

Expertinnen und Experten beleuchten beim Fachtag, der im Rahmen der 7. Kölner Demenzwochen stattfindet, die unterschiedlichen Aspekte von Gewalt im ambulanten, stationären und häuslichen Bereich. Dabei wird die Situation von Gewalt gegenüber Schutzbefohlenen und gegenüber Menschen, die die Begleitung, Betreuung und Versorgung von zu Pflegenden leisten, in den Blick genommen und die Sensibilität für dieses lange Zeit tabuisierte Thema in der Öffentlichkeit geschärft.

Häusliche Pflege benötigt Zeit, Geduld sowie Kraft und bringt Angehörige schnell an ihre Grenzen. Oft liegen die Nerven auf beiden Seiten blank – bei Pflegenden und den zu Pflegenden. Überforderung kann zu verbaler oder sogar physischer Gewalt führen. Pflegende Angehörige bekunden in einer Umfrage des Zentrums für Qualität in der Pflege, dass 48 Prozent der Befragten mindestens einmal psychische Gewalt angewendet haben. In derselben Umfrage geben fast 40 Prozent der befragten ambulanten Pflegekräfte an, sich innerhalb der letzten zwölf Monate mindestens einmal problematisch gegenüber Pflegebedürftigen verhalten zu haben. Am häufigsten kam es dabei zu psychischer und verbaler Misshandlung sowie pflegerischer Vernachlässigung. Von Formen physischer Gewalt berichteten insgesamt acht Prozent der Befragten. Eine verlässliche Datenlage zu diesem Thema gibt es nicht.

Gewalt kann dabei viele Gesichter haben: beleidigende Worte, Demütigung, Vernachlässigung, Schläge, aber auch Androhungen und Unterlassungen einer Handlung, um die zu pflegende, meist ältere Person körperlich oder seelisch zu verletzen.

Gewalt im häuslichen Bereich und Erfahrungen von Gewalt gegen Pflegebedürftige gehören für beruflich Pflegende zum Alltag. Überforderung, mangelnde Qualifikation und Arbeitszeitverdichtung sind nur einige Ursachen dafür. Zudem können pflegebedürftige alte Menschen gegenüber Pflegenden in Wort oder Tat gewalttätig werden. "Diese Situation wird oft nicht gesehen", betont Dr. Peter Häussermann, Chefarzt der Abteilung Gerontopsychiatrie der LVR-Klinik Köln.

"Es ist Zeit für eine neue Kultur des Hinschauens. Keine Gewalt in häuslichen Pflegebeziehungen!", fordert Stefan Kleinstück, Sprecher des Arbeitskreises "Alterspsychiatrie".

Die Teilnahme am Fachtag ist kostenlos. Eine Anmeldung wird telefonisch unter 0221/221-24754 oder per E-Mail erbeten.

Anmeldung per Mail an Gesundheitskoordination@stadt-koeln.de Stadt Köln - Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit