Ein persönlicher Erlebnisbericht der Auszubildenden Angelique Wirsching, dual Studierende der Wirtschaftsinformatik

Samstag, der 16. Juni 2018. Kein Tag wie jeder andere. Ein Tag, auf den wir uns nun schon seit Wochen und Monaten freuen und intensiv vorbereitet haben. Wir, das sind zehn Auszubildende der Stadtverwaltung Köln aus dem Bereich Fach- und Wirtschaftsinformatik sowie Anwärterinnen und Anwärter aus dem gehobenen und mittleren Dienst. Wohin die Reise geht? Auf die andere Seite der Weltkugel!

Das Interesse an der Fahrt in die Partnerstadt Kyoto war unter den Auszubildenden und Studierenden recht groß. Dank eines gelungenen Motivationsschreibens sowie guten Leistungen in der Schule und auf den Dienststellen, durften wir an dem Bildungsaufenthalt in Kyoto teilnehmen.

Kyoto - Seit Jahrzehnten verlässlicher Partner

Bereits seit dem 21. Januar 1963 pflegen die japanische Stadt Kyoto und unsere Heimatstadt Köln eine offizielle Partnerschaft. Rund 1,5 Millionen Menschen leben in Kyoto, das umringt von diversen bewaldeten Bergketten, gerne auch mal eine Ausflucht aus den hektischen benachbarten Städten bietet. Zusammen mit den Großstädten Osaka und Kobe beheimatet die Metropolregion sogar fast 20 Millionen Menschen.

Ähnlich wie die Stadt Köln gilt auch Kyoto als Universitätsstadt. Rund 125.000 Studierende und damit fast 10 Prozent der Einwohner besuchen eine der 37 Kyotoer Universitäten oder Hochschulen. In den vergangenen 55 Jahren der Städtepartnerschaft kam es immer wieder zu Begegnungen in den verschiedensten Bereichen.

Für uns alle war es der erste Besuch in Japan, wodurch die Spannung schon seit Monaten anstieg. Als es dann endlich soweit war, startete die Maschine am Düsseldorfer Flughafen um 11:50 Uhr in Richtung Osten. Nach circa 14 Stunden Anreise, in denen alles andere als geschlafen wurde, erreichten wir am Sonntag mit einer Zeitverschiebung von sieben Stunden den Flughafen Kansai/Osaka. Doch es ging noch weiter, wir wollten ja schließlich nach Kyoto. Deshalb mussten wir uns im Zug noch etwas gedulden, bis wir uns dann gegen Mittag in unserer Pension einquartierten. Gerade angekommen, begrüßten uns schon unsere Gastgeberinnen und Gastgeber der Kyoto University of foreign studies, um uns in die typisch japanische Sushi Küche einzuweihen. Nach 40 Stunden ohne Schlaf hielt uns dann nichts mehr auf den Beinen. Jeder fiel todmüde ins Bett und versank in seinen Träumen, mit den ersten Erlebnissen eines aufregenden Landes.

Erdbeben ersetzt die Wecker

Montagmorgen sollte schon recht früh der Wecker klingeln. Der Jetlag und der Schlafmangel hatten uns fest im Griff. Aber das Schicksal wollte es anders mit uns. Statt vom lauten Klingeln des Weckers aufgeweckt zu werden, wurden wir unsanft aus unseren Träumen gerüttelt. Willkommen in Japan! Wir wollten ja schließlich alles erleben was nur möglich war, auf ein Erdbeben hätten wir aber gerne verzichten können. Das Ausmaß realisierten wir vorerst nicht, aber im Laufe des Tages erfuhren wir von den Auswirkungen und Schäden dieses Bebens, welches mit einer Stärke von 6,1 beziffert wurde.

Nach diesem Schock fanden wir uns dennoch pünktlich bei der Stadtverwaltung Kyoto ein, wo ein Informationsaustausch in Form von Vorträgen und offenen Fragerunden rund um das Thema Personalrekrutierung stattfand. Am Nachmittag ging es dann weiter ins Kyoto Center for Community Collaboration. Hier wurde uns mit Hilfe einer interessanten Präsentation, anschaulichen Modellen und architektonischen Nachbauten viel über traditionelle Gebäude und deren Geschichte berichtet. Insbesondere die Schutzwürdigkeit sowie die jahrhundertelange Tradition der typischen Kyoto-Machiya, das sind traditionelle hölzerne Stadthäuser, begeisterten uns. Im Anschluss besuchten wir unseren ersten japanischen Tempel, den Tō-ji Tempel.

Besuch in Kobe - Volles Programm und viel Kultur

Die Präfekturverwaltung Hyogo in Kobe besuchten wir am Dienstag. Über kleine Schildchen vom Bahnhof bis zum Verwaltungsgebäude, mit den Worten "Wir heißen Sie herzlich", auch wenn das "Willkommen" fehlte, freuten wir uns sehr, denn diese wiesen uns den Weg zu unserem Gastgeber. Auf dem Vorplatz wurden wir dann schon herzlich in Empfang genommen. Im Rahmen eines zweistündigen Austauschs wurde uns die Präfektur Hyogo und deren Verwaltung vorgestellt, wobei der Schwerpunkt wiederum auf der Personalrekrutierung lag.

Danach ging es in die Disaster Reduction and Human Renovation Institution, einem Erdbebenzentrum. Wir bekamen zwei Filme über das Jahrhundert-Erdbeben 1995 in Kobe gezeigt. Die erschütternden Bilder der einstürzenden Häuser und Brücken des zehn Sekunden langen Erdbebens der Stärke 7,2 mit über 6.000 Toten versetzten uns einerseits in Angst vor den vorhergesagten Nachbeben, andererseits waren wir dankbar, dass das Ausmaß des gestrigen Bebens nicht annähernd so stark war. Zur Aufheiterung verbrachten wir den Abend mit Osakas Spezialität Okonomiyaki, einem japanisches Gericht, das vor unseren Augen zubereitet wurde, in den bunten Straßen dieser Stadt.

Den letzten offiziellen Tag mit Meetings starteten wir bei der Kobe University of Foreign Studies, wo wir uns mit dem Präsidenten und einigen Mitarbeitern austauschten. Anschließend waren kleine Diskussionsrunden mit Englischstudenten angesagt, bei denen sich alles um das deutsche und japanische Schulsystem drehte. Dieser Austausch hat uns viel Freude bereitet, doch nach dem Mittagessen stand schon der Besuch bei der Stadtverwaltung Kobe in der Kobe City Hall an. Von diesem Gebäude aus hatte man einen atemberaubenden Blick über die Stadt und auf das angrenzende Gebirge im Landesinneren.

Ein letztes Mal wurde über die Personalrekrutierung diskutiert und unsere Fragen über die japanischen Regelungen waren beinahe unendlich. Im Anschluss waren wir zu Gast bei der japanisch-deutschen Gesellschaft. Eine interessante Diskussionsrunde über die zuvor erfahrene Geschichte der beiden Nationen rundete das Treffen ab. Zum Abschluss würdigten wir ein letztes Mal den Blick über Osakas Dächer in einem Restaurant mit Skyview und japanischem Buffet.

Auf Sightseeing folgt die UN-Simulation

Da das Sightseeing nicht zu kurz kommen sollte, hatten wir den ganzen Donnerstag dafür Zeit. Wir begannen im Arashiyana Bamboo Forest mit einem Spaziergang, wo wir nebenbei eine traditionelle japanische Hochzeit und einen schönen kleinen Schrein bewunderten. Natürlich ist es auch ein Muss, den Fushimi Inari Shrine zu besichtigen. So durchliefen wir auf dem Weg zum Schrein die 1.000 berühmten orangenen Tori Gates, die gefüllt mit Touristen waren. Den Abend ließen wir ausklingen, denn uns standen noch drei weitere anstrengende Tage bevor.

Von Freitag bis Sonntag nahmen wir an der Japan University English Model United Nations teil. Eine Simulation, bei der wir und andere Studenten die Arbeit der Vereinten Nationen nachstellten. Es handelte sich hierbei um ein Modell der UNESCO, das sich auf das zweite der 17 Ziele Nachhaltiger Entwicklung der Vereinten Nationen konzentrierte und zwar Hunger beenden, Ernährung sichern, gesündere Ernährung erreichen und nachhaltige Landwirtschaft fördern. Aufgeteilt in drei Meetings mit jeweils 48 Teilnehmern, nahmen wir die Rolle eines Delegierten des uns zuvor zugewiesenen Landes ein und diskutierten auf Englisch über die Umsetzung der ausgearbeiteten Ziele in den UNESCO-Regionen Afrika, den arabischen Staaten, Europa, Nordamerika, Lateinamerika, Karibik und Asien.

Ziel dieser Simulation war es zum einen, einen regen Austausch in der englischen Sprache zu fördern und zum anderen auf die SDG-Agenda der Vereinten Nationen aufmerksam zu machen. SDG das bedeutet Sustainable Development Goals. Bei dieser wichtigen Veranstaltung konnten wir nicht nur gute Erfahrungen sammeln, unsere Einstellung zu den Themen überdenken und im weitesten Sinne der Weltbevölkerung helfen, sondern auch tolle Freundschaften mit vielen verschiedenen Menschen diverser Nationen knüpfen.

Ein unvergessliches Erlebnis

Im Großen und Ganzen war die Reise ein riesiger Erfolg! Wir Auszubildende durften viele spannende und lustige Erfahrungen machen. Obwohl Stress, Schlafmangel und sehr getaktete Terminpläne uns die Woche über verfolgten, überwogen letztendlich die positiven Eindrücke. Es war fantastisch die japanische Kultur mit ihrem respektvollen und hilfsbereiten Umgang kennenzulernen. Auch fanden wir es sehr interessant, den Unterschied der japanischen und deutschen Sichtweisen im Privatleben, als auch im Berufsleben zu sehen

Wir haben jede Gelegenheit genutzt, um die Kultur zu erfahren, traditionelle Bauten zu besichtigen oder kulinarische Spezialitäten zu genießen. Zudem waren und sind wir immer noch eine super Gruppe, die durch einen starken Zusammenhalt geprägt ist. Somit haben wir nicht nur in Japan neue Freunde finden können, sondern sind auch untereinander eng zusammengewachsen.

Wir sind deshalb alle der Meinung, dass jeder, der eine solche Chance des Auslandsaufenthaltes geboten bekommt, diese auch nutzen sollte. Denn nur so lernt man eine neue Kultur, Menschen und ein neues Land kennen, knüpft tolle Freundschaften innerhalb und außerhalb des Teams und sammelt letztendlich wertvolle und einzigartige Erfahrungen für das Leben.

Everywhere you go becomes a part of you somehow!

So möchten wir uns bei unserer hervorragenden, engagierten und uns betreuenden Ausbildungsleitung Frau Beyen und Herrn Johnen, zusammen mit Herrn Weiler, welcher als Dozent an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW tätig ist und bei der bei der Organisation half und als Dozent der Uni-Partnerschaften agierte, ganz herzlich bedanken, dass Sie uns eine so wundervolle Reise ermöglicht haben!

Auch geht ein besonderer Dank an unsere tolle und einzigartige Dolmetscherin Pia Tomoko Meid, welche uns nicht nur jeden Abend durch ihre Anwesenheit bei den nächtlichen Werwolf-Runden versüßte, sondern auch bei allen offiziellen und inoffiziellen Terminen Übersetzerin spielte und zu jeder Uhrzeit für Rat und Tat zur Verfügung stand!