Ein persönlicher Erlebnisbericht der Auszubildenden Michelle Redick
Nice to work with you – Europapraktikum im Herzen Islands
Island – bemühen wir unsere Vorstellungen, kommen uns Erinnerungen an vergangene Großveranstaltungen in den Sinn, bei denen isländische Fans für großartige Stimmung sorgten. Oder aber der Vulkan Eyjafjallajökull, der im Jahre 2010 den Flugverkehr in halb Europa lahmlegte. Für mich, Michelle Redick, Stadtinspektoranwärterin bei der Stadt Köln, werden sich in Zukunft noch andere Erinnerungen abrufen lassen, denn vor kurzer Zeit verbrachte ich im Rahmen des Projektes "Nice to work with you" rund vier Wochen in der isländischen Hauptstadt Reykjavik.
Wie sieht der Digitalisierungsfortschritt in Island aus?
Ich habe mich für das Auslandspraktikum entschieden, da ich die Arbeitsweise einer anderen Verwaltung kennenlernen und meine Fremdsprachenkenntnisse verbessern wollte. Hauptsächlich interessiert haben mich der Einsatz von digitalen Hilfsmitteln sowie der Digitalisierungsfortschritt der Stadtverwaltung Reykjavik.
Ein besonderer Reiz lag auch in der Tatsache, in die unterschiedlichsten Abteilungen reinschnuppern zu können. In meinen knapp vier Wochen bei der Stadtverwaltung Reykjavik bekam ich Einblicke in das Service-Center, das Call-Center, die Information, das Sozial- sowie das Personalamt.
Im Service-Center, an der Information und im Call-Center hatte ich mit Kundinnen und Kunden zu tun. Ich war hauptsächlich damit betraut, ihnen bei Fragen weiterzuhelfen und sie auf für sie zuständige Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter zu verteilen. Während meiner Zeit im Personalamt habe ich Bewerbungsunterlagen sortiert und Verträge über die Umweltpauschale für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die umweltfreundlich zur Arbeit kommen, erstellt. Des Weiteren habe ich Schulungsunterlagen zusammengestellt, das Stellenbewertungsverfahren kennengelernt und an Bewerbungsgesprächen teilgenommen.
Sehr interessant ist, dass die Stadtverwaltung Reykjavik nicht ausbildet. Es gibt auch keinen Ausbildungsberuf für die öffentliche Verwaltung. Die Angestellten sind meistens hochqualifiziert und/oder haben zuvor in anderen Gebieten gearbeitet. So haben die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Personalamt einen Universitätsabschluss im Bereich Human Ressources Management oder Psychologie. Es werden auch generell keine Praktika für Schülerinnen und Schüler oder Studierende angeboten. Ausbildungsangebote und Praktika gibt es nur bei den städtischen Kliniken und für Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter.
Smart City Projekt - Offenheit für neue Wege
In meiner ersten Arbeitswoche habe ich mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stelle Service und Administration getroffen, die sich mit dem Smart City Projekt, der IT und dem digitalen Service-Center auseinandersetzen. Ziel ist hier eine digitale Transformation, bei der fundamentale Arbeitsabläufe digitalisiert und verändert werden sollen.
Außerdem beschäftigt sich das Programm mit der Verbesserung der Stadt durch die Zusammenarbeit mit der Universität Reykjavik. Die aktuellsten Großprojekte, die sich in der Test- und Entwicklungsphase befinden, sind smarte Laternen (LED-Lampen, die sich selbstständig an Bürgerbedarf und Umgebung anpassen und nicht zentral geschaltet sind und über Messstellen für Lärm und Umweltverschmutzung verfügen) sowie smarte Mülltonnen (solarenergetische Müllcontainer mit Kompressor, die Daten zur Nutzungshäufigkeit sammeln und seltener geleert werden müssen).
Hier ist mir vor allem aufgefallen, dass isländische Bürgerinnen und Bürger sehr offen für neue Technologien sind. Der Einsatz von digitalen Hilfsmitteln wie dem Bürgerportal wird sehr positiv aufgenommen, obwohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der IT eingeräumt haben, dass auf Datenschutz bisher nicht viel Wert gelegt wurde, was sich jetzt (auch wegen der Datenschutz-Grundverordnung) jedoch ändern wird.
Island hat eine Menge zu bieten – auch in der Freizeit
In meiner Freizeit wollte ich so viel wie möglich von Island sehen. Kristín, die mich während des Praktikums betreut hat, hat mir eine Rabattkarte geschenkt, mit der ich in verschiedenen Museen freien oder ermäßigten Eintritt bekam. So habe ich mir das Nationalmuseum, die Siedlerausstellung, die Nationalgalerie und die Ausstellung im ältesten Haus Reykjaviks ansehen können.
Auch wurde mir angeboten, kostenlos ein Fahrrad bei der Stadtverwaltung auszuleihen, sodass ich mir das Open Air Museum Árbæjarsafn und die Insel Viðey ansehen konnte. Vor allem im Nationalmuseum, dem Open Air Museum und der Siedlerausstellung konnte man viel zu der Geschichte Islands und der Kultur der Isländer aufgreifen. Auf Viðey findet man neben atemberaubender Natur auch den Yoko Onos Imagine Peace Tower, der jährlich von John Lennons Geburtstag bis zu seinem Todestag eine Lichtsäule in den Himmel projiziert.
Da es an einem der Abende sehr klar sein sollte, bin ich zum Leuchtturm Grótta gefahren. Hier gibt es nahezu keine Lichtverschmutzung, sodass ich sogar Nordlichter sehen konnte.
Alles in allem kann ich jedem ein Auslandspraktikum empfehlen, da meine Erwartungen mehr als erfüllt wurden.
Meine Kolleginnen und Kollegen haben sich viel Mühe gegeben, mir alles zu erklären und jede meiner Fragen zu beantworten. Kristín hat für mich einen guten Lehrplan entworfen und alle Treffen organisiert, damit ich die für mich interessanten Themen mit den entsprechenden Spezialisten besprechen konnte. So habe ich in Island viel gelernt, vor allem auch, dass ich mir selbst mehr zutrauen kann.