Das Stipendium für die erste Jahreshälfte 2014 ist an die Kölner Künstlerin Tanja Goethe und das für die zweite Jahreshälfte an den Kölner Autor Selim Özdogan vergeben worden.

Die Stipendiatin und der Stipendiat 2014

Tanja Goethe

Tanja Goethe wurde 1981 in Bensberg geboren und studierte an der Kunstakademie Düsseldorf und der Städelschule in Frankfurt a.M. Als bildende Künstlerin setzt sie sich seit 2008 mit zeitbasierten Medien und deren Interaktion mit Raum auseinander. Das Medium Video setzt sie für künstlerische Untersuchungen im Zusammenhang mit Raum ein - ihrem Interesse an Fragestellungen zur Skulptur, Installation sowie Architektur und Urbanismus folgend. Von 2011 bis 2012 hat sie in Düsseldorf eine Ausstellungsreihe für junge Positionen in der Videokunst initiiert und kuratiert.

2013 erhielt sie ein Residenzstipendium für Korea. Aktuell verfolgt sie die Entwicklung zweier Projekte für Kunst im öffentlichen Raum in Essen und Köln.

Die Jury haben die hohe Qualität der bisherigen Werke von Tanja Goethe und die des vorgeschlagenen Projekts "Aktualität des öffentlichen Gartens in jahrhundertealten urbanen Strukturen" besonders überzeugt. Der große Nutzen des Istanbul-Stipendiums für die künstlerische Ausgestaltung des Projekts wie auch für dessen ortsspezifische Recherche leuchtete der Jury unmittelbar ein. Dazu sagt sie in ihrer Begründung:

Die in Köln lebende Künstlerin Tanja Goethe befasst sich seit ihrem Studium an der Städelschule Frankfurt und an der Kunstakademie Düsseldorf als Meisterschülerin von Rosemarie Trockel mit den Mikroprozessen soziokulturellen, urbanen Lebens und seinen Transformationsprozessen. Dies artikuliert sie in Interventionen und Untersuchungen vor Ort, mit denen sie die baulichen Eingriffe, Leer- und Grünflächen des Stadtgefüges kartografiert. Die Darstellung der Veränderungsprozesse dokumentiert Tanja Goethe in Installationen, Collagen, Zeichnungen und Videoarbeiten. Dabei lässt die Künstlerin performative Abläufe ihrer Interventionen sichtbar werden. Somit erinnert sie in Modellarchitekturen und Umbauten an die Aufladung kultureller Orte mit ihren realen und fiktionalen Spuren.

Für das Künstlerstipendium setzt sich Tanja Goethe mit der "Aktualität des öffentlichen Gartens in jahrhundertealten urbanen Strukturen" auseinander und spezifisch mit den historischen osmanischen Gemüsegärten an der byzantinischen Stadtmauer Istanbuls, die Gentrifizierungsmaßnahmen weichen sollen. In Interviews mit sozialen Akteuren und in zeichnerischen Kartografien wird sie die Aufmerksamkeit für den öffentlichen Raum und diese urbanen Lücken für Wildwuchs transparent werden lassen. Damit knüpft sie einerseits an ihr aktuelles Projekt über den urbanen Leerstand für Barcelona, Köln und Essen an, andererseits geht sie explizit mittels Archivrecherche, lokaler Befragung von Fachleuten und Gärtnerfamilien dem urbanen und gesellschaftlichen Wandel Istanbuls anhand einer situativen Untersuchung vor Ort nach.

Wir sagen Danke!

Wir danken den Jurymitgliedern für ihre Unterstützung:

  • Dr. Lilian Haberer (Kunsthistorisches Institut der Universität zu Köln)
  • Mischa Kuball (Professor an der Kunsthochschule für Medien Köln)
  • Dr. Gregor Jansen (Künstlerischer Leiter der Kunsthalle Düsseldorf)
  • Barbara Foerster (Kulturamtsleiterin)

Herzlichen Dank auch an alle Bewerberinnen und Bewerber

Selim Özdogan

Zur Entscheidung der Jury schreibt Stan Lafleur:

© Tim Bruening

Selim Özdogan wurde 1971 in Köln geboren, wo er bis 1994 Völkerkunde, Anglistik und Philosphie studierte und heute als freier Autor lebt. Seit 1995 schrieb er zahlreiche Romane, Erzählbände, Kurzprosa und Kolumnen, die in in- und ausländischen Verlagen (unter anderem Aufbau, Haymon) erschienen. Daneben veröffentlichte er Hörstücke im Internet. Zuletzt erschien von ihm 2013 in der Kölner Reihe rhein wörtlich "Was wir hörten, als wir nach der Wahrheit suchten", ein Band (Prosa und poetologische Überlegungen) mit Plattenkritiken über fiktive, nah bei realen Vorbildern stehende Bands, die den Soundtrack zum Leben junger Erwachsener in den Dekaden um die Jahrtausendwende bilden.

Der Jury gefiel Selim Özdogans Projektvorschlag zur türkischen Satiretradition. Im Zusammenhang mit den Gezi-Protesten, die Ende Mai 2013 begannen und seither immer wieder aufflammen, erlangte die spezielle türkische Form des Humors nicht nur eine reiche Blüte an den Hauswänden Istanbuls und anderer türkischer Städte, sondern eroberte, vor allem über die sozialen Netzwerke, auch internationale Aufmerksamkeit und Sympathien:

"Satire ist in der Türkei nicht bösartig, bissig und intellektuell, sondern im besten Sinne volkstümlich, ohne auf Stammtischniveau herabzusinken. Sie wird von einer warmen Melancholie getragen, in der auch ein gewisser Fatalismus mitschwingt. Folglich eignet sie sich nicht für einen frontalen Angriff, sondern ist eher die Möglichkeit, einem alltäglichen Irrsinn auch eine heitere Seite abzugewinnen. Gleichzeitig bietet Satire Gelegenheit Haltung zu demonstrieren."

In Istanbul möchte sich Selim Özdogan im Rahmen einer Novelle mit alter und gerade entstehender Satire in der Türkei auseinandersetzen.

Wir sagen Danke!

Wir danken den Jurymitgliedern für ihre Unterstützung:

  • Dr. Lilian Haberer (Kunsthistorisches Institut der Universität zu Köln)
  • Bettina Fischer (Geschäftsführerin des Literaturhauses Köln)
  • Mona Yahia (Stipendiatin 2013)
  • Stan Lafleur (Stipendiat 2013)
  • Barbara Foerster (Kulturamtsleiterin)

Herzlichen Dank auch an alle Bewerberinnen und Bewerber

Kontakt und weitere Informationen

Wenn Sie Kontakt zu Tanja Goethe oder Selim Özdogan aufnehmen wollen oder ebenfalls an einem Stipendium in Istanbul interessiert sind, wenden Sie sich bitte an das Referat für Bildende Kunst beim Kulturamt.

Kulturamt

Alle Informationen zu den Stipendien haben wir für Sie zusammengestellt:

Künstlerstipendien für das "Atelier Galata" in Istanbul