Ein Canyon für Köln

Das ist wohl unser exotischstes Projekt – und zwar sowohl in botanischer als auch in baulicher Hinsicht: der Neubau der Schaugewächshäuser im Botanischen Garten. Die Stahl-Glaskonstruktion der dreiflügeligen Anlage ist weit über die Mauern des Botanischen Gartens hinaus sichtbar und sehr markant. Aufbau und Technik der drei Häuser für Nutzpflanzen, tropische Gewächse sowie Wüstenpflanzen sind zudem ingenieurtechnisch komplex. Dazu gehört zum Beispiel die Mess- und Regelanlage zur Steuerung der unterschiedlichen Anforderungen an die Klimabedingungen.
Aktueller Stand
Im Frühjahr 2025 haben wir die neuen Schaugewächshäuser im Botanischen Garten fertiggestellt. Mitte April 2025 folgten die bauaufsichtliche Abnahme sowie die Abnahmen nach der Vergabe und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB). Die Planungs-, Ausschreibungs- und Vergabephasen konnten wir damit erfolgreich abgeschließen.
Fehleranalysen, die aufgrund hoher Wasserverluste am Wasserlauf und der Klimasituation im Wüstenhaus notwendig sind, halten hingegen weiter an. Da wir keine Undichtigkeiten an den Wasserleitungen feststellen konnten und auch Bodenuntersuchungen in Beckennähe keine erhöhten Feuchtwerte aufwiesen, haben wir einen Fachmann für Gebäudetechnik eingeschaltet. Der Sachverständige untersucht zurzeit, ob die Wasserverluste auf eine natürliche Verdunstung aufgrund der klimatischen Bedingungen im Gewächshaus zurückzuführen sind.
Zur Optimierung des Wüstenklimas sollen Lüftungsklappen eingebaut werden. Zurzeit ermitteln wir die Kosten und bereiten die Ausschreibung sowie die Auftragsvergabe vor. Aufgrund der Herstellungs- und Lieferzeiten wird der Einbau der Lüftungsklappen fühestens im September 2025 erfolgen. Im Anschluss daran plant der Botanische Garten die Eröffnung des Schaugewächshauses für die Öffentlichkeit.
Der "Tropische Hof", wie der Innenhof der neuen Schaugewächshäuser genannt wird, ist bereits ab Anfang Juli 2025 für Besuchende zugänglich.
Baufortschritt
Nach dem Richtfest im August 2020 war der Bau zügig fortgeschritten. Stahlaufbau und Verglasung der neuen Häuser waren schnell abgeschlossen und der Innenausbau konnte beginnen. Der Fortschritt wurde jedoch durch die Insolvenz einer Heizungsbaufirma ausgebremst. Erforderliche Leistungen mussten wir aufwändig neu ausschreiben, bis im November 2022 eine Nachfolgefirma beauftragen konnten.
Anfang 2023 war es dann soweit: drei Wochen lang konnten wir Haustechnik und Klima auf Herz und Nieren prüfen. Anschließend haben wir eine dreimonatige Testphase für den Betrieb unter den natürlichen außenklimatischen Bedingungen durchgeführt. Einige der während der Probephasen und auch noch später aufgetretenen Störungen haben wir schnell beheben können. Andere waren schwieriger zu lösen, weil die Komponenten der Anlage voneinander abhängig sind, aber nur gemeinsam funktionieren.
Richtfest im August 2020
Rund zwei Monate, nachdem im August 2020 mit dem Aufbau der opulenten Stahlkonstruktion, dem Herzstück des Neubaus, begonnen wurde, konnte das Richtfest gefeiert werden. Aus drei im Werk des Stahlbauers in den Niederlanden vorgefertigten Elementen wurde der erste insgesamt 1,7 Tonnen schwere Stahlbogen gefertigt, der im August 2020 per Kran aufgerichtet und anschließend im Fundament befestigt wurde. Nach und nach wuchsen 54 Bögen zusammen. Das Nutzpflanzenhaus erreicht nun eine Höhe von rund 8 Metern und wird mit dem großen Tropenhaus klimatisch zusammengefügt. Das Wüstenhaus hat ebenfalls eine Höhe von etwa 8 Metern. Es wird durch eine gläserne Trennwand klimatisch vom großen Tropenhaus getrennt.
Opulente Stahl-Glas-Konstruktion im Aufbau
Spatenstich im November 2018
Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat mit dem ersten, symbolischen Spatenstich im November 2018 den offiziellen Baubeginn eingeleitet. Mit dem nun beginnenden Rohbau werden die neuen Schaugewächshäuser nach eingehender Planung nun auch dreidimensional sichtbar. Planung und Bau werden rund 15,5 Millionen Euro kosten. In dieser Summe ist ein Risiko-Puffer von zehn Prozent enthalten wie er mittlerweile bei größeren Bauprojekten nötig ist.
Unterstützt wurden wir durch den Freundeskreis Botanischer Garten e. V.: Mit 380.000 Euro hat sich der Verein an den Planungskosten beteiligt und möchte auch die Anschaffung von Pflanzen, die bislang in Köln noch nicht zu sehen waren, sowie Ausstattungselementen unterstützen.
Baubeginn mit dem symbolischen Spatenstich am 30. November 2018
Der Entwurf
Wir realisieren einen Entwurf des Kölner Planungsbüros Königs Architekten. Es hat eine dreiflügelige Anlage samt Erlebnisrundweg ansteigend bis auf eine Höhe von 5,50 Metern in das Blätterdach sowie eine bogenförmige Dachform entworfen.
Das Schaugewächshausensemble bekommt eine Stahl- und Glaskonstruktion in parabelförmigen Bögen. Speziell sind vor allem die Isolierverglasung mit Verbundsicherheitsglas, die integrierte UV-transparente Folie, der stützenfreie Innenraum sowie die geringen Stahlquerschnitte. Eine weitere technische Besonderheit ist "eine intelligente Mess- und Regelanlage zur Steuerung der sehr unterschiedlichen Anforderungen an die Klimabedingungen". Diese liegen in dem Nutzpflanzen- und Tropenhaus bei etwa 20 bis 25 Grad Celsius und 80 Prozent Luftfeuchte sowie im Wüstenhaus bei mindestens 12 Grad Celsius sowie 20 bis 50 Prozent Luftfeuchte.
Erzeugt wird dieses Klima mittels einer Heizungsanlage (CO2-neutrale Fernwärme) sowie Lüftungsklappen, die sowohl auf dem Dachfirst als auch auf der seitlichen Glaskonstruktion verteilt werden. Hinzu kommt eine Hochdruck-Befeuchtungsanlage, die für Verdunstungskälte sorgt, wie sie in den Tropen üblich ist.
Historie
Die Flora mit dem sanierten Festhaus aus dem Jahr 1864 und der Botanische Garten von 1914 sind seit 1920 vereint. Die Tropenhäuser und ein Wüstenhaus wurden nach dem Zweiten Weltkrieg in den 1950er Jahren in damals moderner Form wieder aufgebaut. Jedoch haben die neuen Schaugewächshäuser, die nun entstehen, nicht mehr viel mit ihren Vorgängerbauten gemein. Waren die allerersten historischen Pflanzenhäuser im 19. Jahrhundert meist dem Zutritt der "besseren Gesellschaft" vorbehalten, so wird die neue Anlage wie schon die bisherigen Häuser Erholung, Erlebnis und Bildung für alle Kölner*innen bieten.
90 Prozent der Pflanzenvielfalt wächst in den Tropen und Subtropen. Sehr viele alltäglich genutzte Produkte stammen aus tropischen Pflanzen und Plantagen, von Früchten über Palmöl bis zu Pflanzen für medizinische Zwecke. Zu ihrer nachhaltigen Produktion kann jeder beim Einkauf beitragen. Dazu bedarf es allerdings eines "Globalen Lernens" für Alle, das der Botanische Garten mit seinem neuen pädagogischen Konzept seinen rund 1,5 Millionen Besucher*innen (bisherige Zahlen) in dem Neubau näher bringen möchte. In der "Grünen Schule Flora" gewinnen Gäste und Schüler*innen künftig sinnliche Eindrücke und praktische Einblicke in tropische Lebenswelten und gemeinsame Klimaziele. Hier kooperiert der Botanische Garten mit Kölns Klimapartnerstadt Yarinacocha in Peru.
Die Anlage im Detail
Die neuen Schaugewächshäuser entstehen im Botanischen Garten an gleicher Stelle wie die vorherige Anlage und bei nahezu identischer Grundfläche. Sie sind jedoch fast doppelt so hoch. Die Gewächshäuser werden aus einem großem und einem kleinen Tropenhaus, einem Wüstenhaus samt tropischem Baumkronenweg sowie einem Wüstencanyon bestehen. Die Orangerie im Verbindungsgang zum bestehenden Subtropenhaus wird in den Rundgang integriert und bietet Platz für weitere Wechselausstellungen. Hier wird die bereits international prämierte Kamelien-Ausstellung erweitert.
Die dreiflügelige Anlage wurde durch das Planungsbüro Königs Architekten rund um zwei Naturdenkmäler geplant: um eine "Himalaya-Kiefer" im süd-östlichen Teils des Neubaus vor der künftigen neuen Orangerie sowie um die "Libanon-Zeder", die im denkmalgeschützten "Tropischen Hof" und damit genau zwischen den drei Flügeln des Neubaus stehen sollte. Tragischerweise ist die 150 Jahre alte Zeder in Folge von Gewittern mit heftigen Windböen und Starkregen umgestürzt. Sie hinterlässt nun eine große Lücke im planerischen Gesamterscheinungsbild der neuen Häuser. Eine Nachpflanzung eines oder mehrerer Bäume an selber Stelle bedarf aufgrund der besonderen Lage, der Bodenverhältnisse sowie der vorhandenen und zukünftigen klimatischen Bedingungen nun zunächst einer ausführlichen Planung.