Am 4. Mai 2023 fand im Historischen Rathaus "Europa erlesen" mit Brigitte Glaser statt. Dabei las die Kölner Schriftstellerin aus ihrem jüngst erschienenen Roman "Kaiserstuhl". Das Buch bildete den Rahmen für eine Diskussion über das deutsch-französische Verhältnis in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Der Europatag, der jedes Jahr rund um den 9. Mai begangen wird, war der Anlass für den literarischen Europaabend.
Bürgermeister Andreas Wolter, der Oberbürgermeisterin Henriette Reker vertrat, eröffnete den Abend mit einem Grußwort. Darauf folgte eine Videobotschaft von Nathanael Liminski, Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien des Landes Nordrhein-Westfalen. Bei der Veranstaltung kooperierten wir mit der Staatskanzlei NRW und dem Literaturbüro NRW, dessen Leiter Michael Serrer durch den Abend führte.
Lesung des Romans "Kaiserstuhl"
Brigitte Glaser las Passagen aus ihrem Roman und erläuterte den historischen Kontext. Dabei gab sie den Zuhörer*innen einen Einblick in ihr Werk, das von einer Liebesgeschichte einer Deutschen und eines Franzosen im deutsch-französischen Grenzgebiet des Kaiserstuhls handelt.
Besonders schilderte Frau Glaser dabei, wie sich die Beziehung der beiden Romanfiguren im Laufe der Kriegsjahre und Nachkriegszeit entwickelt. Ausgangspunkt der Handlung ist das Jahr 1962, kurz bevor der französische Präsident Charles de Gaulle erstmalig seit dem Zweiten Weltkrieg nach Bonn reist.
Der Élysée-Vertrag
Diese Reise von Charles de Gaulle in die damalige Bundeshauptstadt ebnete den Weg für die Unterzeichnung des Élysée-Vertrags durch Konrad Adenauer und de Gaulle im Jahr 1963. Der Vertrag setzte den Grundstein für die deutsch-französische Freundschaft, die sich in den folgenden Jahrzehnten entfaltete.
Diese bilaterale Vereinigung stellte einen Meilenstein in der europäischen Geschichte dar: Nach drei Kriegen verständigten sich die zwei Nachbarstaaten Deutschland und Frankreich, die einst Erbfeinde waren und bitterlich gegeneinander gekämpft hatten, auf Aussöhnung und Freundschaft. Der Élysée-Vertrag dient heute als Vorbild für Europa.
Diskussion: Vergangenheit und Zukunft
Im Anschluss an die Lesung entwickelte sich mit dem Publikum ein Gespräch über das deutsch-französische Verhältnis.
Der französische Generalkonsul Étienne Sur, der besonders geladen war, erläuterte dabei die unterschiedlichen Generationen der Freundschaft: Die erwachsenen Zeitzeug*innen des Zweiten Weltkriegs tragen unmittelbar die Wunden des Krieges in sich. Ihre Kinder, also die zweite Generation, sind diejenigen, die in den 60er und 70er Jahren einfacher auf den Nachbarn zugehen und Freundschaft schließen können. Ihre Enkelkinder wiederum nehmen die deutsch-französische Freundschaft heute als so selbstverständlich, dass sie besonders gepflegt werden muss.
Bedeutung für Europa
Insgesamt setzte "Europa erlesen" ein wichtiges Signal dafür, dass trotz der historischen Konflikte und Differenzen die deutsch-französische Freundschaft eine wichtige Rolle für ein friedliches und geeintes Europa spielt. Sie ist ein beispielloses Vorbild für die Aussöhnung zweier europäischer Staaten.
Dies gibt Hoffnung, dass sich die Ukraine und Russland trotz des verheerenden Angriffskrieges eines Tages einander annähern und versöhnen können, und damit – wie einst Deutschland und Frankreich – aus Feinden Freunde werden.