Seit 1998 sind folgende Kunst- und Kulturobjekte aus den städtischen Museen an die rechtmäßigen Eigentümer*innen restituiert, das heißt, zurückgegeben worden. Für einige dieser Objekte konnten "faire und gerechte Lösungen" im Sinne der Washingtoner Prinzipien von 1998 erzielt werden. Sie befinden sich weiterhin in den Museen.
Heilige Barbara und heilige Katharina
Bei den beiden Statuetten handelt es sich um Miniaturschnitzereien aus Buchsbaumholz, die um 1650 in den südlichen Niederlanden entstanden sind. Sie stellen die heilige Barbara sowie die heilige Katharina dar und kamen 1970 ins Museum Schnütgen, nachdem sein Förderverein sie aus Privatbesitz erworben hatte.
Erst 1998 wurde entdeckt, dass sie bis in den Zweiten Weltkrieg hinein zur Kunstsammlung des Schlosses Friedenstein Gotha gehört hatten und verloren gegangen waren. 1999 erfolgte die Rückgabe der beiden Figuren an das Schlossmuseum Gotha.
Otto Mueller: "Zwei weibliche Halbakte"
Bei "Zwei weibliche Halbakte" handelt es sich um ein 1919 von Otto Mueller geschaffenes Ölgemälde. In diesem Jahr wurde Mueller als Professor an die Staatliche Akademie für Kunst und Gewerbe in Breslau berufen. Dort lernte er den jüdischen Rechtsanwalt Ismar Littmann kennen, der mit großer Leidenschaft deutsche Kunst der Avantgarde sammelte. Vom Künstler, der oftmals Gast in seinem Hause war, kaufte er auch das Bildnis "Zwei weibliche Halbakte".
Anfang der 1930er Jahre geriet Littmann in finanzielle Schwierigkeiten. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten war er antisemitischen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt. Die Ausübung seines Berufes war ihm nicht mehr uneingeschränkt möglich.
Diese Situation trieb ihn 1934 in den Selbstmord. Seine Erben gaben daraufhin das Gemälde zusammen mit weiteren Kunstobjekten im Februar 1935 an das Auktionshaus Max Perl in Berlin.
Noch vor der Auktion wurde es von der Geheimen Staatspolizei beschlagnahmt und 1936 an die Nationalgalerie Berlin übergeben. Dort wurde das Bildnis am 7. Juli 1937 konfisziert und drei Tage später nach München gebracht und in der Ausstellung "Entartete Kunst" präsentiert.
Zwei Jahre später wurde es auf der berüchtigten Auktion der Galerie Fischer in Luzern angeboten, aber nicht verkauft. 1940 ging es an den Kunsthändler Gurlitt, von dem der Kölner Sammler Josef Haubrich das Werk 1942 für 800 Reichsmark erwarb. Als Teil der Schenkung der Sammlung Haubrich kam das Bild schließlich 1946 in das Wallraf-Richartz-Museum beziehungsweise 1976 in das Museum Ludwig.
1998 setzte sich die damalige Kölner Kulturdezernentin Marie Hüllenkremer tatkräftig für eine Restitution des Werkes an die Erben ein und lud die damals 82-jährige in Israel lebende Tochter Littmanns, Ruth Haller, im November 1999 zur Besichtigung des Gemäldes und zu ersten Besprechungen nach Köln ein. Auf der Sitzung des Rates der Stadt Köln vom 16. Dezember 1999 wurde die Restitution und der Rückerwerb des Gemäldes beschlossen. Dank der Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, der Stiftung Kunst und Kultur des Landes Nordrhein-Westfalen und eines privaten Stifters konnte das Bild als Teil der Stiftung Haubrich in Köln bleiben.
Louis Marcoussis: "La grappe de raisins" (Die Weintraube)
Im Jahr 1992 stellte Jen Lissitzky, der Sohn des russischen Malers und Architekten El Lissitzky, einen Antrag auf Herausgabe des 1920 vom polnischen Künstler Louis Marcoussis gemalten Aquarells "La grappe de raisin". Das Bild war 1926 als Leihgabe von Sophie Küppers, der späteren Ehefrau El Lissitzkys, an das Provinzialmuseum Hannover gegeben worden.
Es gehörte dort zum "Abstrakten Kabinett", das der russische Künstler für das Museum geschaffen hatte. 1937 wurde es im Rahmen der Aktion "Entartete Kunst" vom Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda beschlagnahmt.
1942 erwarb der Kölner Sammler Josef Haubrich das Bild von Hildebrand Gurlitt in Hamburg. Es gelangte schließlich 1950 als Stiftung in das Wallraf-Richartz-Museum beziehungsweise 1976 in das Museum Ludwig. In einer Feierstunde im Museum Ludwig wurde das Aquarell am 4. Februar 2000 an den rechtmäßigen Erben, Jen Lissitzky, zurückgegeben. Als Anerkennung überreichte dieser dem Museum Ludwig eine 1928 von seinem Vater geschaffene kolorierte Zeichnung. Dabei handelt es sich um den Entwurf eines Tisches mit Vitrine und Sessel für den russischen Pavillon der Kölner Pressa-Ausstellung.
Art des Meindert Hobbema: "Landschaft mit geborstener Brücke"
Das Ölgemälde "Landschaft mit geborstener Brücke" entstand im 17. Jahrhundert in den Niederlanden. Die Zuschreibung ist nicht gesichert. Es könnte sich um das Werk des Landschaftsmalers Jacob Isaackszoon van Ruisdael genauso wie um das Werk seiner Schüler Meindert Hobbema oder Jan van Kessel handeln. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wechselte das Gemälde gleich mehrfach seinen Besitzer und wurde 1919 beim Hotel Drouot in Paris aus dem Besitz von Dr. Melville Wassermann, Paris, an Senator Jean Dupuy, Paris, versteigert. Ein Jahr später gelangte es erneut in den Handel, schließlich in die Sammlung des italienischen Geschäftsmannes jüdischen Glaubens, Frederico Gentili di Guiseppe.
Nach dessen Tod im April 1940 wurde es unter dem Druck der deutschen Besatzer am 24. April 1941 im Hotel Drouot zwangsversteigert. Seine beiden Kinder mussten aus dem von der deutschen Armee besetzten Gebiet Frankreichs fliehen und hatten daher keinen Zugriff auf ihr Erbe. Ersteigert wurde das Gemälde bei dieser Auktion von dem Kunsthändler Dr. Hildebrand Gurlitt, der es am 8. September 1941 an das Wallraf-Richartz-Museum veräußerte.
Ende November 1999 wandte sich der Erbenvertreter mit einem Rückgabegesuch an das Wallraf-Richartz-Museum, welches das Gemälde an das Bundespräsidialamt in der Villa Hammerschmidt verliehen hatte. In der Sitzung vom 29. Februar 2000 entschied der Rat der Stadt Köln, das Bild an die Erben von Frederico Gentili di Giuseppe zu restituieren.
Jean Baptiste Camille Corot: "La Poésie"
Das Gemälde "La Poésie" von Jean Baptiste Camille Corot im Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud stand ursprünglich im Eigentum des Breslauer Kaufmanns und Kunstsammlers Max Silberberg. Als Jude gehörte er zu den Verfolgten des Nationalsozialismus. Er wurde 1942 zusammen mit seiner Ehefrau deportiert und ermordet.
1941 erwarb das Wallraf-Richartz-Museum das Gemälde für 125.000 Reichsmark von dem Kunsthändler Hildebrand Gurlitt. Im März 2000 richtete Gerta Silberberg, die Schwiegertochter von Max Silberberg, ein Schreiben an das Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud und machte darin Rückübertragungsansprüche geltend.
Trotz intensiver Erforschung konnten die Verkaufsumstände im Jahr 1935 nicht endgültig geklärt werden. Wir trafen 2004 mit der Erbin eine Übereinkunft, nach der das Gemälde gegen eine Ausgleichszahlung im Museum verbleiben konnte.
David Teniers: "Ländliche Szenen", Constant Troyon: "Kuh auf der Weide"
Die Gemälde "Ländliche Szenen" von David Teniers und "Kuh auf der Weide" von Constant Troyon stammten aus der Sammlung des niederländisch-jüdischen Kunsthändlers Jacques Goudstikker, einem der renommiertesten Kunsthändler Europas vor dem Zweiten Weltkrieg. Wegen des deutschen Überfalls auf die Niederlande war Goudstikker im Mai 1940 zur Flucht gezwungen. Während der Überfahrt nach England verunglückte er tödlich.
Seine Kunsthandlung wurde im Juni 1940 von dem Münchner Bankier Alois Miedl mit Unterstützung durch Hermann Göring für 2,5 Millionen Gulden erworben. Göring übernahm über 1.000 Werke, darunter das 1677 von David Teniers geschaffene Bild "Ländliche Szenen".
Im Dezember 1940 wurde das Werk vom Berliner Auktionshaus Lange versteigert und gelangte später über eine Stuttgarter Privatsammlung an die Kölner Galerie Abels, die es an die Stadt Köln verkaufte.
Auch das Gemälde "Kuh auf Weide" von Troyon wurde von Göring "gekauft". Die Versteigerung erfolgte im Februar 1941 im Kölner Kunsthaus Lempertz. Später kam es in den Besitz der Familie Reintjes. Diese übergab es 1960 als Stiftung an das Wallraf-Richartz-Museum. Beide Werke wurden gemäß Ratsbeschluss vom 4. April 2006 an Goudstikkers Schwiegertochter restituiert.
Lovis Corinth: "Geburtstagsbild für Charlotte"
Das Gemälde "Geburtstagsbild für Charlotte" des deutschen Malers Lovis Corinth aus dem Jahre 1911 war Teil der Sammlung des jüdischen Sammlers Friedrich Hermann, Berlin. Dieser musste 1936 verfolgungsbedingt Deutschland verlassen. Zur Begleichung der zu zahlenden Reichsfluchtsteuer ließ er seine Sammlung, darunter das Bildnis von Corinth, im Auktionshaus Paul Graupe versteigern. 1951 kam das Gemälde über das Kölner Kunsthaus Abels in das Wallraf-Richartz-Museum.
2001 traten die Erben nach Friedrich Hermann an uns heran, worauf nach Untersuchung der Besitzgeschichte des Gemäldes im Juni 2006 eine Einigung im Sinne der sogenannten Washingtoner Erklärung von 1998 erzielt werden konnte.
Das Gemälde verblieb im Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud.
Hendrik Terbrugghen: "Ein Dudelsackspieler"
Der in Berlin ansässige Dr. Herbert von Klemperer war in den Vorständen beziehungsweise Aufsichtsräten zahlreicher Unternehmen aktiv. Er verlor 1937 aufgrund seiner jüdischen Herkunft sämtliche Ämter und bereitete im darauffolgenden Jahr seine Auswanderung vor.
In diesem Zusammenhang war er gezwungen, einen Teil seiner Kunstsammlung beim Auktionshaus Hans W. Lange in Berlin versteigern zu lassen. Darunter befand sich auch das Gemälde "Ein Dudelsackspieler" von Hendrik Terbrugghen, das vom Wallraf-Richartz-Museum erworben wurde.
Um die "Judenvermögensabgabe" und "Reichsfluchtsteuer" bezahlen zu können, musste er einen Großteil seines Vermögens und auch das Bild aufgeben. Im Januar 1939 wanderte Dr. Herbert von Klemperer mit seiner Frau und seiner Tochter nach England, später in die USA aus, wo er am 18. Mai 1951 verstarb.
Im Juli 2007 meldeten die Erben nach Dr. Herbert von Kemperer einen Rückgabeanspruch an. Der Rat entschied ein Jahr später, das Ölgemälde zu restituieren.
Oskar Kokoschka: "Portrait Tilla Durieux"
Im November 2008 stellten die Erben nach Alfred Flechtheim einen Antrag auf Rückgabe des im Bestand des Museum Ludwig befindlichen Gemäldes "Portrait Tilla Durieux", 1910, von Oskar Kokoschka. Daraufhin wurde erforscht, ob dieses Werk unrechtmäßig erworben worden war.
Das Gemälde gehörte dem jüdischen Kunsthändler Alfred Flechtheim und gelangte 1946 mit der Stiftung Haubrich in das Wallraf-Richartz-Museum und hiernach in das 1976 gegründete Museum Ludwig.
Trotz intensiver Forschung konnte die Herkunftsgeschichte des Gemäldes nicht eindeutig belegt werden.
Wegen der gegensätzlichen Fallsicht kamen wir mit den anspruchstellenden Erbinnen und Erben überein, die Beratende Kommission für die Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter, insbesondere aus jüdischem Besitz (Beratende Kommission) anzurufen.
Aufgabe der Beratenden Kommission ist es, bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den heutigen Besitzerinnen und Besitzern sowie den ehemaligen Eigentümerinnen und Eigentümern von Kulturgütern bzw. deren Erben zu vermitteln, wenn dies von beiden Seiten gewünscht wird. Sie kann eine ethisch begründete Empfehlung zur Lösung des Konflikts aussprechen.
Diese Kommission hat unter Vorsitz der ehemaligen Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Professor Dr. Jutta Limbach, den Fall am 19. März 2013 behandelt und am 9. April 2013 die Empfehlung ausgesprochen, das Gemälde an die Erben von Alfred Flechtheim zurück zu geben.
Mit Ratsbeschluss vom 30. April 2013 wurde das Gemälde an die Erben nach Alfred Flechtheim restituiert.
Sechs Zeichnungen aus der Sammlung Alfred Flechtheim
Mit Beschluss des Rates vom 17. Dezember 2013 wurden sechs Zeichnungen von Carl Hofer, Paula Modersohn-Becker, Ernst Barlach, Aristide Maillol und Wilhelm Morgner zurückgegeben. Die erbberechtigten Nachfahren nach Alfred Flechtheim erklärten sich bereit, die Zeichnungen als Dauerleihgabe im Museum Ludwig zu belassen.
Alfred Flechtheim war ein bedeutender Kunsthändler und Kunstsammler, der von den Nationalsozialisten als Jude und als prominenter Vertreter der modernen Kunst verfolgt wurde. Im Frühjahr 1933 musste er den Geschäftsbetrieb seiner Düsseldorfer Galerie einstellen.
Alfred Flechtheim emigrierte 1933 über Paris nach London, wo er 1937 im Alter von 59 Jahren starb. Seine Frau Betti Flechtheim nahm sich 1941 angesichts ihrer bevorstehenden Deportation das Leben.
Der Kölner Rechtsanwalt Dr. Josef Haubrich hatte die sechs Werke im Jahre 1934 in der Düsseldorfer "Galerie Alex Vömel" erworben, die Vömel im Frühjahr 1933 in den bis dahin von der Galerie Flechtheim genutzten Räumen eröffnet hatte.
Mit den Räumen übernahm Alexander Vömel auch einen Teil der Kunstwerke der Galerie Flechtheim und der Privatsammlung Alfred Flechtheims. Wie die Karteikarten der Sammlung Haubrich belegen, gehörten auch die sechs grafischen Werke ehemals zur Privatsammlung Alfred Flechtheims. Im Jahre 1946 gelangten die Werke mit der Stiftung Haubrich in das Wallraf-Richartz-Museum und hiernach in das 1976 gegründete Museum Ludwig.
Vor diesem Hintergrund bewertete der Rat der Stadt Köln die sechs Zeichnungen als NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut und beschloss am 17. Dezember 2013 die Rückgabe an die Erben. Wir sind der Erbengemeinschaft dankbar, dass die Zeichnungen als Dauerleihgabe im Museum Ludwig verbleiben.
Fünf Zeichnungen aus der Sammlung Professor Curt Glaser
Mit Beschluss des Rates vom 17. Dezember 2013 wurden fünf Zeichnungen von Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel und Georg Kars aus dem Museum Ludwig zurückgegeben. Wir konnten anschließend diese Kunstobjekte für das Museum zurück erwerben.
Professor Dr. Curt Glaser, sowohl Mediziner als auch Kunstsammler und prominenter Kunsthistoriker, war im Jahr 1924 zum Direktor der Staatlichen Kunstbibliothek Berlin ernannt worden. Mit Machtantritt der Nationalsozialisten wurde er aufgrund seiner jüdischen Abstammung zum Verfolgten. Im September 1933 erfolgte seine Zwangspensionierung. Vorab war er als von den Nationalsozialisten unerwünschter und verfolgter jüdischer Museumsdirektor bereits vor Erlass des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom Amt des Direktors der Kunstbibliothek beurlaubt worden.
Mit dem Verlust seiner Anstellung und der Verfolgung durch die Nationalsozialisten hatte Professor Curt Glaser in Nazi-Deutschland weder eine berufliche noch eine persönliche Zukunft.
Im Juni 1933 emigrierte er über Zwischenstationen in Frankreich, der Schweiz, Italien und Kuba letztendlich in die USA, wo er 1943 in Lake Placid, New York, starb.
Bevor er Deutschland verlassen musste, hatte er in zwei Auktionen im Mai 1933 große Teile seiner umfassenden Kunst- und Grafiksammlung, seiner Wohnungseinrichtung sowie seiner Kunstbibliothek bei den Auktionshäusern Internationales Kunst- und Auktionshaus GmbH (9. Mai 1933) und Max Perl (18./19. Mai 1933) versteigern lassen müssen - auf letztgenannter Auktion auch die fünf Zeichnungen. Josef Haubrich erwarb die Zeichnungen, die 1946 als Stiftung in die Sammlung des Wallraf-Richartz-Museums gelangten und sich seit 1976 im Museum Ludwig befinden.
Vor diesem Hintergrund bewertete der Rat der Stadt Köln die sechs Zeichnungen als NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut und beschloss am 17. Dezember 2013 die Rückgabe an die Erben. Wir sind der Erbengemeinschaft dankbar, dass man sich auf die Zahlung einer angemessenen Entschädigung einigen konnte und die Zeichnungen im Museum Ludwig verbleiben.
Narcisso Virgillo Diaz de la Peña: "Blumenstrauß"
Der Rat der Stadt Köln hat am 10. Mai 2016 beschlossen, das Ölgemälde "Blumenstrauß" von Narcisso Virgillo Diaz de la Peña aus dem Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud an die Erben nach Felicia Lachmann-Mosse und nach Walter Westfeld zu gleichen Teilen zu restituieren.
Im Juli 2013 stellten die Vertreter der Erben nach Walter Westfeld einen Antrag auf Herausgabe des Blumenstillleben des spanischen Künstlers. Das Werk war 1960 als Teil einer Stiftung in die städtische Sammlung gelangt. Wie sich bei den umfangreichen Forschungen herausstellte, war das Gemälde nicht nur dem jüdischen Kunsthändler Walter Westfeld, sondern bereits zuvor der von den Nationalsozialisten verfolgten Familie Lachmann-Mosse verfolgungsbedingt entzogen worden.
Ursprünglich gehörte das Werk zur Kunstsammlung des bekannten Berliner Verlegers Rudolf Mosse und ging nach dessen Tod 1920 auf seine Adoptivtochter Felicia Lachmann-Mosse, verheiratet mit Hans Lachmann-Mosse, über. Aufgrund ihrer jüdischen Herkunft und als Eigentümer des liberalen "Berliner Tagesblattes" waren sie Opfer des Nationalsozialismus. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten setzten Verfolgungsmaßnahmen gegenüber Hans und seiner Frau Felicia ein.
Durch Eingreifen des Berliner Polizeipräsidiums und anderer staatlicher Stellen des Nationalsozialismus wurden sie gezwungen, ihr Vermögen in eine Stiftung umzuwandeln. Diese sollte die Rudolf Mosse Handelsgesellschaft verwalten und die Forderungen der Gläubiger befriedigen. Nach der erzwungenen Übertragung der Generalvollmacht an die Stiftung am 15. April 1933 floh das Ehepaar Lachmann-Mosse aus Deutschland. Das Verlagshaus wurde gleichgeschaltet und zerschlagen. Am 29. Mai 1934 wurde im Berliner Auktionshaus Rudolf Lepke die Kunstsammlung Mosse versteigert, ohne dass die Familie etwas vom Liquidationserlös erhielt.
Auf dieser Auktion im Jahr 1934 erwarb der Kunsthändler Walter Westfeld das Gemälde. Aufgrund seiner jüdischen Herkunft gehörte er ebenfalls zu den Opfern des Nationalsozialismus; er ist am 23. Januar 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet worden. Als Jude war es für ihn spätestens ab Mitte der 1930er Jahre nicht mehr möglich, seine Galerie zu führen. Im Rahmen der Verfolgungsmaßnahmen wurde er wegen angeblicher Devisenvergehen inhaftiert und verurteilt. Dabei beschlagnahmte die Devisenfahndungsstelle auch seine Kunstsammlung und damit das Gemälde von de la Peña. Auf Anordnung der Generalstaatsanwaltschaft wurde es zur Sicherung der zu erwartenden Geldstrafe am 12./13. Dezember 1939 beim Kölner Kunsthaus Mathias Lempertz zwangsweise versteigert. Als Stiftung gelangte das Gemälde 1960 in das Wallraf-Richartz-Museum.
Vor diesem historischen Hintergrund wurde das Restitutionsbegehren der Erbengemeinschaften als berechtigt anerkannt. In einem von Sachverstand, Respekt und Fairness getragenen Verfahren haben wir uns mit den Erben von Felicia Lachmann-Mosse und Walter Westfeld darauf geeinigt, beiden Erbengemeinschaften das Gemälde zu gleichen Teilen zu übereignen.
Adolph von Menzel: "Blick über die Dächer von Schandau"
In einem vom Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud und mit Unterstützung der Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste durchgeführten Forschungsprojekt wurden seit September 2013 sämtliche Ankäufe der Graphischen Sammlung des Wallraf-Richartz-Museums von 1933 bis 1945 untersucht. Dabei wurde bei der Zeichnung "Blick über die Dächer von Schandau" von Adolph von Menzel ein möglicher NS-verfolgungsbedingter Entzug ermittelt.
Erste Erkenntnisse zur Herkunftsgeschichte der Zeichnung wurden im Herbst 2015 im Rahmen der Ausstellung "Provenienz Macht Geschichte" einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. Ermittelt werden konnte, dass die Zeichnung ursprünglich zur Kunstsammlung des Hamburger Rechtsanwaltes Dr. Albert Martin Wolffson gehörte und als Erbe an seine Tochter Elsa Helene Cohen, geborene Wolffson, gelangte. Aufgrund ihrer jüdischen Abstammung war sie spätestens Ende der 1930er Jahre von antisemitischen Verfolgungsmaßnahmen betroffen. Frau Cohen emigrierte zusammen mit der Familie ihres einzigen Sohnes in die Vereinigten Staaten. Ihr Sohn, der Jurist Dr. Gerhard Otto Martens (früher Cohen), war bereits am 30. September 1933 mit sofortiger Wirkung und ohne Pension als Richter beim Landgericht Hamburg aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums entlassen worden.
Im Kontext dieser Verfolgungsmaßnahmen und der bevorstehenden Emigration gab Elsa Helene Cohen die Menzel-Zeichnung innerfamiliär an ihre nichtjüdische Schwiegertochter Elisabeth Linda Martens weiter, vermutlich um antisemitische Beschränkungen und Abgaben zu umgehen. Elisabeth Linda Martens verkaufte die Zeichnung am 31. Dezember 1938 an Hildebrand Gurlitt. Dieser gab das Objekt 1939 an die Galerie Gerstenberger, Chemnitz, in Kommission, wo es das Wallraf-Richartz-Museum noch im selben Jahr erwarb.
Als Ehepartnerin des nach den "Nürnberger Rassengesetzen" wegen seiner Vorfahren jüdischen Glaubens als Jude klassifizierten Dr. Gerhard Otto Martens gehörte Elisabeth Linda Martens im Sinne einer "Schicksals- und Verfolgungsgemeinschaft" zu den in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis 8. Mai 1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgten Personen. Sie verblieb bei ihrem verfolgten Ehemann, ging mit ihm in die Emigration in die USA und teilte damit dessen persönliches, wirtschaftliches und kulturelles Schicksal. Auch für Elisabeth Linda Martens und die gesamte Familie waren keinerlei Grundlagen für eine weitere berufliche und private Existenz im Deutschen Reich mehr gegeben. Es ist anzunehmen, dass der Verkauf der Zeichnung zur Finanzierung der Flucht diente.
Vor diesem Hintergrund entschied der Rat der Stadt Köln in der Sitzung vom 22. September 2016, die Zeichnung an die rechtmäßigen Eigentümer zu restituieren. Diese hatten die Provenienzforscher nach intensiven Recherchen in den Vereinigten Staaten ausfindig machen können.
Wilhelm Lehmbruck: "Macbeth V"
Im Rahmen eines mehrjährigen Forschungsprojektes am Museum Ludwig wurde unsere Provenienzforschung auf einen möglichen verfolgungsbedingten Verlust der Druckgrafik "Macbeth V" von Wilhelm Lehmbruck im Museum Ludwig aufmerksam. Wie sich bei weiterführenden Forschungen herausstellte, stand die Druckgrafik ursprünglich im Eigentum des Berliner Unternehmers Eugen Moritz Buchthal.
Geboren am 11. März 1878, war Buchthal Mitinhaber der Seeler-Hermann-Damenmäntel- und Kleiderfabrik in Berlin. Zusammen mit seiner Familie bewohnte er seit Anfang der 1920er-Jahre eine Backsteinvilla in Berlin-Westend, wo auch seine Kunstsammlung mit Werken von Emil Nolde, Otto Müller, Franz Marc, Wilhelm Lehmbruck und anderer Künstlerinnen und Künstler des Expressionismus untergebracht war.
Als Angehörige des jüdischen Glaubens gehörten die Mitglieder der Familie Buchthal zu den Verfolgten des Nationalsozialismus. Die drei Kinder emigrierten ab 1934 nach London. Im Mai 1936 veräußerte Eugen Moritz Buchthal das Wohnhaus.
Erst nach Zahlung der "Reichsfluchtsteuer" und der "Judenvermögenabgabe" konnte er 1938 ebenfalls nach London fliehen, wo er 1954 verstarb. Im Kontext von Verfolgung und Flucht begann Buchthal im Januar 1936 im größeren Umfang grafische Werke aus seiner Kunstsammlung über die Galerie Nierendorf, Berlin, zu verkaufen. Wie das Lagerbuch der Galerie ausweist, übergab er dabei die Druckgrafik "Macbeth V" von Lehmbruck am 20. Januar 1936 an Nierendorf. Dieser veräußerte das Werk vier Tage später an den Düsseldorfer Kunsthändler Alex Vömel. Von Vömel ging die Druckgrafik am 5. November 1936 an das Wallraf-Richartz-Museum über. 1976 schließlich wurde sie an das Museum Ludwig überwiesen.
In Kenntnis dieser Umstände gab die Stadt Köln die Druckgrafik aus dem Museum Ludwig im November 2019 an die Erbengemeinschaft nach Eugen Moritz Buchthal zurück.
Egon Schiele: "Kauernder weiblicher Akt"
Im Juli 2016 stellten die Erb*innen nach Doktor Heinrich Rieger einen Antrag auf Rückgabe des im Bestand des Museum Ludwig befindlichen Aquarelles "Kauernder weiblicher Akt" von Egon Schiele. Daraufhin wurde die Geschichte der Herkunft des Werkes erforscht.
Wie anhand eines rückwärtigen Sammlerstempels zu erkennen ist, befand sich das Aquarell ursprünglich im Eigentum des Zahnarztes Doktor Heinrich Rieger. Dieser hatte bereits Anfang des 20. Jahrhunderts damit begonnen, eine bedeutende Sammlung der Wiener Moderne aufzubauen, darunter 130 bis 150 Zeichnungen Egon Schieles. Nach dem "Anschluss" Österreichs am 13. März 1938 wurden Doktor Heinrich Rieger und seine Frau Bertha aufgrund ihrer jüdischen Herkunft von den Nationalsozialist*innen verfolgt und 1942 nach Theresienstadt deportiert. Heinrich wurde dort noch im selben Jahr ermordet, Bertha zwei Jahre später in Auschwitz.
Zu einem nicht bekannten Zeitpunkt gelangte das Aquarell Schieles in das Eigentum der Wiener Familie Geyerhahn, die aufgrund ihrer jüdischen Herkunft im Juli 1938 nach Brasilien fliehen musste. Walter Geyerhahn, Rio de Janeiro, veräußerte das Werk 1966 unter Vermittlung der Kunsthändler Christian Nebehay, Wien, sowie Walter Feilchenfeldt, Zürich, an den Verein "Freunde des Wallraf-Richartz-Museum". Das Werk kam auf diesem Wege in das Wallraf-Richartz-Museum und im Jahr 1976 per Überweisung in das Museum Ludwig.
Trotz intensiver Forschung konnte die Herkunftsgeschichte des Aquarells nicht eindeutig geklärt werden. Wegen der gegensätzlichen Sicht des vorliegenden Falls kamen wir mit den anspruchsberechtigten Erbenden überein, die Beratende Kommission für die Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter, insbesondere aus jüdischem Besitz (Beratende Kommission) anzurufen.
Aufgabe der Beratenden Kommission ist es, bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den heutigen Besitzer*innen sowie den ehemaligen Eigentümer*innen von Kulturgütern beziehungsweise deren Erb*innen zu vermitteln, wenn dies von beiden Seiten gewünscht wird. Sie kann eine ethisch begründete Empfehlung zur Lösung des Konflikts aussprechen.
Diese Kommission hat unter Vorsitz des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Professor Doktor Hans-Jürgen Papier, den Fall am 29. September 2020 behandelt und am 8. Februar 2021 die Empfehlung ausgesprochen, das Aquarell an die Erben von Doktor Heinrich Rieger zurückzugeben.
Dazu führte die Beratende Kommission in der Pressemitteilung aus:
Das konkrete Schicksal des Kauernden weiblichen Akts ist unbekannt. Riegers Sammlung blieb jedoch bis zum 13. März 1938 weitgehend intakt. Insbesondere Werke von Schiele gab Rieger nur in seltenen Ausnahmefällen ab. Nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises hat die Kommission deshalb den Nachweis für erbracht gesehen, dass der Kauernde weibliche Akt am 13. März 1938 noch zu Riegers Kunstsammlung gehörte und in der Folge NS-verfolgungsbedingt entzogen wurde.
Mit Ratsbeschluss vom 23. März 2021 wurde das Aquarell an die Erb*innen nach Doktor Heinrich Rieger restituiert.