Lage und Geschichte

Das Naturschutzgebiet Flittarder Rheinaue befindet sich im Norden von Köln westlich der Stadtteile Flittard und Stammheim. Es umfasst den Freiraum des Rheinvorlandes zwischen dem Rheindeich und dem Rheinstrom bis zur Strommitte.

In geologischer Hinsicht sind das Schutzgebiet wie auch beinah das gesamte Stadtgebiet und die Kölner Bucht durch die Ablagerungen geprägt, die am Ende der letzten Eiszeit entstanden sind. Zu dieser Zeit (vor etwa 11.700 Jahren) hat der Rhein umfangreiche Terrassenschotter aus Sanden und Kiesen abgelagert. Ausgelöst durch die Wassermengen des schmelzenden Eises erreichte der Rhein eine Breite von mehreren Kilometern. Reste der Terrassenkanten zum Beispiel der Mittelterrasse in Müngersdorf sind Zeugen hiervon.

 

Bedingungen, wie sie gegen Ende der Eiszeit geherrscht haben, treten heute nicht mehr auf. Doch auch bis in die Neuzeit hinein hat der Rhein das Leben der Menschen in Flittard und Stammheim bestimmt. Nicht selten haben Hochwasserereignisse zu weitreichenden Schäden geführt. Der Name Flittard mit seiner Bedeutung "fließende Erde" erinnert hieran. Erst mit dem Bau des Rheindeichs in den Jahren 1894 bis 1895 wurde diese Gefahr gebannt.

Heute hat der Rhein im Bereich der Flittarder Rheinaue bei Normalwasser eine Breite zwischen 290 und 420 Metern. Der Fluss ist Bundeswasserstraße und wird für die Schifffahrt genutzt. Buhnen am Rhein bewirken sowohl eine Vertiefung der Fahrrinne in Rheinmitte als auch einen verbesserten Uferschutz und fördern die Ablagerung von Material zwischen den Buhnen. Eine natürliche Dynamik ist damit insbesondere in Bezug auf die angrenzenden Auenbereiche weitgehend eingeschränkt.

Die Flittarder Rheinaue ist in ihrer aktuellen Abgrenzung und Flächengröße seit der Rechtskraft des Landschaftsplans Köln am 30. Mai 1991 Naturschutzgebiet. Davor bestand seit dem 30. Juni 1986 eine Veränderungssperre, die per Verordnung des Regierungspräsidenten Köln auf eine Unterschutzstellung hin ausgerichtet war und in das Aufstellungsverfahren zum Landschaftsplan einmündete. Diese erste Veränderungssperre umfasste flächig nur das nördliche Drittel des heutigen Schutzgebietes. Die Grenze verlief in Höhe des südlichen Endes der Hochflutrinne nordwestlich von Flittard.

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Gebietsbeschreibung

Das NSG Flittarder Rheinaue liegt zwischen größeren Industrieansiedlungen beiderseits des Rheins und Flittard und Stammheim. Die Ausdehnung in Nord-Süd-Richtung erreicht eine Länge von rund 3,3 Kilometern bei einer größten Breite von beinahe 700 Metern. Damit ergibt sich für das NSG eine Flächengröße von rund 180 Hektar.

Wesentliche und prägende Bestandteile des Schutzgebietes sind die inzwischen weitgehend als Grünland genutzten Offenlandflächen, verschiedene Laubgehölzbestände, darunter der durchgehende Auewaldstreifen unmittelbar am Rhein, der Rhein selber und ein Altwasser im Norden des Gebietes.

Der bis zur Strommitte im NSG enthaltene Rhein weist trotz der Nutzung als Bundeswasserstraße eine hohe Bedeutung für den Naturschutz auf. Innerhalb der Buhnenfelder gelegene Bereiche haben eine im Vergleich zum Hauptstrom deutlich verringerte Fließgeschwindigkeit und sind daher gut geeignet für die Fortpflanzung und die Kinderstuben des Fischbestandes im Rhein. Auch die anschließenden zum Teil vegetationslosen beziehungsweise von Rasen und Hochstaudenfluren bedecken Rohböden bieten einer Vielzahl spezifisch angepasster und daher seltener Tierarten einen Lebensraum. Das Spektrum wertvoller Lebensräume wird hier ergänzt durch den durchgängigen Gehölzstreifen mit einer Breite zwischen 30 und 150 Metern, der im Artenspektrum dem standorttypischen Silberweidenauewald nahekommt.

Im Norden findet sich ein Altwasser, dass eine Länge von rund 1000 Metern bei einer Breite von bis zu 50 Metern aufweist. Aufgrund der Lage, der Größe und der Form dieses Gewässers handelt es sich nicht um einen echten Rheinaltarm sondern um eine Hochflutrinne, die durch den Abfluss von Hochwässern in der Vergangenheit entstanden ist (Viebahn, F. u. Sell, M. 1994: Pflege- und Entwicklungsplan für das Naturschutzgebiet "Flittarder Rheinaue"). Diese Hochflutrinne ist ständig mit Wasser befüllt und beheimatet eine artenreiche Fischfauna.

© Sinje Regenbogen, Stadt Köln
© Sinje Regenbogen, Stadt Köln
© Sinje Regenbogen, Stadt Köln

Noch Mitte des 20. Jahrhunderts wurden die offenen Flächen im Rheinvorland so intensiv wie möglich landwirtschaftlich genutzt. Ackerflächen haben hierbei deutlich überwogen. Lediglich im direkten Umfeld der Hochflutrinne bestand eine Nutzung einzelner Flächen als Grünland. Auch war der Anteil an Wald und Gehölzbeständen im Gebiet deutlich geringer. Anhand der bis in das Jahr 1951 zurückreichenden Luftbilder lässt sich die Landschaftsentwicklung in den Jahrzehnten bis heute gut nachvollziehen. So wurden im Laufe der Zeit Forstparzellen (mit Pappeln) angelegt. Des Weiteren hat sich der Auewaldstreifen vergrößert. Zum Teil geschah dies durch ergänzende Aufforstungen, zum Teil durch die natürliche Entwicklung von Weidengebüschen und deren anschließende Entwicklung zu waldartigen Beständen.

Heute sind nahezu alle offenen Flächen zu Grünland umgewandelt, die Unterschutzstellung einerseits und die Umsetzung der beiden Pflege- und Entwicklungspläne andererseits haben diesen Zustand befördert. Anhand dieser Entwicklung in einer Zeitspanne von 70 Jahren wird auch der Wandel der Landschaft vor Ort von der Landwirtschaft zu einer stärker auf Naturschutz, Gewässer- und Grundwasserschutz sowie Naherholung abgestellten Nutzung deutlich.

Natürlicherweise – ohne Einfluss des Menschen – würde das Gebiet ein anderes Bild zeigen. Auf den Landflächen der Flittarder Rheinaue wäre die sogenannte Hartholzaue in Form eines Eichen-Ulmenwaldes anzutreffen. Dem zum Rhein hin vorgelagert würde ein Silberweidenwald als Weichholzaue folgen. Die Abgrenzung zwischen beiden Vegetationseinheiten würde sich im Einfluss der Dynamik des Rheins durch die Höhe der Wasserstände und die zeitliche Dauer der Überflutung einstellen. Am Rheinufer selbst würden Flussröhrichte und Flutrasen zum Teil auch jeweils frisch abgelagerte offene Sand- und Kiesflächen auftreten. Dieser natürliche Zustand wäre insbesondere der intensiven Dynamik des Fließgewässers Rhein zu verdanken, wodurch gleichzeitig immer wieder Laufveränderungen auftreten und in der Rheinaue Gewässer (zum Beispiel vom Hauptlauf abgetrennte Altarme) entstehen.

Tier- und Pflanzenwelt

Die Flittarder Rheinaue erfasst einen Ausschnitt der Auenlandschaft in der rheinischen Bucht. Wesentliches Ziel für die Festsetzung als Naturschutzgebiet war das Sichern von hier natürlicherweise vorkommenden Tier- und Pflanzenarten und deren Lebensräumen. In die Zukunft gerichtet ist dieses Ziel als Wiederherstellung, Erhaltung und Verbesserung der Lebensräume zu formulieren. Hierdurch soll für die seltenen und spezifisch angepassten Tier- und Pflanzenarten ein Fortbestand am Rande der beiden Großstädte (Köln, Leverkusen) gewährleistet werden.

Entsprechende Lebensräume im Gebiet sind die Weichholz- und Hartholzauen, die Rheinwiesen als naturnahe Ersatzlebensräume von Flutrasen und Hochstaudenfluren in Auen natürlicher Dynamik sowie die Tümpel und Altwässer. Diese Lebensraumtypen sind identisch mit denen der NSG "N 1 Rheinaue Langel-Merkenich" und "N 4 Rheinaue Worringen-Langel". Beide liegen nordwestlich der Flittarder Rheinaue. Der Rhein bestimmt die Bedingungen in allen drei Gebieten, er stellt das verbindende Element dar, ist Leitlinie für den Vogelzug und eigenständiger Lebensraum für die heimische Fischfauna.

Zur Entwicklung des NSG wurden bisher 2 Pflege- und Entwicklungspläne erarbeitet, der erste 1994 (Büro Viebahn und Sell), der zweite 2013 (Büro für Ökologie, Faunistik und Umweltplanung). Als Leittierarten für das NSG Flittarder Rheinaue sind in den beiden Plänen 8 Vogelarten definiert. Exemplarisch werden dazu 2 kurz beschrieben.

Gelbspötter (Hippolytus icterina)

Der Gelbspötter ist ein verbreiteter Brutvogel des Tieflandes in Nordrhein-Westfalen mit ausstreichenden Vorkommen entlang der Bäche und Flüsse des Mittelgebirges. Allerdings zeigte sich landesweit ein moderater Bestandsrückgang ab den 1990er Jahren, so dass die Art zwischen 1997 und 2008 in der Vorwarnliste zur roten Liste NRW geführt wurde. Die rote Liste 2016 bewertet den Gelbspötter in der Großlandschaft Niederrheinische Bucht inzwischen als stark gefährdet.

Als Lebensraum bevorzugt die Art vielschichtige Waldlandschaften mit reichen Böden, einem stark aufgelockerten und sonnendurchfluteten Baumbestand sowie hohe Gebüschstrukturen. Die Habitateigenschaften finden sich vor allem in feuchten Eichen-Hainbuchen-Mischwäldern, Laubholz-Aufforstungen und in Weidenauewäldern, jedoch werden auch Friedhöfe sowie Parks und Obstgärten in Siedlungsnähe (vgl. Mildenberger 1984: Die Vögel des Rheinlandes). Als Freibrüter benötigt der Gelbspötter höhere Strauchstrukturen und Laubbaumbestände, wobei das Nest häufig in den Astquirlen jener Strukturen angelegt wird. Diese Habitateigenschaften finden sich in der Flittarder Rheinaue und angrenzenden Siedlungen zum Teil noch in guter Ausprägung.

© Anne-Marie Köhlbach

Krickente (Anas crecca)

Auch die Krickente ist in NRW als gefährdete Tierart eingestuft. Sie bevorzugt als Lebensraum flache Binnengewässer, Altarme in Flussauen sowie Sümpfe und Moore. Sie kann jedoch auch in stark bewachsenen Gräben im Grünland angetroffen werden. Wichtig ist das Vorhandensein von dichter Ufer- und Verlandungsvegetation. Die Krickente ist ein Bodenbrüter, sie legt ihr Nest meist innerhalb der dichten Ufervegetation oder unter Büschen an. In der Vergangenheit wurden Krickenten und deren Bruten in der Flittarder Rheinaue im Bereich der Hochflutrinne nachgewiesen. Der möglichst störungsfreie Erhalt dieses Altwassers ist daher Voraussetzung für das weitere Bestehen der Krickente.

Fischfauna

Die Hochflutrinne im NSG ist inzwischen weitgehend vom Wasserregime des Rheins abgekoppelt. Ein Zufluss von Rheinwasser erfolgt nur bei selteneren Hochwasserereignissen. So hat beispielsweise das Hochwasser am 05. Juni 2013, bei einem Pegelstand am Kölner Pegel von 765 Zentimeter, ausgereicht die Hochflutrinne zu durchströmen (Büro für Ökologie, Faunistik und Umweltplanung 2013).

Wenngleich keine direkte Verbindung zum Rhein besteht findet sich in diesem Stillgewässer eine artenreiche Fischfauna. Bei einer Untersuchung wurden 2015 mit Bitterling, Hecht, Karpfen, Rotfeder und Schleie fünf Fischarten festgestellt, die typisch für solche Auengewässer sind, sogenannte obligate Auenarten. Weiterhin kommen sechs fakultative Auenarten vor. Fakultative Auenarten haben ein breiteres Lebensraumspektrum wie die obligaten Arten. Sie sind ebenso typisch nutzen aber auch andere Fließgewässerlebensräume. Das gesamte Artenspektrum in der Hochflutrinne belegt die gute Qualität dieses Lebensraums.

Maßnahmen zur Entwicklung und Aufwertung des NSG

Bereits in der Vergangenheit wurden auf der Grundlage von Empfehlungen des ersten Pflege- und Entwicklungsplans verschiedene Maßnahmen umgesetzt, vor allem auf Flächen in unserem Besitz:

  • Umwandlung von Pappelforst in standortgerechte Bestände der Hartholzaue.
  • Flächige Erweiterung der Auewaldbestände und Erweiterung durch die Anlage von Waldmänteln.
  • Anlage von zwei Streuobstwiesen.
  • Anpflanzung von Kopfweiden.
  • Umwandlung von rund 12,5 Hektar Acker in Grünland.

Diese Maßnahmen sind nach Überprüfung und Aktualisierung im Rahmen der zweiten Planung 2013 fortgesetzt worden. Die Umwandlung von Acker in Grünland ist inzwischen weit fortgeschritten. Hierzu haben wir in den vergangen Jahren auf Mahdgutübertragung zurückgegriffen.

Besucherinformation

Die Zugänge in das NSG führen allen von Osten her an den Deichweg und von dort in das Gebiet. An diesen Punkten werden wir überarbeitete Informationstafeln zur Bedeutung des Schutzgebietes und zu den erlaubten Wegen aufstellen. Diese Beschilderung wird die bekannten dreieckigen Schutzgebietsschilder ergänzen.

Wegekonzept

Ähnlich wie viele rheinnahe Freiräume wird auch die Flittarder Rheinaue für die Naherholung genutzt. Für das möglichst störungsfreie Nutzen der Flächen durch den Menschen und den Erhalt der vorkommenden Lebensgemeinschaften ist eine gute Steuerung über ein Wegekonzept und eine verbesserte Erkennbarkeit der nutzbaren Wege von hoher Bedeutung. Dazu haben wir die Wege im Gebiet deutlich gekennzeichnet. Parallel dazu werden vorhandene Pfade zu den sensiblen Bereichen aus der Wegeerschließung herausgenommen.

Das müssen Erholungssuchende beachten:

Naturschutzgebiete sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete mit besonderer Bedeutung für wildlebende Tier- und Pflanzenarten. Hier sollen typischerweise vorkommende heimische Lebensgemeinschaften erhalten und gefördert werden. Sie müssen dazu vor negativen Einflüssen geschützt werden.

Helfen Sie bitte bei der Erhaltung der Natur in Köln in dem Sie:

  • auf den zugelassenen, entsprechend markierten Wegen bleiben.
  • Hunde an der Leine führen,
  • Im Naturschutzgebiet nicht reiten,
  • Lärm vermeiden,
  • keinen Müll hinterlassen,
  • nicht grillen, zelten, lagern,
  • und den Betrieb von Modellen Boote, Flugzeuge, Autos unterlassen

  Im Speziellen gilt für das NSG Flittarder Rheinaue, dass:

  • die Uferbereiche des Rheins und des Rheinaltarms nicht betreten werden dürfen,
  • Baden und Anlanden am Rheinufer nicht erlaubt sind,
  • das Füttern der Wasservögel zu unterlassen ist.

Wir bitten auch hierzu um Ihr Verständnis und Ihre Unterstützung.

Die Flittarder Rheinaue zeichnet sich aus durch ihre landschaftliche Attraktivität, die Nähe des Rheins und die gute Erreichbarkeit für die Stadtteile im Nordosten des Stadtgebiets wie auch für Teile von Leverkusen. Durch die Vermeidung von den zuvor aufgeführten Handlungen sollen die vorkommenden Lebensgemeinschaften vor Störungen bewahrt und damit ihre Erhaltung gewährleistet werden. Seltene Arten weisen vielfach sehr spezielle Ansprüche an ihren Lebensraum auf und können nicht in die umgebende Landschaft ausweichen. Solchen Arten gilt unsere besondere Verantwortung.

Genießen Sie die stille Naherholung und erfreuen Sie sich an der Vielfalt des Naturschutzgebietes.