1.700 Jahre jüdisches Leben in Köln

Die jüdische Gemeinde der Stadt ist die älteste, die nördlich der Alpen urkundlich belegt ist. Das geht aus einem Edikt von Kaiser Konstantin aus dem Jahr 321 hervor. Über Jahrhunderte hinweg haben jüdische Einwohner*innen den Aufstieg Kölns geprägt. Und auch heute ist das jüdische Leben wieder in der ganzen Stadt sichtbar. Köln war und ist ohne das Judentum undenkbar.

Die Geschichte der jüdischen Kölner*innen beinhaltet Phasen der Anerkennung und der Ausgrenzung, der Integration und der Diskriminierung – bis zur Vertreibung und Ermordung fast der gesamten jüdischen Bevölkerung während des NS-Regimes. In unserer Gegenwart sehen sie sich wieder mit zunehmendem Antisemitismus konfrontiert.

2021 wird von Köln ausgehend in Deutschland ein großes Festjahr veranstaltet. Unter dem Titel "#2021JLID – jüdisches Leben in Deutschland" organisiert und koordiniert ein Verein von Köln aus rund tausend Veranstaltungen, die im gesamten Bundesgebiet stattfinden  – viele davon in unserer Stadt.

Heute leben in Köln etwa 5.000 Menschen jüdischen Glaubens. Im Stadtgebiet sind viele Spuren jüdischen Lebens zu sehen. Wir haben mit NS-Dok-Mitarbeiter Aaron Knappstein fünf Orte besucht. Kommen Sie online mit auf unsere Entdeckungsreise!

Veranstaltungen: 1.700 Jahre jüdisches Leben in Köln


MiQua: Museum im Quartier

Das MiQua – LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln – entsteht derzeit in und über der Archäologischen Zone vor dem Historischen Rathaus. Nach seiner Eröffnung wird das MiQua mit dem Praetorium und dem mittelalterlichen jüdischen Viertel sowie dem Goldschmiedeviertel in einem 600 Meter langen Parcours mehr als 2.000 Jahre Kölner Geschichte barrierefrei erlebbar machen.

Vom 11. Jahrhundert bis 1424 befand sich zwischen Obenmarspforten und der Kleinen Budengasse das jüdische Viertel Kölns mit seinen Wohnhäusern. Das Gemeindezentrum umfasste Synagoge, Mikwe sowie ein Backhaus, Hochzeitshaus und ein Hospital, das auch als Herberge diente. Um 1340, zum Zeitpunkt seiner größten Ausdehnung, lebten in den schmalen Gassen dieses Quartiers rund 800 Menschen bei einer Gesamtbevölkerung in Köln von 40.000 Personen.

1424 wurde die gesamte jüdische Bevölkerung gezwungen, Köln zu verlassen. Die wirtschaftliche und politische Elite der Stadt hatte entschieden, den zeitlich begrenzten Aufenthaltsvertrag, den sie mit den jüdischen Einwohner*innen geschlossen hatte, nicht zu verlängern. Für Jahrhunderte ist jüdischen Menschen danach der Aufenthalt in der Stadt nur noch für Stunden oder wenige Tage gestattet.

MiQua: Museum im Quartier

Synagoge in der Roonstraße

Die Synagoge in der Roonstraße ist heute das religiöse und kulturelle Zentrum der Synagogen-Gemeinde Köln. Als liberale Synagoge wurde das Gotteshaus Ende des 19. Jahrhunderts im neo-romanischen Stil erbaut. Es bot 1.400 Menschen Platz.

Nach der Zerstörung in der Reichspogromnacht 1938 wurde die Synagoge 1959 wieder aufgebaut. Neben dem großen Gebetssaal gibt es unter anderem auch ein koscheres Restaurant, ein Jugendzentrum und eine Mikwe (rituelles Tauchbad).

1933, zur Zeit der nationalsozialistischen Machtergreifung lebten etwa 18.000 Menschen jüdischen Glaubens in Köln. Heute sind es etwa rund 5.000.

Synagogen-Gemeinde Köln: Synagoge in der Roonstraße

Frühere Synagoge in der Glockengasse

Nach fast vierhundert Jahren des Niederlassungsverbots ist es Jüdinnen und Juden erst 1798 unter französischer Herrschaft wieder erlaubt, in Köln zu leben und zu arbeiten. 1801 leben 18 jüdische Familien in Köln. Diese gründen die erste Kölner jüdische Gemeinde der Neuzeit. Kurz darauf wird in der Glockengasse ein kleines Bethaus eingeweiht, um 1860 entsteht hier eine neue, im "maurischen" Stil erbaute Synagoge.

Heute sind dort das Opernhaus und der Offenbachplatz zu finden. Denn auch diese Synagoge wurde in der Reichspogromnacht 1938 durch Brandstiftung vollständig zerstört. Eine Gedenktafel an der Oper erinnert an das ehemalige jüdische Gotteshaus.

Bis zur nationalsozialistischen Machtübernahme gab es neben drei großen Synagogen in der Innenstadt - der der liberalen Richtung in der Roonstraße, der der konservativen in der Glockengasse und der der orthodoxen Gemeinde in der Sankt-Apern-Straße -  Synagogen in Vororten, zum Beispiel in Deutz, Mülheim und Ehrenfeld.

Museen Köln: Die Synagoge in der Glockengasse

Stolperstein für Hans David Tobar

Hans David Tobar war ein jüdischer Karnevalist, der Karnevalssitzungen veranstaltete, unter anderen mit Willi Ostermann. Er war einer der erfolgreichsten Bühnenkünstler der Stadt.

Mit der nationalsozialistischen Machtübernahme änderte sich die Situation für die Familie schlagartig. Die Engagements blieben fortan aus. Vor den Nationalsozialisten konnte er mit seiner Familie noch rechtzeitig 1939 in die USA fliehen. Er kehrte nie zurück. Ein Stolperstein erinnert in der Meister-Gerhard-Straße 5 an ihn und seine Familie.

In Köln gibt es insgesamt rund 2.400 Stolpersteine. Sie liegen dort, wo die Opfer des nationalsozialistischen Regimes vor ihrer Flucht oder Verhaftung lebten.

NS-Dokumentationszentrum Köln: Hans David Tobar

Kindergedenkstätte Löwenbrunnen

An der Sankt-Apern-Straße 29–31 befand sich von 1884 bis 1942 eines der Zentren jüdischen Lebens und Lernens in Köln. Unter anderem waren dort eine Synagoge, die Volksschule Moriah sowie das jüdische Reform-Realgymnasium Jawne.

Seit 1990 heißt der Platz nach dem letzten Direktor der Jawne, Erich-Klibansky-Platz. Dort befindet sich auch die Kindergedenkstätte Löwenbrunnen, die an die Deportation und Ermordung von über 1.100 jüdischen Kindern und Jugendlichen aus Köln während des Nationalsozialismus erinnert. Auf acht den Brunnen umlaufenden Bronzetafeln sind die Namen der Kinder und Jugendlichen verzeichnet.

Der Lern- und Gedenkort Jawne hält die Geschichte der Schule und seiner Schüler*innen lebendig.

Jawne: Informationen zur Kindergedenkstätte Löwenbrunnen