© Anja Katzmarzik / Stadt Köln
Arbeiter bringen die letzte Erdgeschoss-Stahlraute in Position, während sie am Kran hängt.

Beim Bau des "MiQua -LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln" geht es weiter voran. Im Stahlwerk läuft die Fertigung des Stahlbaus für den dritten und vierten Bauabschnitt, während für die Teile in den ersten beiden Bauabschnitten, die noch aus der Fertigung der gekündigten Vorgängerfirma stammten, weiter ein Sanierungskonzept erarbeitet wird. Sie wiesen Bestandsmängel auf, die wir beseitigen müssen. Die Beseitigung von Mängeln einer Firma, die im Praetorium sowie späteren Medienpädagogischen Zentrum des Museums tätig war und der gekündigt werden musste, ist hingegen bereits größtenteils abgeschlossen. 

Die Sanierung der Bronzewand am Historischen Rathaus ist ebenfalls fast vollendet. Die Sanierung der Decke des nördlichen Rathausplatzes soll zum Ende des ersten Quartals 2024 abgeschlossen werden. Diese findet in mehreren kleinen Teilabschnitten statt, um den Zugang zum Spanischen Bau möglichst aufrecht zu erhalten. Die Platzfläche in diesem Bereich soll bis zur Jahresmitte wiederhergestellt sein. Unterirdisch haben die ersten Probebohrungen durch die große römische Apsis der Spätantike stattgefunden. Hier soll ein weiterer Durchbruch geschaffen werden, damit Besucher*innen später das halbkreisförmige Gewölbe betreten können. Parallel wird die Ausschreibung für die Ausbaugewerke im Inneren des künftigen Museums vorbereitet. Sie werden auf dem neuen Zeit-und Kostenplan für die Hauptmaßnahme basieren. Dieser musste aufgrund der Neubeauftragung des Stahlbauers überarbeitet werden und wird den politischen Gremien voraussichtlich im Juni 2024 vorgelegt.

2023 konnte mit der Beauftragung des neuen Stahlbauunternehmens der Stahlbau fortgesetzt werden, der unterbrochen war. Das Unternehmen brachte im Juni 2023 die letzte Stahl-Raute mit Hilfe zweier Kräne in Millimeter-Arbeit an seine endgültige Position und vollendete damit das Erdgeschoss. Die Parcoursführung mit den notwendigen, sehr aufwändigen Durchbrüchen und Unterfangungen bis tief in die Erde und unter historische Mauerreste wuchs und wächst weiter Stück für Stück. Der barrierefreie Eingang zum Museum in der Kleinen Budengasse wurde fertiggestellt. Eine Treppenanlage mit Rampe führt nun ins künftige Museumspädagogische Zentrum, das im Spanischen Bau entsteht. Der Gehweg wurde dafür in diesem Bereich verbreitert. Ein taktiles Leitsystem wird ebenso wie eine barrierefreie Klingelanlage in Form einer Stele Erleichterung schaffen.

© Stadt Köln

Im Sommer 2022 konnten wir die archäologischen Wände unterhalb des ersten und zweiten Bauabschnitts des Stahlbaus freilegen. Zudem konnten wir mit den Vorarbeiten für die notwendigen Unterfangungen innerhalb der römischen Apsis vorzeitig beginnen. Die halbrunde römische Apsis war früher auf dem Rathausplatz von einem Geländer umgeben und von oben für die Bürger*innen einsehbar. Bei der weiteren Freilegung der Archäologie wurden in den bisher noch nicht denkmalpflegerisch bearbeiteten Bereiche neue wertvolle Befunde gesichtet. Darunter sind Funde aus dem Pogrom von 1349 unter dem ersten Bauabschnitt des Stahlbaus, aber auch bisher unbekannte Teile des römischen Praetoriums vor der Rathauslaube, die in der baulichen Planung berücksichtigt wurden. Wir haben bauliche Durchbrüche um sie geschaffen, damit wir diese wertvollen Neuentdeckungen in der Ausstellung angemessen präsentieren können.  

Zudem saugen wir weiter Sand ab und stellen die gemeinsame Parcoursführung des Praetoriums mit dem künftigen "LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln" her. Das ist ingenieurtechnisch hoch anspruchsvoll. Die bisherige Wand als Museumsabschluss des Praetoriums schließt an die denkmalgeschützte Spannbetondecke über dem Statthalterpalast an. So musste eine neue Wandscheibe erstellt werden, um die Deckenlasten aufzunehmen. Zur  Erdbebensicherung wurde eine zusätzliche Zwischenwand erbaut.

Um die beiden Durchbrüche für den künftigen gemeinsamen Ausstellungs-Parcours herstellen zu können, wurden diese auf einer Breite von jeweils 5 Metern und einer Höhe von 2,50 Metern mittels Kernbohrungen geöffnet. Hierzu wurden umlaufend rund 80 übergreifende Kernbohrungen mit einem Bohrdurchmesser von 300 Millimetern ausgeführt. Die verbleibenden Betonreste wurden mittels Seilsäge in jeweils 250 Kilogramm schwere Einzelstücke geschnitten, um den Abtransport zu ermöglichen. Insgesamt wurden rund 18 Tonnen Material pro Durchbruch entfernt. 

© Sabine Große-Wortmann
© Matthias Meurer
© Christian Knieps

Ein Glücksfall für die Archäologie

Mit der Rückführung des Toraschreinfundaments im November 2020 hatte die Instandsetzung der historischen Mauern des mittelalterlichen jüdischen Viertels begonnen. Der Schrein beinhaltete die Torarollen mit den fünf Büchern Mose. Das Grabungsteam fand den umgestürzten Fundamentblock des Toraschreines im Jahr 2014 und konnte ihn bergen, was ein Glücksfall für Archäologie wie Stadtgeschichte gleichermaßen war. Das Steingefüge wurde mit einem Schutzgehäuse ummantelt und verdichtetem Sand fixiert.

Der mehr als drei Tonnen schwere Block musste mit schwerem Gerät um 180 Grad gedreht werden, um einen passgenauen Formsockel mit Eisen-Armierung und Führungsbolzen auf der Unterseite gießen zu können. Ein eigens angefertigter, schmaler Standfuß aus Beton diente als Unterbau für den Sockel und brachte vor seiner Rückführung das Toraschreinfundament auf die benötigte Höhe.  

© Matthias Meurer

Im jüdischen Synagogenbau des Hochmittelalters hatte sich der Toraschrein als feste Einrichtung an der Ostwand der Synagoge etabliert. Genauso war die Ausführung in der ehemalige Kölner Synagoge, die im mittelalterlichen jüdischen Viertel am Ort des heutigen Rathausplatzes stand. Im Rahmen des Wiederaufbaues und der Neugestaltung des Rathausplatzes in den 1950er Jahren konnten mit den archäologischen Ausgrabungen des Jahres 1956 die alten Grundmauern der Synagoge wieder freigelegt werden. 50 Jahre nach der ersten Ausgrabung wurde das Projekt "Archäologische Zone/Jüdisches Museum" initiiert und im Jahr 2007 damit begonnen, die Synagoge erneut ans Tageslicht zu bringen.

Über den Standort und den Entwurf des Museums

© Matthias Meurer

Das MiQua wird über einigen der bedeutendsten Funde der Kölner Stadtgeschichte errichtet, die Teil der Ausstellung werden. Mit der Verbindung beider Ausstellungen können Besucher*innen künftig in einem Rundgang die Römerzeit, das Mittelalter, die Neuzeit und die Moderne durchlaufen und somit vier Epochen erleben. Und das kulturell wie baulich. Dazu gehören neben Synagoge und Mikwe auch die Keller des Goldschmiedeviertels und des mittelalterlichen jüdischen Viertels mit wertvollen Befunden aus mehreren Jahrhunderten, wie ein Ofen "Königswinterer Bauart" aus dem 19. Jahrhundert, Latrinen und ein römischer Abwasserkanal. 

Die Mauern wurden im Mittelalter auf die vorhandenen römischen Wände gebaut. Nach seiner Eröffnung wird das MiQua mit dem Praetorium und dem mittelalterlichen jüdischen Viertel sowie dem Goldschmiedeviertel in einem 600 Meter langen Parcours mehr als 2.000 Jahre Kölner Geschichte barrierefrei erlebbar machen. Der Ausstellungsrundgang im Praetorium war zuvor alleine nur 180 Meter lang. Bislang gab es in dem ehemaligen Statthalterpalast aus dem 4. Jahrhundert fast ausschließlich römisches Mauerwerk zu bestaunen. Mit dem neuen Museum wird erstmals seit seiner Zerstörung im frühen Mittelalter seine vollständigen Größe erfassbar. Der oberirdische Bau entsteht als hallenartiger Schutzbau über dem Grabungsfeld, um dieses so weit wie möglich zu schonen. Gebaut wird nach einem Entwurf des Büros Wandel Lorch Architekten aus Saarbrücken. Betreiben wird das Museum der Landschaftsverband Rheinland.

Eine besondere Konstruktion

© Thomas Banneyer

Das Rauten-Tragwerk aus Stahl ist eine besondere Konstruktion, die es ermöglicht, dass das Gebäude auf wenigen Stützen an den Gebäudeaußenkanten sowie einem vertikalen Erschließungskern lagern kann. Die Statik haben wir mit 393 Bohrpfählen gesichert, die in das Erdreich getrieben wurden. Sie dienen als Stützen für das Museum, die Deckenplatte der Ausstellung und das betonierte Haupttragwerk sowie im Untergeschoss als Wand. Der Stahlbau besteht aus Rautentragwerken im Erdgeschoss, zusammengesetzten Fachwerkträgern im ersten und zweiten Obergeschoss, Stahlbeton-Fertigteildecken im ersten und zweiten Obergeschoss sowie der Dachkonstruktion, die schließlich von 15 Dachpyramiden gekrönt sein werden. 

Die Beton-Fertigteildecken werden mit Schwerlasttransporten angeliefert und mit dem Kran von oben zwischen den Dachpyramiden eingehoben und eingebaut. Im Anschluss werden die verbleibenden Lücken in der Dachkonstruktion geschlossen. Die gesamte Stahlkonstruktion wird später mit transparenten Glaspaneelen, Natursteinplatten und Bruchsteinen aus der archäologischen Grabung verschlossen, sobald alle vier Bauabschnitte vollendet sind.

Die Stahlkonstruktionen werden speziell beschichtet, um optimalen Brandschutz zu gewährleisten, und sind bei Anlieferung offen. Sie werden später mit transparenten und transluzenten Glaspaneelen und mit Bruchsteinen aus der archäologischen Ausgrabung verschlossen. Insgesamt verbauen wir 21 Rautenelemente. Sieben im Gebäudeinneren, 14 außen. Auf ihnen baut der Rest des Stahlbaus auf. Die Konstruktion des MiQua wird als Stahl-Stahlbeton-Verbund-Tragwerk geplant. Das spätere Gebäude wird aus vier Ebenen mit einer pyramidenförmigen Dachkonstruktion bestehen: einer unterirdischen Ausstellungsebene durch die Archäologische Zone, einer ebenerdigen Eingangsebene, einer Ebene für Wechselausstellungen sowie einer für die Technik.

© Matthias Meurer

Ankunft und Montage der ersten beiden Rautentragwerke

Mit der Ankunft und Montage der ersten beiden Rautentragwerke im September 2019 wurde das MiQua erstmals auch in der Höhe sichtbar. Die den Stahlbau umgebenden Deckenfelder wurden betoniert und parallel dazu unterirdisch 11.000 Tonnen Sand abgesaugt, mit denen die Befundebene der Archäologischen Zone im Untergrund vor den Schwerlasten der Baustelle über ihr geschützt worden war. 

Der Baufortschritt im Video

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Ende 2018 wurde mit der Absaugung von rund 11.000 Tonnen Sand auf einer horizontalen Fläche von 25 Metern und bis zu sechs Meter tief in einzelnen Arbeitsabschnitten begonnen. Damit werden die Bodendenkmäler wieder freigelegt, die zum Schutz während der Arbeiten für die Bodenplatte verfüllt worden waren.

Das "Museum im Quartier", MiQua, wird in jeder Hinsicht ein außergewöhnliches Museum. Auf zwei Ebenen wird das "LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln" 2.000 Jahre Kölner Stadtgeschichte sichtbar machen und miteinander verbinden.

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