Die öffentliche Hand verfügt über eine enorme Marktmacht. Deutsche Städte und Gemeinden geben jährlich rund 350 Milliarden Euro für ihre Beschaffungen aus – das sind 13 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Auch wir können unser Kaufpotenzial nutzen, um durch gezielte Nachfrage das Angebot an ökologisch und sozial nachhaltig produzierten Produkten zu fördern. Damit ist sie zugleich ein Vorbild, auch privat nachhaltiger zu konsumieren.

Was ist faire Beschaffung?

Faire Beschaffung bedeutet, dass bei der Auftragsvergabe neben Preis und Qualität darauf geachtet wird, ob bei der Herstellung der Waren auch soziale und ökologische Kriterien eingehalten werden. Besonders relevant ist die faire Beschaffung für sogenannte "sensible Produkte". Dazu gehören:

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  • Textilien
  • Büromaterialien
  • Holz
  • Lederwaren
  • Natursteine
  • Informations- und Kommunikationstechnik
  • Lebensmittel wie Schokolade, Kaffee und Tee

Diese Produkte kommen meist aus Ländern, in denen die Herstellungskosten niedrig sind. Doch für ihre Produktion zahlen Menschen und Umwelt einen hohen Preis: Überlange Arbeitstage, verunreinigtes Trinkwasser, nicht existenzsichernde Löhne und Entlassungen bei dem Versuch, grundlegende Rechte durchzusetzen, sind an der Tagesordnung.

Diesen Missständen können wir durch unser Konsumverhalten entgegenwirken, indem wir beim Kauf von Produkten auf die Einhaltung von grundlegenden Arbeits- und Menschenrechten sowie Umweltaspekten achten.

In der öffentlichen Auftragsvergabe geschieht das über ökologische und soziale Kriterien, deshalb heißt sie öko-soziale oder faire Beschaffung. Wenn wir als Stadt Produkte und Dienstleistungen einkaufen, berücksichtigen wir die Folgen für Mensch und Umwelt während des Produktionsprozesses. Konkrete Nachweise für die Einhaltung der ökologischen und sozialen Kriterien auf allen Stufen der Herstellungsphase liefern Gütezeichen wie Siegel, Label und Zertifikate sowie Prüfberichte.

Rechtsgrundlagen der fairen Beschaffung

Allgemeine Rechtsgrundlagen

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Seit 2014 gilt die EU-Richtlinie zur öffentlichen Vergabe 2014/24/EU. Sie basiert auf den allgemeinen Vergabegrundsätzen:

  • Transparenz
  • Gleichbehandlung
  • Nichtdiskriminierung
  • Verhältnismäßigkeit

Die EU-Richtlinie schafft die Rahmenbedingungen, um umweltbezogene und soziale Kriterien im Vergabeverfahren einzuführen. Die öffentliche Auftragsvergabe übernimmt so eine Schlüsselrolle bei der Erreichung eines nachhaltigen Wachstums. Gleichzeitig wird sichergestellt, dass öffentliche Gelder möglichst effizient eingesetzt werden. Öffentliche Auftraggeber*innen können die Vergabe strategisch optimal nutzen, um Innovationen voranzutreiben. Durch den Kauf innovativer Waren, Bauleistungen und Dienstleistungen können wir die Effizienz und Qualität öffentlicher Dienstleistungen steigern und gleichzeitig großen gesellschaftlichen Herausforderungen begegnen. So können wir ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis erzielen und einen umfassenderen wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Nutzen generieren. Dabei werden neue Ideen in innovative Waren und Dienstleistungen umgesetzt und damit ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum gefördert. Öffentliche Auftraggeber*innen können soziale und ökologische Überlegungen zum Beispiel mit Zuschlagskriterien oder Bedingungen für die Auftragsausführung in die Vergabeverfahren einbringen.

Um geltendes Recht zu werden, muss die Richtlinie noch in das nationale Vergaberecht der einzelnen EU-Mitgliedstaaten umgesetzt werden. In Deutschland erfolgt dies über das Gesetz gegen Wettbewerbungsbeschränkungen (GWB) sowie – je nach Schwellenwert des Auftragsvolumens – über die Vergabeverordnung (VgV) und die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO).

EU-Richtlinie 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) Unterschwellenvergabeordnung (UVgO)
Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV)

Die Bundesregierung bekennt sich mit der Nachhaltigkeitsstrategie und dem Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) zur Agenda 2030 und den 17 globalen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. Dabei spielt das öffentliche Beschaffungswesen besonders für Ziel 12 eine große Rolle. Laut Bundesrecht können öko-soziale Kriterien bei der öffentlichen Beschaffung angewendet werden, eine Pflicht zur nachhaltigen Beschaffung besteht jedoch nicht.

Über die Unterschwellenvergabeordnungen können die Bundesländer öko-soziale Kriterien als Muss-Kriterien verankern. Von dieser Möglichkeit hat bereits ein Großteil der Länder Gebrauch gemacht. Zudem können Kommunen über ihre Vergabeordnungen in Ergänzung zu den gesetzlichen Vorgaben eigene Mindeststandards entwickeln. Diese werden über Ratsbeschlüsse und Dienstanweisungen zur Vergabe angewendet. 

Das UN-Nachhaltigkeitsziel 12 im Detail Nationaler Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte

Politische und rechtliche Grundlagen bei der Stadt Köln

Mit der "Millenniums-Erklärung der Stadt Köln" 2007 und der Resolution des Rates zur Agenda "Nachhaltige Entwicklung in Kommunen" 2017 haben wir uns dazu verpflichtet, unsere Beschaffung auf Fairness und Nachhaltigkeit auszurichten.

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Um unserer globalen Verantwortung nachzukommen, achten wir darauf,

  • keine Produkte zu beschaffen, die durch ausbeuterische Kinderarbeit (ILO-Konvention 182 über die schlimmsten Formen der Kinderarbeit) hergestellt wurden
  • Produkte zu beschaffen, die unter Beachtung der Sozialstandards der Internationalen Arbeitsorganisation ILO Nummer 29, 87, 98, 100, 105, 111, 138 und 182 hergestellt wurden
  • möglichst Produkte aus Fairem Handel zu beschaffen, beispielsweise
    • Bälle und Sportartikel
    • Bekleidung
    • Spielwaren
    • Wohntextilien und Teppiche
    • Leder- und Holzprodukte
    • Natur- und Pflastersteine
    • Agrarprodukte

Als Nachweis gilt eine unabhängige Zertifizierung wie das Fairtrade-Siegel.

2023 hat der Rat beschlossen, soziale und ökologische Nachhaltigkeitsaspekte verbindlich in der Kölner Vergabeordnung zu verankern. Praktisch umgesetzt wird dies durch eine entsprechende Geschäftsanweisung zur Vergabe, Leitfäden und Schulungen für die Mitarbeitenden und ein jährliches Monitoring.

Kernarbeitsnormen der International Labour Organization (ILO) Kölner Millenniumserklärung 2007 Ratsresolution zur Agenda "Nachhaltige Entwicklung in Kommunen" 2017 Ratsbeschluss zur Nachhaltigen Vergabe 2023 Kölner Vergabeordnung

Beispiele für faire Beschaffung

Arbeits- und Schutzkleidung

© Stadt Köln

Immer mehr Ämter steigen auf faire Beschaffung um. Ganz vorne mit dabei sind das Grünflächenamt, das Ordnungsamt und das Sportamt. Bei der Vergabe von Lieferverträgen für Dienst- und Schutzkleidung werden neben dem Preis und der Qualität auch soziale und ökologische Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt. Zu den fair beschafften Produkten zählen wetterfeste Jacken und Hosen, Polohemden, Handschuhe und reflektierende Sicherheitswesten.

Seit 2023 wird auch bei der Bestellung von Spielwaren für Kitas und Schulen verstärkt auf die Erfüllung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten geachtet.

Catering bei Gremiensitzungen und repräsentativen Anlässen

Der Rahmenvertrag für das Catering im Rathaus sieht vor, dass Kaffee, Tee, Zucker und Orangensaft aus Fairem Handel stammen müssen. Außerdem sollten Obst und Gemüse saisonal sein und Fisch aus nachhaltiger Aquakultur stammen. Die Anbieter*innen belegen die Übereinstimmung mit den Kriterien der "Resolution über Fairen Handel und Entwicklung des Europäischen Parlaments" (A6-0207/2006) durch entsprechende Siegel oder andere Nachweise. 

Kölner Weihnachtsmärkte

© Dr. Marie-Christine Frank

In der Adventszeit sind die Kölner Weihnachtsmärkte ein beliebter Treffpunkt für Einheimische und Tourist*innen. Damit bieten sie eine besondere Chance, das Thema Fair Trade stärker im öffentlichen Bewusstsein zu verankern. Seit 2014 werden die Konzessionen für Weihnachtsmärkte unter der Bedingung vergeben, möglichst fair produzierte oder ökologisch angebaute Produkte zu verkaufen.

Das bedeutet konkret: Die kunsthandwerklichen Erzeugnisse müssen nachweislich fair produziert und gehandelt sein. Auch die angebotenen Speisen und Getränke sollen aus Fairem Handel, ökologischem Anbau oder regionaler Direktvermarktung stammen. Mindestens 80 Prozent der Speisen und 60 Prozent der Getränke sollen aus zertifizierten Bioprodukten bestehen. Ein Merkblatt zum Fairen Handel ist Teil der Ausschreibung.

Merkblatt der Stadt Köln zum Fairen Handel Entschließung des Europäischen Parlaments zu fairem Handel und Entwicklung

Unsere Partner für faire Beschaffung

Wir bauen den Anteil fair gehandelter Produkte in der Beschaffung kontinuierlich weiter aus. Die Rahmenverträge sind als Praxisbeispiele auf der Beschaffungsplattform "Kompass Nachhaltigkeit" zu finden. Für unsere Mitarbeiter*innen bieten wir Schulungen zum Thema Faire Beschaffung an und stellen umfassendes Informationsmaterial und konkrete Handlungsleitfäden für die tägliche Arbeit zur Verfügung. Wichtige Partner bei der Weiterbildung zum Fairen Handel sind:

© Engagement Global
© FEMNET e. V.
© Romero Initiative
Engagement Global / Servicestelle Kommune in der Einen Welt FEMNET Romero Initiative (CIR) Kompass Nachhaltigkeit