Ein persönlicher Erlebnisbericht des Auszubildenden Frieder Kellerbach
Denken wir an Rumänien, denken wir sehr häufig an die Geschichten rund um Graf Dracula und die Region um Transsylvanien, dem heutigen Siebenbürgen im Zentrum Rumäniens. Denken wir in Köln an das Land in den Karpaten, fällt uns insbesondere unsere Partnerstadt Cluj-Napoca ein. Eben jene Stadt war auch in diesem Jahr Ziel einer Gruppe Kölner Azubis, die vor Ort für mehrere Tage an diversen Projekten arbeiteten.
© Frieder Kellerbach
Keine Vampire - dafür viele Studierende in der Studentenstadt Cluj-Napoca
Am 11. Mai 2019 um 9 Uhr stieg die gesamte Gruppe in den Flieger. Nach einem angenehmen, rund zweieinhalb Stunden andauernden Flug setzten viele von uns das erste Mal einen Fuß auf rumänischen Boden. Wir waren in Cluj-Napoca angekommen. Nach kurzem Transfer zum Hotel, recht zentral, ruhig und nahe dem kleinen Fluss Somesul Mic gelegen, konnten wir schnell unsere Zimmer beziehen. Das Hotel mit einem sehr schönen und begrünten Innenhof hinterließ einen sehr guten Eindruck.
Ein positiver Eindruck, wie ihn generell die gesamte Stadt zeigte. Bereits seit 1976 ist Cluj-Napoca, in Deutschland auch unter dem Namen Klausenburg bekannt, offizielle Partnerstadt unserer Heimatstadt Köln. Insgesamt um die 330.000 Menschen finden in der Hauptstadt der Region Cluj ihre Heimat. Besonders außerhalb der Semesterferien beweist sich die Stadt als bedeutende Studentenstadt. Allein an der Babes-Bolyai-Univesität studieren rund 45.000 junge Menschen. Die Universität bildet mit ihrer Dreisprachigkeit (Rumänisch, Ungarisch und Deutsch) nicht nur eine Seltenheit in Europa, ihre Geschichte reicht sogar bis in das Jahr 1581 zurück.
Direkt das volle Programm - Projektarbeit im Vordergrund
Nach einer kurzen Erholungsphase ging es direkt am ersten Tag auf eine Erkundungstour durchs Zentrum der Stadt. Geleitet wurden wir von Andrea Daragus. Sie hat im Vorfeld und während unseres Aufenthalts viel für uns organisiert, stand immer mit Rat und Tat zur Seite und half, wo sie konnte. Andrea studiert International Communications in Cluj-Napoca und pflegt gute Beziehungen zu den Stadtverwaltungen in Köln und Bonn. Sie spricht nahezu perfektes Deutsch, was für uns die Kommunikation mit den Einheimischen sehr einfach gestaltete.
Am zweiten Tag fuhren wir zur Salzmine nach Turda, circa 1 Stunde entfernt. Die Geschichte des Salzabbaus geht an diesem Ort bis in die römische Zeit zurück. 1932 wurde in diesem Bergwerk der Salzabbau eingestellt. 1992 wurde es zu einem Schaubergwerk mit Bergmuseum und Naherholungsfunktion umgewandelt. Highlight im circa 150 Meter tiefen Stollen ist die große Halle mit angrenzendem kleinen See. In der Halle stehen ein Riesenrad, diverse Tischtennisplatten, eine Minigolfbahn und ein kleines Amphitheater. Zudem kann man die Halle und den See mit Booten erkunden. Die Mine gilt heute als tiefster Freizeitpark der Welt.
Im Zentrum aller Tage standen immer die diversen Projekte, die wir direkt vor Ort bearbeiten durften. Aufgeteilt in drei Gruppen bearbeiteten wir die Themen "Förderung des Jugendtourismus - Destination Klausenburg", "Strategien und Angebote zur Integration der Sinti und Roma" sowie das Thema "Europa - Hemmnis oder Chance: Ein Meinungsbild junger Rumäninnen und Rumänen". Dabei nutzen wir die offiziellen Termine ebenso zur Informationsbeschaffung wie auch unsere Freizeit, in der wir immer wieder im Dienste unserer Projektarbeiten unterwegs waren.
Offizielles Programm in Woche zwei - Gleich doppelter Empfang im Rathaus
Nach dem Wochenende standen viele offizielle Termine auf dem Programm. Dabei lernten wir auch weitere Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner kennen, die uns bei der Bearbeitung der drei Themenschwerpunkte als Mentorinnen beziehungsweise Mentoren zur Seite standen. Direkt am Montag wurden wir von Crina Pop (Sozialverwaltung) und Karin Hahn (Tourismusförderung) im Tailor's Tower empfangen. Beide gehören zur Stadtverwaltung der Stadt Cluj-Napoca. Verständigungssprache war bei allen Terminen immer Englisch. Ein Highlight folgte am Dienstag mit einem offiziellen Empfang im Rathaus, der durch Frau Emilia Botezan vorbereitet wurde.
Frau Botezan ist Leiterin der Abteilung Außenbeziehungen. Sie berichtete sehr herzlich, offen und ausführlich über Probleme und Möglichkeiten für die Stadt, den der EU-Beitritt Rumäniens aber auch die Globalisierung mit sich bringen. Es folgte ein Besuch beim so genannten Start-Up Hub. Hier konnten wir einen Einblick gewinnen, wie junge Rumäninnen und Rumänen die Möglichkeiten der Globalisierung und des EU-Marktes für ihre berufliche Selbstständigkeit nutzen. Kein geringeres Highlight folgte am Mittwoch, an dem erneut ein Empfang im Rathaus anstand. Wir wurden von der Vizebürgermeisterin begrüßt. Sie referierte über die Organisationsstrukturen der Stadtverwaltung. Beisitzerinnen und Beisitzer aus den verschiedensten Bereichen beantworteten uns sehr ausführlich unsere Fragen.
Donnerstag besuchten wir das ethnographische Museum. Schwerpunkt waren Traditionen und kulturelle Entwicklungsstufen. Hier konnten wir die Situation vor Ort stets mit der in Deutschland vergleichen. Freitag versammelten wir uns alle an der Universität. Professor Dr. Christian Schuster, in Rumänien dozierender Professor mit deutschen Wurzeln und der Fakultät EU-Studien angehörend, referierte über die Situation der Roma vor Ort.
Eine Erfahrung, die niemand von uns missen wollen würde
Neben weiteren Terminen für die ganze Gruppe gab es auch diverse Gruppenarbeiten, die speziell auf eines der drei Schwerpunktthemen zugeschnitten waren. Als ganze Gruppe besuchten wir das Nationalarchiv für historische Dokumente sowie eine Grundschule und hatten Seminare zum Thema "Vorurteile". Aus den Erzählungen einer jungen Rumänin lernten wir, wie es ihr mit der deutschen Verwaltung erging.
Die EU-Gruppe hatte die Möglichkeit, sich mit verschiedenen Studentenvereinen zu treffen, Befragungen an diversen öffentlichen Orten durchzuführen und an einer Vorlesung an der Universität teilzunehmen. Die Roma-Gruppe besuchte mit Betreuenden der Stadtverwaltung einen Roma-Kindergarten und die Roma-Siedlung am Rande der Stadt. Der Besuch der Roma-Siedlung hinterließ bleibende Eindrücke, da die Menschen hier in "slumähnlichen" Verhältnissen leben.
Zum Ende der Zeit in Cluj-Napoca präsentierten alle Gruppen ihre Ergebnisse. Es entstanden interessante Präsentationen und es folgten nochmals gewinnbringende Diskussionen über alle erlebten Eindrücke. Nach zwei erlebnisreichen und spannenden Wochen waren wir um viele Eindrücke reicher und mit vielen neuen Erkenntnissen bestückt. Samstag früh um 5 Uhr stiegen wir in den Bus Richtung Flughafen.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Menschen, die diese Projektarbeit ermöglicht haben und wollen alle Auszubildende ermutigen, selbst an solchen Projekten teilzunehmen.