19. Mai 1924 bis 31. Dezember 1971

Chargesheimer gilt als eine der zentralen Fotografen-Persönlichkeit Kölns nach dem Zweiten Weltkrieg. Aber ihn nur als Fotografen einzuordnen, greift zu kurz. Er selbst sah sich vielmehr als Künstler und war in diesem Sinne auf vielen Feldern aktiv. Er malte, schuf Skulpturen und entwarf Bühnenbilder, aber die fotografische Arbeit zieht sich wie ein roter Faden durch sein Lebenswerk.

Eine reguläre Ausbildung hatte er nicht absolviert, sondern einige Semester in der Fotoklasse der Kölner Werkschulen und an der Bayrischen Staatslehranstalt für Lichtbildwesen verbracht. In diesen Jahren beschäftigte er sich mit Lichtgrafiken und arbeitete als Bühnenfotograf.

Seit Beginn der 1950er Jahre übernahm er auch diverse Fotoaufträge für die Werbung, eine Sparte, die er bis 1955 auch als Dozent an der Bi-Kla-Schule in Düsseldorf unterrichtete. Es folgten Ausstellungen, in denen sich ein neuer Themenschwerpunkt, die Personenfotografie, abzuzeichnen begann, der sich schließlich in einer dichten Folge von Bildbänden niederschlug.

Zahlreiche Bildbände

Von 1957 bis 1960 erschienen sieben Bücher - über Köln und das Rheinland, über das Ruhrgebiet und über Berlin -, mit denen er seinen Ruf als außergewöhnlicher Beobachter seiner Umwelt sowie seiner Zeitgenossinnen und Zeitgenossen begründete. Diese Bücher, wenn auch damals nicht immer unangefochten, gelten heute als Marksteine der Fotogeschichte. Nach diesen Erfolgen wandte er sich verstärkt dem Theater zu, schuf Bühnenbilder und führte Regie, arbeitete zugleich aber an kinetischen Objekten, den sogenannten "Meditationsmühlen". Aus seiner Tätigkeit am Theater ergab sich der Bildband "Theater - Theater" (1967) mit einem sehr unmittelbaren, untheatralischen, aber gelegentlich auch stilisierten Bild von Menschen und Situationen. Dass viele Bücher Einleitungen von namhaften Autoren erhielten, darunter Heinrich Böll und Martin Walser, zeigt die große Wertschätzung, die Chargesheimer in intellektuellen Kreisen genoss.

In seinen letzten Werken, Bildbänden über Hannover und Köln (1970), zeichnet sich ein neuer Bildstil ab, der seine Wurzeln in der Neuen Sachlichkeit hat, demgegenüber in der Wahl der Standorte und Überzeichnung der Perspektiven auch deutlich kritisches Potenzial enthält.

Diese Eigenart, verbunden mit einem gegen den Zeittrend gerichteten Festhalten am Schwarzweißmodus, kann als neue Stilstufe, aber wohl auch als Zeichen einer aufkeimenden Depression gedeutet werden. Am Jahresende 1971 schied Chargesheimer freiwillig aus dem Leben.

Umfangreiche fotografische Hinterlassenschaft

Seine umfangreiche fotografische Hinterlassenschaft wurde 1978 vom Museum Ludwig erworben. Sie besteht aus einem großen Konvolut von Abzügen, die einzelnen Buchprojekten zugeordnet werden können, sowie aus dem Negativarchiv mit veröffentlichtem und unveröffentlichtem Bildmaterial. Die Negative wurden uns zur fachgerechten Pflege und Aufarbeitung vor wenigen Jahren übergeben. Der Vergleich von Negativen und Positiven zeigt eine große gestalterische Spannweite und ist auf Eingriffe des Fotografen bei der Herstellung und Entwicklung der Prints zurückzuführen. Fast immer hat Chargesheimer Ausschnitte angefertigt und vorhandene Kontraste vertieft, um den Ausdruck zu intensivieren. Für die Bewertung des Werkes wird es daher immer wichtig sein, Negative und Positive sowie ausgewählte und verworfene Motive einander gegenüber zu stellen. Nur so kann die konzeptionelle, bildnerische und technische Breite des Schaffens erfasst und die Erforschung von Chargesheimers Werk auf einer sachlichen Ebene durchgeführt werden.

Text von Roswitha Neu-Kock
Erschienen in: Purpus, Elke: Die Kunst- und Museumsbibliothek der Stadt Köln. Die Geschichte der Bibliothek und des Fotoarchivs. Mit Beiträgen von Roswitha Neu-Kock. Essen: Klartext-Verlag 2007. ISBN 978-3-89861-787-1

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