Ein wichtiger Meilenstein für die Behindertenpolitik

Der Bundestag und der Bundesrat haben das „Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen" der Vereinten Nationen ratifiziert. Dieser Vertrag gilt deshalb seit dem 1. Januar 2009 auch für Deutschland. Die Politik und die Verwaltung in Deutschland sind jetzt aufgefordert, künftige Entwicklungen anhand dieses Vertrages zu überprüfen. Dies gilt auch für das Handeln auf kommunaler Ebene.

Mit dem "Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen" werden erstmals die Menschenrechte für die Lebenssituation behinderter Menschen in einem völkerrechtlichen Vertrag konkretisiert.

Grund für die Formulierung und Verabschiedung des Übereinkommens waren die Ergebnisse einer Studie im Auftrag der Vereinten Nationen. Die Studie ergab, dass die bisherigen Menschenrechtsverträge Menschen mit Behinderungen nicht ausreichend schützen und ihre besondere Menschenrechts-Situation ungenügend berücksichtigen. Dies war so, obwohl die Verträge grundsätzlich für alle Menschen gelten. Die Studie stellte fest, dass sie für Menschen mit Behinderungen häufig gar nicht umgesetzt wurden. Viele Staaten setzten nur sozialpolitische beziehungsweise gesundheitspolitische Vereinbarungen um.

Der Artikel 1 des Übereinkommens nennt deshalb als Zweck, „den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern."

Das Übereinkommen verpflichtet die Vertragsstaaten, eine andere Denkweise im Umgang mit Belangen behinderter Menschen zu entwickeln: Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderung müssen bekämpft werden. Gesetze und Sitten, die Menschen mit Behinderung benachteiligen, müssen beseitigt werden.

Das Übereinkommen erkennt das Recht behinderter Menschen auf eine umfassende Teilhabe in allen Lebensbereichen an. Hierzu gehören das Recht auf

  • ein unabhängiges Leben außerhalb von besonderen Einrichtungen
  • eine eigene Familie
  • eine Beschäftigung
  • einen angemessen Lebensstandard
  • einen sozialen Schutz
  • den gleichen Zugang zu Bildung
  • die Teilhabe am öffentlichen und kulturellen Leben
  • den Schutz vor Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch und
  • die Beseitigung der mehrfachen Diskriminierung von Frauen und Mädchen mit Behinderung

Die wohl größte Herausforderung bedeutet der Artikel 24 des Übereinkommens für das deutsche Bildungssystem. Er fordert von den Vertragsstaaten die Gewährleistung von „inclusive education" (in der englischen Fassung). In der deutschen Fassung wurde dies mit „integratives Bildungssystem" übersetzt. Zahlreiche Verbände sehen in einem „inklusiven Bildungssystem" eine wichtige Weiterentwicklung der Integration und kritisieren die Übersetzung. Unabhängig von dieser Auseinandersetzung wird das Problem deutlich: 2006 wurden von allen Kindern und Jugendlichen mit Behinderung in Deutschland nur 15,7 Prozent integrativ unterrichtet. Es bleibt deshalb viel zu tun.

Im Sommer 2007 unterzeichnete der Rat der Stadt Köln die „Erklärung von Barcelona". In Zukunft wird auch das „Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen" der Vereinten Nationen Richtschnur für die Behindertenpolitik in Köln sein.

Weiterführende Links

Linkliste zur UN-Konvention auf den Seiten vom Projekt InKö
UN-Behindertenrechtskonvention in Gebärdensprache
Nationale und internationale Dokumente
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