Wenn wir hochrangige Gäste empfangen, haben diese die Ehre, sich in Anwesenheit des Stadtoberhaupts in das Goldene Buch einzutragen.

Das städtische Protokoll sieht vor, dass bei diesen feierlichen Akten drei historische Kunstwerke zum Einsatz kommen: das Goldene Buch, die Figur der "Colonia", die neben dem Buch auf dem Tisch steht, und die Amtskette, die der*die Oberbürgermeister*in bei diesen Anlässen trägt.

Das Goldene Buch

1897 fertigte der Kölner Hof-Goldschmied Gabriel Hermeling im Auftrag der Stadt Köln das Goldene Buch an. Die Gestaltung nimmt Bezug auf die führende Rolle Kölns im Spätmittelalter. Das vergoldete Silberrelief auf der Vorderseite zeigt Kaiser Maximilian I. auf dem Reichstag zu Köln 1505. Der Kaiser unter dem Baldachin wird von den beiden Bürgermeistern empfangen, im Hintergrund erkennt man den Gürzenich und dahinter den Ratsturm. Unterhalb des Reliefs ist das Kölner Dreikronen-Wappen in Emaille zu sehen, flankiert von Löwe und Greif. Kostbares Rankenwerk rahmt die Szene. Hierfür hat Hermeling ein Vorbild: das gotische Richtschwert der Kölner Erzbischöfe aus dem 15. Jahrhundert.

Auch für die Rückseite des Goldenen Buchs wählt Hermeling eine historische Vorlage: die 1472 entstandene Chronik "Agrippina" des Heinrich von Beeck. Darin findet sich das gleiche Motiv des doppelköpfigen Adlers mit dem Kölner Bauern auf der Brust. Den Buchrücken zieren drei Kronen zwischen der Inschrift "anno" und "1897", die Buchschließen zeigen die Worte "köllen" und "alaaf".

Auf Vorder- und Rückseite sind in den vier Ecken Bergkristalle eingelassen: Auf ihnen liegt das Buch sicher auf, wenn es aufgeklappt wird. Und aufgeklappt wird es oft – immer dann, wenn hochrangige Gäste sich in Anwesenheit des Stadtoberhaupts in das Goldene Buch eintragen. Dazu gehören Kölner Ehrengäste oder auch Persönlichkeiten, die sich um Köln verdient gemacht haben.

© Stadt Köln/Dr. Mario Kramp
„köllen“: obere Schließe des Goldenen Buchs
© Rheinisches Bildarchiv Köln, rba_c006003
Deckel des Goldenen Buches
© Stadt Köln/Dr. Mario Kramp
„alaaf“: untere Schließe des Goldenen Buchs

Allein die Liste der Einträge seit 1947 ist beeindruckend: Bundeskanzler wie Konrad Adenauer und Bundespräsidenten wie Theodor Heuss sind darunter, aber auch ausländische Staatsoberhäupter wie Charles de Gaulle und John F. Kennedy. Beim Gipfeltreffen 1999 trugen sich unter anderem Bill Clinton, Boris Jelzin und Jacques Chirac in das Goldene Buch ein. Auch Papst Johannes Paul II. oder der Dalai Lama sind hier verzeichnet. Gekrönte Häupter wie Queen Elizabeth II., der japanische Kaiser, der Schah von Persien oder die dänische Königin finden sich darin.

Doch auch die Liste der Vertreter*innen aus Kunst und Kultur ist beeindruckend: Heinrich Böll, Hann Trier, Hans Mayer oder Peter und Irene Ludwig. Zu jenen, die vom Stadtoberhaupt empfangen werden und sich eintragen, gehören auch Astronauten wie Alexander Gerst oder im Jahr der Mondlandung 1969 Buzz Aldrin, Michael Collins und Neil Armstrong. Persönlichkeiten der Stadtgesellschaft wie Willy Millowitsch, Vertreter*innen von Karnevalsgesellschaften oder Alfred Neven-Dumont stehen ebenfalls darin. Sogar die Einträge der Spieler des 1. FC Köln finden sich im Goldenen Buch – als dieser 1961/1962 Deutscher Meister wurde.

Der Tafelaufsatz "Colonia"

Der Tafelaufsatz aus teilvergoldetem Silber gehört zu jenen Stücken, die ursprünglich nicht als Teile des Ratssilbers angefertigt, sondern als Geschenke in das Ratssilber integriert wurden. Angefertigt hat ihn 1880 das Berliner Atelier "Sy & Wagner" als Geschenk, das die Hauptagenten der "Colonia" Feuerversicherung ihrem Direktor Jakob Gilbert machten. Die Versicherung bestand seit 1841 und führte die Figur der Stadtpatronin Colonia als Signet. Sehr zum Ärger der Agrippina-Versicherung, die sich deshalb drei Jahre später nicht "Colonia" nennen durfte, sondern auf die skandalumwitterte römische Kaiserin und Stadtgründerin Kölns als Namensgeberin zurückgreifen musste.

Die Colonia-Versicherung schenkte uns laut Inschrift den Tafelaufsatz 1889. Wir nahmen diese Gabe gerne an, da ohnehin gerade die Anfertigung eines neuen Ratssilbers beschlossen wurde.

Die Colonia mit Mauerkrone hält einen Anker als Zeichen der Hoffnung, in der anderen Hand eine Lanze und einen Schild mit dem Wappen der Stadt Köln mit Merkurstab. Stab und Anker führt sie als Signet der Versicherung, die sich dem weltweiten Handel widmete. Colonia thront auf einem Sockel im neo-barocken Stil, denn man wählte nicht die Stilvorgabe "spätgotisch", die für das Ratssilber verbindlich war. Zwischen den Voluten erkennt man Bildnismedaillons. Sie zeigen wohl jene "Hauptagenten" der Versicherung, die das Geschenk für ihren Chef gestiftet hatten.

Ob Colonia oder Agrippina: Diese beiden mythischen Figuren waren ohnehin längst miteinander verschmolzen und eigneten sich gut für die Personifikation der Stadtpatronin.

Die Amtskette

© Rheinisches Bildarchiv Köln, Sabrina Walz
Elisabeth Treskow: Amtskette des Stadtoberhaupts der Stadt Köln, Köln 1955

Bis zum Ende der Freien Reichsstadt Köln 1794 trugen die (stets zwei) Bürgermeister als Stadtoberhäupter lange Stäbe als Attribute. Erst später bildete sich die Tradition der Amtsketten heraus. In der preußischen Zeit trug der Oberbürgermeister, seit er 1855 den König empfing, eine prächtige Amtskette. Die letzte wurde im Feuersturm des Zweiten Weltkriegs im Rathaus zerstört, nur noch geschmolzene Klumpen waren übrig.

1954/1955 debattiert der Stadtrat: Man drängte darauf, eine neue Kette anfertigen zu lassen. Dies sei längst überfällig und der historischen Bedeutung Kölns angemessen, wenn sogar der Oberbürgermeister von Düsseldorf eine Amtskette trage! Sponsor*innen aus dem vermögenden Kölner Bürgertum waren schnell gefunden – immerhin beliefen sich die Kosten am Ende auf exakt 29.241,81 Deutsche Mark. Dafür bekam man ein hochrangiges Kunstwerk im Stil der Moderne, geschaffen von der angesehenen Kölner Goldschmiedin Elisabeth Treskow.

Das Prunkstück ist der Vorderschild. Wo sich auf der alten Amtskette nur ein Bildnis des preußischen Königs befand, sieht man nun die figürlich gestaltete Anbetung der Heiligen Drei Könige, in Anlehnung an den gotischen Bischofsstab des Kölner Erzbischofs. Darunter hängen ein Ursulataler sowie Münzbildnisse von Augustus, Agrippina der Älteren und Claudius. Antike und frühneuzeitliche Münzen in den Kettengliedern stehen für die Geschichte der Stadt von den Anfängen bis zur Zerstörung 1945 – auf der zentralen Medaille des Rückengehänges ist zu lesen: "Köln, durch Bomben zersprengt und verbrannt, schien tot / zu neuem Leben ward es erweckt durch Liebe und Kraft seiner Bürger".

Die Goldschmiedin wurde beraten vom Direktor des Kölnischen Stadtmuseums Franz Brill. Beim Ankauf antiker Münzen mit Bildnissen von Herrschern half der Direktor des Römisch-Germanischen Museums Fritz Fremersdorf. Oberbürgermeister Ernst Schwering formulierte höchstpersönlich die erklärenden Inschriften auf den Zwischengliedern. So steht neben dem antiken Münzbildnis der Agrippina der Jüngeren: "Agrippina erhebt Cöln zur römischen Colonie". Denn das hatte diese römische Kaiserin 50 nach Christus getan, weshalb sie als Stadtpatronin gilt.

So baumelt bis heute die skandalumwitterte Kaiserin bei feierlichen Anlässen unterhalb der linken Schulter des Stadtoberhaupts: erstmals am 2. Oktober 1955, als Schwering zur feierlichen Wiedereröffnung des Gürzenich Bundeskanzler Adenauer, Kardinal Frings, Ministerpräsident Karl Arnold und andere prominente Gäste empfing.

© Rheinisches Bildarchiv Köln, Sabrina Walz
Vorderschild mit den Heiligen Drei Königen
© Rheinisches Bildarchiv Köln, Sabrina Walz
Rückengehänge, Vorderseite, Kriegserinnerungsmedaille von Elisabeth Treskow
© Rheinisches Bildarchiv Köln
Kettenglied mit der Goldmünze der Agrippina