"Mobilität in Deutschland 2017" – Angebotserweiterung für ÖPNV

Die Verwaltung wird dem Verkehrsausschuss der Stadt Köln zu seiner Sitzung am 10. September 2019 die nun ausgewerteten detaillierten Kölner Ergebnisse aus der Untersuchung "Mobilität in Deutschland 2017" (MiD) vorstellen.

Bei der MiD-Studie des Bundesministeriums für Verkehr und Infrastruktur handelt es sich um eine wiederkehrende, deutschlandweite Erhebung zur Mobilität der Bevölkerung. Für Kommunen und andere Gebietskörperschaften in Deutschland bestand die Möglichkeit, sich als sogenannte "Aufstocker" an der 2015 in Auftrag gegebenen Erhebung des Bundes zu beteiligen. Die Stadt Köln hat durch ihre Projektbeteiligung die Möglichkeit wahrgenommen, die Stichprobengröße für das Kölner Stadtgebiet um 1.500 Haushalte zu erweitern. Damit erhielt die Stadt Köln repräsentative Daten zur Alltagsmobilität der Kölnerinnen und Kölner, die wichtige Erkenntnisse bis hinunter auf die Ebene der Stadtbezirke ermöglichen.

Die Ergebnisse bestätigen, dass sich Köln bereits inmitten der viel zitierten Verkehrswende bewegt. Der Rückgang des motorisierten Individualverkehrs von 43 auf 35 Prozent innerhalb von elf Jahren (2006 zu 2017) belegt dies eindrucksvoll.

Getragen wird dieser "Modal Shift" (Veränderung in der Verkehrsmittelnutzung) hauptsächlich vom Radverkehr. Das Rad wird gegenüber 2006 inzwischen auch durchschnittlich für deutlich längere Wege genutzt: Hier wirken sich die größeren Aktionsradien des Pedelecs und die zunehmend regelmäßigere Nutzung des Fahrrads bei alltäglichen Wege wie beispielsweise auf dem Weg zur Arbeit statistisch aus. Gleichzeitig besteht insbesondere bei den Wegen zwischen fünf und zehn Kilometern ein großes Verlagerungspotential vom Auto auf das Rad. Der Radverkehr nimmt auf diesen Strecken einen Anteil von 13 Prozent und der MIV (Motorisierter Individualverkehr) von 46 Prozent ein. Die Ergebnisse bestärken die Verwaltung in der Absicht, die Infrastruktur auf den Hauptradwegerouten zu verbessern, RadPendler-Routen mit den Umlandkommunen zu planen und Abstellanlagen wie BikeTower an größeren Schienen-Verknüpfungspunkten zu errichten.

Der Öffentliche Personenverkehr (ÖV) konnte seine Anteile am Verkehrsmix trotz jährlich steigender Fahrgastzahlen gegenüber 2006 nicht vergrößern. Dies liegt unter anderem an den an die Grenzen gekommenen Kapazitäten in der Hauptverkehrszeit sowohl bei S-Bahnen als auch bei einigen Stadtbahnlinien. Die bereits auf den Weg gebrachten Ausbaumaßnahmen ("Bahnknoten Köln", "Roadmap ÖPNV" mit einer Ausweitung der Schienenstrecken) sind daher dringend erforderlich, damit der öffentliche Personennahverkehr in der wachsenden Stadt Köln weiterhin zur Verkehrswende beitragen kann.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker freut sich über die Ergebnisse der MiD-Befragung:

Den äußerst positiven Trend im Rad- und Fußverkehr wollen wir durch die beschleunigte Sanierung von Radwegen und den Ausbau des Radwegenetzes weiter unterstützen. Wir freuen uns natürlich sehr darüber, dass wir auch im Vergleich zu anderen Metropolen Deutschlands immer besser dastehen. Das gilt zum Beispiel für den überdurchschnittlich hohen Radverkehrsanteil und die erfreulich hohe Anzahl von Carsharing-Mitgliedschaften in Köln. Um unsere Klimaschutzziele zu erreichen, müssen wir aber den Radverkehr und den öffentlichen Nahverkehr auch für längere Strecken, die über fünf Kilometer hinaus gehen, attraktiver gestalten – und zwar in allen Kölner Bezirken. Deswegen arbeiten wir mit Hochdruck an Radschnellwegen und am Ausbau des Stadtbahnnetzes.

Im Einzelnen lassen sich folgende Aussagen zum aktuellen Verkehrsverhalten der Kölnerinnen und Kölner treffen:

  • Knapp zwei Drittel (64 Prozent) aller Wege der Kölnerinnen und Kölner sind kürzer als fünf Kilometer und werden zu 75 Prozent mit dem Umweltverbund (zu Fuß, Fahrrad oder ÖV) zurückgelegt, wobei der Fußverkehr mit 40 Prozent an allen Wegen in dieser Wegeklasse dominiert.
  • Die durchschnittlichen Strecken pro Weg und Verkehrsmittel variieren von 1,5 Kilometer zu Fuß über vier Kilometer mit dem Rad bis hin zu 18,4 Kilometer mit dem Auto (MIV) beziehungsweise 19,5 Kilometer mit dem öffentlichen Personenverkehr.
  • Die Kölnerinnen und Kölner legen an einem Tag durchschnittlich 3,2 Wege zurück, die eine durchschnittliche Gesamtlänge von 36,8 Kilometer haben und für deren Zurücklegen etwa 91,6 Minuten aufgewendet werden.
  • Der Modal Split für die Arbeitswoche muss auf Basis der nun vorliegenden Rohdaten gegenüber dem Vorabergebnis im September 2018 minimal korrigiert werden: Der Radverkehrsanteil stieg nicht um sieben Prozentpunkte, sondern um sechs Prozentpunkte von zwölf Prozent in 2006 auf nunmehr 18 Prozent. Dafür hat der Fußverkehr um zwei Prozentpunkte anstelle von einem Prozentpunkt von 24 Prozent in 2006 auf nun 26 Prozent zugelegt. Die Werte des Vorabergebnisses für den ÖV (21 Prozent) und den MIV (35 Prozent) haben sich bestätigt.
  • Vergleicht man den Kölner Modal Split der Gesamtwoche (ÖV 19 Prozent, Fuß 27 Prozent, Fahrrad 18 Prozent, MIV 36 Prozent) mit dem Durchschnitt der deutschen Metropolen (ÖV 20 Prozent, Fuß 27 Prozent, Rad 15 Prozent, MIV 38 Prozent) so zeigt sich, dass Köln in Sachen Radverkehr besser da steht, als die Summe der deutschen Großstädte. Dies führt auch zu dem in Köln geringeren MIV-Anteil. Zu den Metropolen werden im Zusammenhang mit der "MiD 2017" folgende Städte gezählt: Berlin, Bremen, Dortmund, Dresden, Düsseldorf, Essen, Frankfurt a.M., Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig, Mannheim, München, Nürnberg und Stuttgart.
  • Eine Betrachtung der Modal Split Werte (Gesamtwoche) auf Ebene des Verkehrsverbunds Rhein-Sieg e.V. (VRS) verdeutlicht die großen Unterschiede zwischen Köln und den Anrainerstädten beziehungsweise Kreisen. In der Summe stellt sich der Modal Split im VRS-Raum ohne Berücksichtigung der Kölner Werte wie folgt dar: ÖV elf Prozent, Fuß 23 Prozent, Fahrrad zehn Prozent, MIV 57 Prozent. Dies verdeutlicht das große "Umstiegspotential" bei den Stadt-Umland-Verbindungen vom MIV auf den Umweltverbund.
  • Auch der Blick auf die Stadtbezirke macht zum Teil große Unterschiede sichtbar. So variiert beispielsweise die Autonutzung (in der Arbeitswoche) von 23 Prozent in der Innenstadt bis 54 Prozent in Chorweiler, die ÖV-Nutzung von 17 Prozent in Lindenthal bis 30 Prozent in Ehrenfeld, die Radnutzung von acht Prozent in Chorweiler bis 26 Prozent in Lindenthal sowie beim Fußverkehrsanteil von 20 Prozent in Chorweiler bis 35 Prozent in der Innenstadt.
  • Hinsichtlich der den Wegen zugrundeliegenden Wegezwecke gibt es hingegen sowohl gegenüber 2006 als auch im Vergleich zu anderen Raumeinheiten (Metropolen, NRW, Bund) lediglich geringe Verschiebungen. Dies stützt die These, dass Mobilität ein den Menschen innewohnendes Grundbedürfnis ist, welches sich in seiner Ausprägung in der Gesamtheit nicht grundlegend unterscheidet.
  • Interessant ist ein genauerer Blick auf die jeweilige Verkehrsmittelwahl, die zur Realisierung der einzelnen Wegezwecke eingesetzt werden. Hier fallen zum Beispiel der sehr hohe MIV-Anteil bei dienstlichen Fahrten (54 Prozent) oder die sehr hohen Radverkehrsanteile bei den Arbeits- und Ausbildungswegen (jeweils 24 Prozent) auf. Letztere zeigen deutlich die hohe Bedeutung des Fahrrads im Alltagsverkehr und weniger im Freizeitverkehr (hier beträgt der Anteil lediglich 17 Prozent). Der hohe MIV-Anteil im Dienstverkehr zeigt wiederum, dass hier große Potenziale bestehen, den MIV-Anteil durch geeignete Maßnahmen (Flottenmanagement, Besteuerung) substanziell zu reduzieren.
  • In Puncto Carsharing steht Köln im bundesweiten Vergleich außerordentlich gut da. So verfügen 22 Prozent der befragten Haushalte beziehungsweise 19 Prozent der befragten Personen über mindestens eine Carsharing-Mitgliedschaft. Auf Ebene der Metropolen sind dies lediglich 14 Prozent beziehungsweise zwölf Prozent. Knapp die Hälfte der Carsharing-Mitglieder (44 Prozent) nutzt dabei mindestens einmal im Monat ein Carsharing-Fahrzeug.

Aufgrund des großen Umfangs des Datenmaterials sind weitere Auswertungen möglich. Die Verwaltung wird bei den vielfältigen planerischen und konzeptionellen Fragestellungen im Verkehr regelmäßig auf diese Daten zurückgreifen.

Darüber hinaus informiert die Verwaltung den Verkehrsausschuss zur nächsten Sitzung in einer Mitteilung über den mit der Kölner Verkehrs-Betriebe AG (KVB) geplanten Aufbau eines bedarfsgesteuerten On-Demands-Angebots (RidePooling) durch Kleinbusse als Ergänzung des klassischen ÖPNV-Angebots.

Damit sollen die Erschließung gerade von Quartieren in Stadtrandlage verbessert und positive Effekte für die Verkehrswende auch dort erreicht werden, wo derzeit noch vorwiegend das eigene Fahrzeug genutzt wird. Die Kleinbusse sollen nachfrageorientiert sowie unabhängig von festen Routen und vorgegebenen Fahrplänen fahren. Dabei teilen sich mehrere Reisende ein Fahrzeug und werden vorzugsweise nach Buchung per App an einer bestehenden oder virtuellen Haltestelle abgeholt und zu ihrem Ziel gebracht. Ein Algorithmus kombiniert die Anfragen, bündelt ähnliche Fahrtwünsche, plant die optimalen Routen und berechnet die individuellen Fahr- und Ankunftszeiten, welche ebenfalls in der App dargestellt werden.

Es ist geplant, ab Mitte 2020 in einem Pilotbetrieb von rund 48 Monaten konkrete Erfahrungen mit dieser neuen Mobilitätsform zu sammeln. Für den Pilotbetrieb sollen zehn Kleinbusse mit elektrischem Antrieb beschafft werden, die montags bis freitags tagsüber schwerpunktmäßig der Feinerschließung von Quartieren dienen und am Wochenende als Nacht-Shuttle im Innenstadtbereich ein zusätzliches Angebot in Zeiten schwacher Verkehrsnachfrage schaffen.

Mit dem ergänzenden Angebot kommt die KVB den im Nahverkehrsplan festgeschriebenen Anforderungen hinsichtlich der Feinerschließung in den Stadtteilen und Quartieren mit flexiblen Bedienungsformen nach. Die detaillierte Ausgestaltung des Angebotes soll auf Basis der Analysen des Nahverkehrsplans (Kapitel 6.1.2 Erreichbarkeit von Haltestellen) im Rahmen des Projektes mit dem Softwarepartner entwickelt werden. Die abschließende Ausgestaltung des Angebotes wird zwischen KVB und Verwaltung abgestimmt und anschließend dem Rat zur Entscheidung vorgelegt.

Die Kosten werden zunächst in einer Größenordnung von etwa einer Million Euro pro Jahr liegen. Zu dem Projekt wurde ein Förderantrag beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gestellt, mit Aussichten auf eine Förderzusage in Höhe von 50 Prozent der Kosten für die Jahre 2020 bis 2024.

Ergänzend dazu plant die Stadt Köln im Bereich RidePooling weitere Kooperationen mit externen Unternehmen. Ziel ist es, ergänzende und gut abgestimmte Ride-Pooling-Angebote in Köln zu schaffen.

Zum Hintergrund: Beim RidePooling wird ein IT-Algorithmus eingesetzt, der automatisch Fahrgemeinschaften zwischen Fahrgästen bildet, die ein ähnliches Ziel haben. Auf diese Weise teilen sich Fahrgäste die Fahrt und den Fahrpreis möglichst effizient. Der Ausbau von innovativen Mobilitätsformen wie dem RidePooling kann einen wichtigen Beitrag zu einem nachhaltigen Verkehrsangebot und damit zu einer Beschleunigung der Verkehrswende leisten.

Stadt Köln - Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit