Vom Jahr 2000 an sind in den städtischen Museen verschiedene mehrjährige Projekte zur Untersuchung der Provenienzen von Kulturgut durchgeführt worden. Ziel der Projekte ist die systematische Erforschung der Herkunft von Objekten, die vor dem 8. Mai 1945 entstanden sind und nach dem 30. Januar 1933 erworben wurden. Es gilt dabei insbesondere zu klären, ob zu ermittelnde Vorbesitzer*innen in der Zeit des Nationalsozialismus aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt waren und im maßgeblichen Zeitraum ein Vermögensverlust durch Zwangsverkauf, Enteignung oder auf sonstige Weise erfolgte.

Das Wallraf-Richartz-Museum in der Zeit zwischen 1933 und 1945

In den Jahren von 2000 bis 2003 erforschte die Kunsthistorikerin Dr. Katja Terlau im Rahmen eines von der Sal. Oppenheim-Stiftung geförderten Projektes die Herkunft von 273 Gemälden und zehn Skulpturen, die zwischen 1933 und 1945 an das Wallraf-Richartz-Museum gelangten. Neben den objektbezogenen Recherchen wurden die Institutionengeschichte und die Kontexte mit in den Blick genommen. Dazu gehörten die Personalpolitik des Museums, die Neuordnung der Galerie, die Ausstellung und Präsentation der Sammlung, Auslagerungen der Museumsbestände, die Beschlagnahmung sogenannter "Entarteter Kunst" und auch die vielfältigen Verkäufe, Tausch- sowie Ankaufsgeschäfte.

Provenienzforschung zur Sammlung Josef Haubrich

Im Zeitraum von Januar 2010 bis September 2012 untersuchte die Kunsthistorikerin Dorothee Grafahrend-Gohmert unter der Projektleitung von Dr. Julia Friedrich als Leiterin der Grafischen Sammlung die Herkunft von 144 Gemälden und Skulpturen, die über die Stiftung Josef Haubrich an das Museum Ludwig gelangt sind.  

Der Kölner Rechtsanwalt Josef Haubrich baute ab den 1920er Jahren systematisch eine Sammlung moderner Kunst auf. Haubrich war überzeugt von der Qualität dieser Kunst und erwarb auch in den Jahren 1933 bis 1945 noch etliche Werke. 1946 schenkte er seine Sammlung der Stadt Köln und baute sie mit Hilfe des städtischen Haubrich-Fonds und in Zusammenarbeit mit dem Direktor des Wallraf-Richartz-Museums Leopold Reidemeister bis zu seinem Tod 1961 weiter aus. 1976 wurde sie in das Museum Ludwig eingegliedert. Hier bildet sie bis heute einen Schwerpunkt der Kollektion.  

In dem von der Arbeitsstelle für Provenienzforschung geförderten Projekt ging es um die Erforschung der Provenienzen von 144 Gemälden und Skulpturen, die über Josef Haubrich in das Museum Ludwig gelangt sind. Das Projekt sollte außerdem dazu beitragen, Persönlichkeit und Bedeutung des Sammlers und Stifters Haubrich präziser zu erfassen und in den historischen Kontext einzubetten.  

Dorothee Grafahrend-Gohmert, die das Projekt für das Museum Ludwig durchgeführt hat, konnte bei 97 Werken einen verfolgungsbedingten Entzug ausschließen. Bei 53 Werken konnten die Provenienzen nicht lückenlos geklärt werden. Hierbei handelt es sich zumeist um Skulpturen, die in hohen Auflagen erschienen sind und nicht eindeutig identifiziert werden konnten. Diese Werke stehen nun unter besonderer Beobachtung. Möglicherweise können ihre Provenienzen in Zukunft geklärt werden.  

Die Ergebnisse des Projektes wurden im August 2012 in dem Band "Meisterwerke der Moderne – Die Sammlung Haubrich im Museum Ludwig" veröffentlicht. Zudem sind sie auf den Schildern in der Galerie vermerkt und online in der Datenbank des Museum Ludwig einsehbar.  

Datenbank des Museum Ludwig
Provenienzforschung Sammlung Haubrich

Die Neuerwerbungen der Graphischen Sammlung des Wallraf-Richartz-Museums zwischen 1933 und 1945

Von September 2013 bis Dezember 2017 erforschte die Kunsthistorikerin Jasmin Hartmann die Neuerwerbungen der Graphischen Sammlung des Wallraf-Richartz-Museums zwischen 1933 und 1945. Unter dem Direktorat Professor Dr. Otto Helmut Försters (1894 bis 1975) und der grafischen Leitung von Dr. Helmut May (1906 bis 1993) erwarb das Wallraf-Richartz-Museum in der Zeit zwischen 1933 und 1945 etwa 2.500 Zeichnungen, Aquarelle und Druckgrafiken.

Ziel des Projekts ist die Aufklärung der Erwerbungszusammenhänge dieser Objekte und die Erforschung der Sammlungs- und Institutionsgeschichte des Hauses während der Zeit des Nationalsozialismus.

Provenienzforschung - Eine Pflicht der Museumsarbeit

Die Erwerbungen der Grafischen Sammlung des Museum Ludwig 1933 bis 2015

Das Museum Ludwig in Köln beherbergt in seiner Grafischen Sammlung rund 3.000 Zeichnungen, darunter vor allem Werke des Expressionismus sowie eine Vielzahl von Arbeiten des Künstlers Pablo Picasso. Ein Teil dieser Sammlung war mit der Gründung des Museums 1976 aus dem Wallraf-Richartz-Museum überwiesen worden, ein anderer in der Folgezeit angekauft beziehungsweise dem Museum gestiftet worden.

Fast 900 vor 1945 entstandene Zeichnungen sind dem Museum im Zeitraum vom 30. Januar 1933 bis zum 31. Dezember 2015 zugegangen. Dazu zählen rund 280 in den Inventarbüchern vermerkte Ankäufe in der Zeit des Nationalsozialismus, ungefähr 360 Arbeiten aus der bedeutenden Stiftung Josef Haubrichs im Jahr 1946 und knapp 230 Erwerbungen nach 1945. Zu den Zugängen zählen Überweisungen des städtischen Wohlfahrtsamtes und des Kölnischen Kunstvereins, aber auch Ankäufe im Kölner Kunsthandel wie beispielsweise bei Andreas Becker, Alois Faust und Menna sowie auch im überregionalen Handel bei Max Perl, Berlin, oder der Galerie Großhennig in Düsseldorf.

Das Projekt sah die systematische Erforschung der Provenienzen dieser fast 900 Zeichnungen vor.

Die Erwerbungen des Kunstgewerbemuseums (heute: Museum für Angewandte Kunst Köln) 1933 bis 1940

Das Museum für Angewandte Kunst Köln ist 1888 unter dem Namen "Kunstgewerbe-Museum" durch bürgerliche Initiative gegründet worden. Nach ersten Schenkungen engagierter Sammlerinnen und Sammler erweiterte sich der Bestand bis heute auf über 250.000 Objekte, darunter Möbel und Raumkunst, Mode und Textilien, Schmuck, Porzellan, Design, Gemälde und Skulptur, Bildende Kunst des 20. Jahrhunderts, Keramik, Glas, Metallkunst, Grafik und Plakat sowie Buchkunst. Das vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderte Projekt (1. August 2020 - 31.Juli 2022) sieht die systematische Erforschung der Provenienzen der 396 Objekte im Museum vor, die zwischen 1933 und 1940 in die Sammlung gelangten.  

In diesen Zeitraum fiel unmittelbar nach dem Machtantritt durch die Nationalsozialisten die Entlassung Karl Withs (1891-1980) als Direktor des Kunstgewerbemuseums (ab 1934: Museum für Kunsthandwerk) aufgrund seines Einsatzes für die Moderne. Ihm folgte 1934 der Kunsthistoriker Rudolf Verres (1898-1945). Insbesondere die Berufung Adolf Feulners (1884-1945) zum Generaldirektor der kunstgewerblichen Sammlungen (Museum für Kunsthandwerk, Schnütgen-Museum, Museum für Ostasiatische Kunst) im Jahr 1937 war ein Versuch die städtischen Museen neu zu organisieren und als Teil der Kulturmetropole im Westen weiter aufzuwerten. Damit verbunden waren zahlreiche Ankäufe zur Erweiterung der Bestände. In diesem Zusammenhang nutzte das Museum auch die Zwangslage jüdischer Sammlerinnen und Sammler aus. So erwarb Direktor Rudolf Verres 1937 insgesamt neunzehn Fayence-Objekte beim jüdischen Sammler Igo Levi, Nürnberg. Restitutionen dieser Werke erfolgten 1953.  

Bei den insgesamt 396 zu untersuchenden Objekten handelt es sich um etwa zweihundert Werke aus dem Bereich Porzellan/Fayencen, ferner rund fünfzig Objekte aus dem Bereich Möbel, jeweils zehn aus den Bereichen Elfenbein und Edelmetall sowie fünfzig Gläser. Diese Werke, die zwischen 1933 und 1940 ans Haus kamen, sind in gattungsspezifischen Inventarbüchern erfasst worden. Sie dokumentieren die unmittelbaren Vorprovenienzen der Werke, von denen ein Teil von Kölner Bürgerinnen und Bürgern und im Kölner Kunsthandel erworben wurde. Zu nennen wären hier das Kunsthaus Lempertz, der Kunstsalon Herman Abels, das Kunst-Auktionshaus Menna sowie die Kunsthändlerin Elfriede Langeloh und der Kunsthändler Albert Loevenich.  

Ein größerer Teil stammt aus dem überregionalen Kunsthandel wie zum Beispiel von der Kunsthandlung Julius Böhler, München, und der Galerie Fischer, Luzern. Erste Forschungen zu einer Schenkung aus dem Jahr 1938 der Galerie Fischer in Luzern liegen beispielsweise vor. Hier handelt es sich um einen aufwendig gefertigten Deckelpokal mit Planetengöttern. Die Hintergründe der Schenkung und der weiteren Zugänge zwischen 1933 und 1940 gilt es, in den nächsten beiden Jahren mit dem Ziel zu überprüfen, NS-verfolgungsbedingt entzogene Objekte zu identifizieren und an die rechtmäßigen Eigentümerinnen und Eigentümer zu restituieren.

Provenienzforschung im Museum für Angewandte Kunst Köln

Die Museen der Stadt Köln und Alfred Flechtheim

Der Galerist Alfred Flechtheim (1878 bis 1937) gilt als einer der bedeutendsten Protagonisten der Kunstwelt im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Sein Wirken als Kunsthändler, sein Verfolgungsschicksal und das seiner Familie, die durch den Holocaust ermordet wurde, sind Anlass, ihn zu würdigen.

Zu diesem Zweck präsentieren 15 Museen in einem gemeinsamen Projekt jene Werke, die mit Alfred Flechtheim in Verbindung stehen. Auch die Abteilung Provenienzforschung im Kölner Dezernat für Kunst und Kultur, die für alle städtischen Museen in Fragen der Provenienz zuständig ist, stellt auf einer eigens eingerichteten Internetseite jene Objekte vor, die entweder den Namen Flechtheim in ihrer Provenienz führen oder auf sonstige Art mit ihm und seinem Wirken verbunden sind.

Diese Dokumentation bietet für interessierte Laien wie für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Möglichkeit, nicht nur das Wirken des Kunsthändlers in Köln nachzuzeichnen, sondern sich außerdem mit einer Vielzahl von Künstlern, Kunstobjekten, Kunsthändlern und -sammlern der Moderne zu beschäftigen.

Alfred Flechtheim

Die Stadt Köln ist auf vielfältige Weise mit Alfred Flechtheim verbunden: Von 1914 bis in die 1980er Jahre gelangten fast 50 Werke, die in Bezug zur Galerie Flechtheim stehen, in unsere Museen; darunter Skulpturen, Gemälde, grafische Arbeiten und Südseeobjekte. In Köln verfolgte Flechtheim bereits vor der Eröffnung der Düsseldorfer Galerie (1913) sein wichtigstes Ziel: die Förderung der französischen Avantgardekunst in Deutschland.

© Rheinisches Bildarchiv Köln

Dazu engagierte er sich 1912 bei der Organisation der bedeutenden Kölner Sonderbundausstellung und sorgte dafür, dass wichtige Leihgaben aus Paris in die Domstadt kamen. Nur wenige Monate nach der Gründung seiner Galerie in Düsseldorf vermittelte Flechtheim dem Wallraf-Richartz-Museum zwei Aquarelle, Heinrich Nauen ("Brücke", heute Museum Ludwig) und Paul Signac ("Fischerboote"). In der ersten Hälfte der 1920er Jahre wirkte Flechtheim zudem für kurze Zeit mit einer Zweigniederlassung seiner Galerie in der Schildergasse 69/73 in Köln.

Ein Teil der heutigen Bestände im Museum Ludwig, im Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud und im Rautenstrauch-Joest-Museum - Kulturen der Welt, die mit Alfred Flechtheim in Beziehung stehen, kam erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges indirekt über Dritte in die Häuser. Zu nennen wären hier die bedeutenden Stiftungen von Sammlern wie Josef Haubrich, aber auch Wilhelm Strecker und Eduard von der Heydt. Diese Bestände wurden in den letzten Jahren in verschiedenen Projekten untersucht. Im April 2013 wurde das Porträt der Tilla Durieux von Oskar Kokoschka (Museum Ludwig) aus dem Besitz des Galeristen Flechtheim auf Empfehlung der Limbach Kommission an die Erben Alfred Flechtheims restituiert.