Pressemitteilung des Integrationsrates Köln

Die öffentliche Diskussion über die Kriminalität von Menschen mit internationaler Familiengeschichte wird in Zeiten verstärkter Zuwanderung immer präsenter. Allerdings sind die Hintergründe dieser Thematik äußerst vielschichtig und erfordern eine differenzierte Betrachtung.

In diesem Zusammenhang ist es von entscheidender Bedeutung, wissenschaftliche Erkenntnisse über die Zusammenhänge zwischen Migration und Kriminalität zu berücksichtigen. Trotz einiger Annahmen ist dieses Thema Gegenstand umfangreicher kriminologischer Studien und internationaler Debatten. Die Antworten auf Fragen nach den Auswirkungen von Einwanderungsprozessen auf das Kriminalitätsgeschehen zeigen sich auch in den Studien sehr komplex und können nicht auf einfache Ursache-Wirkungs-Beziehungen reduziert werden [1].

Der Vorsitzender des Integrationsrats, Tayfun Keltek:

Ein differenzierter Blick auf das komplexe Thema von Migration und Kriminalität ist unumgänglich. Einseitige Betrachtungsweisen und pauschale Schlussfolgerungen helfen nicht dabei, die komplexen Herausforderungen der Integration und der Kriminalitätsprävention anzugehen. Stattdessen ist eine fundierte und differenzierte Diskussion notwendig, die die Vielfalt der Migrationsprozesse und individuellen Lebenslagen berücksichtigt.

Es gibt keine einfache Formel für die Zusammenhänge zwischen Migration und Kriminalität. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass erhöhte Risiken häufig mit belastenden Lebensumständen und -erfahrungen verbunden sind. Daher ist es wichtig, die individuellen Hintergründe zu verstehen und angemessene Integrationsmöglichkeiten anzubieten.

Der Vorsitzender des Kölner Integrationsrates kritisiert die Verwendung von Kriminalitätsstatistiken zu politischen Zwecken und weist auf die Unzulänglichkeiten und Unwägbarkeiten dieser Zahlen hin. Er betont, dass die Nationalität oder ethnische Zugehörigkeit von Tatverdächtigen keine aussagekräftigen Indikatoren für Kriminalität sind [2]. Entscheidend sind vielmehr Faktoren wie Alter, Geschlecht und sozialer Status. Eine differenzierte Betrachtung der sozialen Lage ist daher unerlässlich.

Es ist wichtig zu verstehen, dass die von der Polizei erfassten Daten lediglich einen Ausschnitt der polizeilichen Arbeit darstellen und nicht zwangsläufig die tatsächliche Kriminalität widerspiegeln. Die Erfassung von Tatverdächtigen durch die Polizei bedeutet nicht zwangsläufig, dass diese Personen auch tatsächlich straffällig geworden sind [3]. Erst am Ende eines Strafverfahrens, bei einer Verurteilung, kann dies definitiv festgestellt werden.

Die Politik muss sich bewusst sein, dass die unkritische Verwendung von Kriminalitätsstatistiken bereits vorhandene Vorurteile und Ressentiments in der Gesellschaft verstärken kann [4]. Der Integrationsrat fordert daher eine transparente und verantwortungsvolle Diskussion über dieses Thema.

Quellen

[1] Walburg, C. (2018). Migration und Kriminalität – Erfahrungen und neuere Entwicklungen. Dossier Innere Sicherheit der Bundeszentrale für politische Bildung.

[2] Hestermann, T. (2019). Berichterstattung über Gewaltkriminalität: Wie häufig nennen Medien die Herkunft von Tatverdächtigen? Eine Expertise für den Mediendienst Integration. 

[3] Grundies, V. & Light, M. (2014). Die Sanktionierung der "Anderen" in der Bundesrepublik. In M.A. Niggli & L. Marty (Hrsg.), Neue kriminologische Schriftenreihe: Band 115. Risiken der Sicherheitsgesellschaft: Sicherheit, Risiko & Kriminalpolitik (S. 225 bis 239). Forum Verlag Godesberg.

[4] Inzlicht, M. & Schmader, T. (Hrsg.). (2012). Stereotype threat: Theory, process, and application. Oxford University Press.