Ein Erfahrungsbericht von Anna Buschendorf, Jerome König und Elida Vrajolli

© Berkant Can Baglama

Auch im Jahr 2024 bot die Stadt Köln uns Auszubildenden die einmalige Chance, an einem Auslandsprojekt in New York teilzunehmen. Am 20. März 2024 machten wir uns auf die Reise und wurden auch in diesem Jahr durch die Ausbildungsleitung betreut und unterstützt. Begleitet wurden wir von Frau Nadine Wirth und Frau Katrin Eberhard sowie von Herrn Thomas Weiler, dem Vorstandvorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen e. V. An dieser Stelle sprechen wir noch mal unseren herzlichen Dank gegenüber allen aus, die dieses Projekt ermöglicht haben.

Schwerpunkt des Projekts war die Teilnahme an der National Model United Nations (NMUN). Die NMUN bietet Studierenden und jungen Menschen seit den 1940er Jahren die Möglichkeit, die UN-Vollversammlung zu simulieren und für ein paar Tage in die Rolle von Diplomat*innen zu schlüpfen. Seit dem Jahr 1982 sind sie eine anerkannte, mit der UN assoziierte NGO. Hierdurch konnten wir einen Teil der diplomatischen Arbeit bei den Vereinten Nationen aus nächster Nähe betrachten und ein größeres Verständnis für die Organisationsstruktur, den demokratischen Prozess und die Wirkungsmacht von UN-Resolutionen erlangen.

Unser Programm

  • Mittwoch, 20. März 2024
    Anreise und gemeinsames Abendessen
  • Donnerstag, 21. März 2024
    German House, Briefing zur Deutschen Vertretung bei den UN, Besuch der UN-Headquarters
  • Freitag, 22. März 2024
    Gemeinsames Sightseeing (u. a.): Freiheitsstatue, Central Park, 9/11 Memorial, Aussichtsplattform
  • Samstag, 23. März 2024
    Individuelles Sightseeing (u. a.): Museum of Natural History, Times Square, Harry Potter am Broadway
  • Sonntag, 24. März 2024
    Beginn der NMUN, große Eröffnungszeremonie und Kennenlernen, Erste Komiteesitzungen
  • Montag, 25. März 2024
    Briefing bei der Liechtensteinischen Delegation, NMUN Komiteesitzung
  • Dienstag, 26. März 2024
    Komiteesitzungen
  • Mittwoch, 27. März 2024
    Komiteesitzungen
  • Donnerstag, 28. März 2024
    Abschlusszeremonie in den UN-Headquarters, gemeinsames Abendessen zum Abschluss, Delegates Dance
  • Freitag, 29. März 2024
    Abreise

Donnerstag: German House und UN-Headquarters

Den thematischen Einstieg in das Auslandsprojekt stellte der Besuch beim German House in New York dar. Hierbei handelt es sich um eine Kombination der deutschen Botschaft für die Region, der deutschen UN-Mission sowie Repräsentant*innen Deutscher Bildungseinrichtungen und Institute. Wir bekamen einen Einblick in die diplomatische Arbeit als solche und speziell die der deutschen Delegation. Hierfür nahmen sich die Delegierten Herr Jan Busch und Herr Christian Mainzinger Zeit aus ihrer diplomatischen Arbeit, um den Austausch mit anderen Ländervertretungen und ihre thematischen Schwerpunkte zu erläutern. Ferner wurde ein Besuch der UN-Headquarters inklusive Führung ermöglicht. Neben Besichtigungen berühmter Säle und Kunstwerke wurden auch die Geschenke von Mitgliedsstaaten an die UN sowie aktuelle Projekte und Themenbereiche vorgestellt. Die Vielfältigkeit der Geschenke, Kunststile und Motive spiegeln die Diversität der internationalen Gemeinschaft und ihrer Beiträge zum Friedensprozess, zur Stärkung der Menschenrechte und zur nachhaltigen Entwicklung wider.

© Berkant Can Baglama

Freitag bis Samstag: Kulturprogramm

Weil die NMUN erst am Sonntag begann, haben wir die Zeit davor genutzt, um so viel wie möglich in New York sehen und erleben zu können. Der Freitag wurde gemeinsam in der großen Gruppe geplant. Der Samstag stand zur freien Verfügung und wurde vielfältig genutzt. Doch wir schafften es auch noch nach dem jeweiligen Tagesprogramm ein paar Stunden Schlaf zu opfern, um die Stadt zu besichtigen und in das Geschehen am Big Apple einzutauchen. Los ging es am Freitag mit der Fähre über den New Yorker Hafen nach Staten Island und vorbei an der Freiheitsstatue. Zwar ist das Wetter an der amerikanischen Ostküste im März typischerweise eher rau, doch schien die Sonne an diesem Tag recht malerisch auf die Upper Bay.

Mit der U-Bahn ging es danach quer durch Manhattan zum Central Park. Mit geliehenen Fahrrädern machten wir uns auf und tourten durch den riesigen Park, dem "gemeinsamen Hinterhof der New Yorker", vorbei an Hotdogständen und neugierigen Eichhörnchen. Der über 341 Hektar große Park bietet einen Moment zum Durchatmen in der ansonsten von Wolkenkratzern und Häuserschluchten durchzogenen Millionenmetropole. Nach der Erholung wurde der Tag noch zum Besuch des 9/11-Memorials und des 2014 eröffneten 9/11-Museums genutzt. Der Besuch war lehrreich, wenn auch bedrückend. Das Museum stellt sowohl Objekte des ursprünglichen World Trade Centers aus, die im Feuer und unter dem Gewicht der Türme förmlich zerschmolzen, wie auch Materialien der damaligen Berichterstattung, Andenken Angehöriger, Fotoausstellungen des Bergungspersonals und Informationen zur Organisation des Attentats.

Später am selben Tag ging es dann noch hoch auf die Aussichtsplattform des Rockefeller Centers, von dem sich ein beeindruckender Blick über Manhattans Skyline bei Sonnenuntergang bot. Den Samstag gestalteten wir selbst. Trotz flutartigem Regen besuchten wir Brooklyn (und die Brooklyn Bridge), New Jersey, das Museum of Natural History und das Harry Potter Musical am Broadway. Besonders zum Shoppen von Souvenirs und Mitbringseln, in großen Malls und kleinen Corner Stores wurde der verregnete, aber nicht trübe, Tag genutzt.

Sonntag: Beginn der NMUN

Als es dann mit der NMUN losging, begann die Aufregung. In der Eröffnungszeremonie offenbarte sich zum ersten Mal die unglaubliche Größe dieser Simulation: Über 2.000 Studierende aus aller Welt versammelten sich im Ballroom des Hilton Hotels. Eröffnet wurde zunächst durch den Executive Director der NMUN, Michael Eaton, und dem ehrenamtlichen NMUN Team. Als Key Speaker an diesem Abend trat Kehkashan Basu auf, die Gründerin der Green Hope Foundation, Umweltaktivistin und globale Influencerin. Nach inspirierenden Worten ging es auch schon auf in die Komitees. Die UN agiert neben der Generalversammlung in verschiedenen Komitees, Agenturen und Räten, und die Generalversammlung ist selbst nochmal in mehrere Untereinheiten gegliedert. Das haben wir in der NMUN simuliert. Wir repräsentierten in diesem Jahr das Fürstentum Liechtenstein und waren in den ersten drei Ausschüssen der Generalversammlung vertreten, dem ECOSOC-Rat, der IAEA und der UNEA. Der erste Abend bestand inhaltlich aus der Festsetzung der Agenda durch Abstimmung über die Reihenfolge der zu behandelnden Themen. Dies geschah durch Für- und Gegenreden im Rahmen der formellen Session sowie durch Absprachen und Kontaktaufnahme im Rahmen der sogenannten informellen Session.

Montag: Mission Briefing und Working Papers

Der zweite Tag der NMUN war von den Veranstalter*innen für die Mission Briefings vorgesehen, also für den Besuch bei den jeweiligen UN-Missionen der repräsentierten Mitgliedsstaaten, in unserem Fall Liechtenstein. Hier hatten wir das Glück Herrn Noah Oehri, einen der drei liechtensteinischen Delegierten, für ein Briefing gewinnen zu können. Uns wurde die Position des Fürstentums zu speziellen Themen näher erläutert und zusätzlich dazu besondere Einblicke in die Arbeit als Diplomat*in gewährt. Am Nachmittag des selbigen Tages ging es weiter mit der Komiteearbeit. Nachdem die Themenfolge abgestimmt war, plädierten nun die Delegierten für ihre jeweiligen nationalen Standpunkte und gründeten Arbeitsgruppen, um Ideen gemeinsam auszuarbeiten.

Dienstag bis Mittwoch: Komiteesitzungen

Der Hauptteil der NMUN und der Komiteearbeit fand in diesem Zeitraum statt. Die Komiteesitzungen waren ein ständiger Wechsel aus formellen Reden und informellen Besprechungen. Bei den formellen Reden konnten wir die Ergbnisse unserer Recherchearbeit vorstellen und unsere rhetorischen Fähigkeiten unter Beweis stellen. Wir konnten hier als Liechtenstein mehrmals das Wort ergreifen und vor großer Runde sprechen. Die informellen Besprechungen sind gewollte Unterbrechungen der offiziellen Meetings, um mit anderen Delegierten ins Gespräch zu kommen, Meinungen auszutauschen, und vor allem Arbeitsgruppen zu finden. Arbeitsgruppen bilden sich aus gleichgesinnten Delegierten beziehungsweise aus Delegierten, die sich für ähnliche diplomatische Lösungen gewinnen lassen. Da das Ziel der Komiteesitzungen das Erstellen und Verabschieden von Resolutionen (sogenannte mock resolutions) zu dem vorgegebenen Thema ist, benötigt es im Vorhinein Working Papers, die als Ideensammlung und Grundsatzpapiere anfangen und im Laufe der Simulation weiter ausgefeilt, angepasst und editiert werden.

Das Ergebnis dieses Bearbeitungsprozesses ist das, worüber in der letzten Sitzung tatsächlich abgestimmt wird. Wenn der Vorstand des Komitees (Chair) ein Working Paper begutachtet und angenommen hat, wird es zur Draft Resolution, über die das gesamte Komitee schließlich abstimmen darf. Findet sich eine Stimmenmehrheit, so wird die Resolution erfolgreich verabschiedet. UN-Resolutionen sind zwar nicht rechtlich bindend für die Mitgliedsstaaten, wohl aber repräsentieren sie "die Sprache, auf die sich alle einigen können." Insbesondere wenn ein Konsens erzielt werden konnte, spiegeln Resolutionen den Stand der internationalen Debatte wider, wie Herr Oehri erklärte.

Donnerstag: Abschlusszeremonie

Die abschließende Zeremonie fand wieder unter Teilnahme aller jungen Delegierten statt. Hierzu trafen sich alle, Delegierte mit ihren Head Delegates, ihren Mentor*innen und Besucher*innen, im Plenarsaal der UN-Generalversammlung. Die Abschiedsreden hielten neben dem engagierten NMUN-Team und Vorstand in diesem Jahr der amtierende Präsident der UN-Generalversammlung, und der am längsten dienende Botschafter der Republik Trinidad und Tobago, Dennis Francis. In seiner Rede ermahnte er die Teilnehmenden, der Welt und ihren Missständen mit einer aktiven Haltung zu begegnen, Rechte einzufordern, das Erlernte in der echten Welt anzuwenden und diplomatische Lösung für die Zukunft zu finden.

Schließlich durften die Delegierten ihre Mühen gebührend feiern: Der Delegates Dance zum Ende der Simulation bot noch einmal allen die Chance in guter Laune zusammen zu kommen und mit den Menschen, die man neu kennengelernt hat, ordentlich Party zu machen. Die Kölner Nachwuchskräfte sammelten sich außerdem zum gemeinsamen Abschlussessen in vertrauter Runde und traten am nächsten Tag, vollkommen übermüdet und doch schweren Herzens, die Heimfahrt an.