"Ich bin dabei!"
Gestatten, mein Name ist Köhler. Horst Köhler! Nein, nicht der Zurückgetretene. Ich bin´s, der Hornhorst. Baujahr 1963, Sternzeichen Wassermann, im Aszendent Orthopäde. Körperform: athletischer Tropfen. Geboren in der Domstadt zu Trier, ehemaliger Messdiener, fanatischer Fußballliebhaber und Denkmeister aller Klassen. Ein Mann der fröhlich durch´s Leben stolpert, was vielleicht auch die bessere Art der Fortbewegung ist?!
1984, nach meinem Abitur, das ich immer noch auf eine Lücke im deutschen Bildungssystem zurückführe, wurde ich vom Familienrat zu meiner ersten intergalaktischen Mission entsendet: Ein soziales Jahr in der Werkstätte für Menschen mit Behinderung der Trierer Lebenshilfe. Zur Überbrückung meiner Orientierungslosigkeit.
Am Schlagzeug war ich schon damals ein zielstrebiger Jungspund mit Eisenfuß und dem Hang zur Weltkarriere. Aber auf die wahren Rock´n Roller traf ich erst, als ich zum ersten Mal mit geistig Behinderten musizieren durfte. Hingabe pur! Ich hatte mich bis dahin immer als extrem locker und lässig empfunden. Aber das, was ich hier in der Musikgruppe der Werkstatt für Behinderte über mich hernieder kam, wies mich deutlich in die Schranken. Die betreuten Kolleginnen und Kollegen machten beim Musizieren definitiv keine Gefangenen. Das ging ab wie die Hölle und ich kriegte ne´ rote Rübe vor Scham. Ich wurde von dieser Energieleistung völlig überrollt. Und ich sah mich außer Stande, das vorgegebene Tempo mitzugehen und mal richtig die Hosen runter zu lassen.
Wer war hier behindert? In diesem Falle definitiv ich. Emotionale Blockade. Verklemmt, bis der Arzt kommt. Wie kann man Musik so intensiv an sich ranlassen, so tief in sie eintauchen? Ich konnte es damals jedenfalls nicht, aber eins war klar: Das wollte und musste ich lernen.
Kurz um: Meine Orientierungslosigkeit war nach diesem "Erweckungserlebnis" beendet. Ich brauchte mehr davon. Mehr von diesen faszinierenden Menschen, die von Geburt an meist nur an ihren Defiziten gemessen werden. Hier steckte eine Ihrer Qualität: Im Spontanen, im Authentischen, im Gefühl. Endlich normale Menschen! Liebe Totdenker: Hier kann sich manch einer von uns eine fette Scheibe abschneiden.
Nach meinem sozialen Jahr habe ich dann Pädagogik studiert. Später arbeitete ich als Musiklehrer in mehreren Behinderteneinrichtungen und nahm die musikalische Unbekümmertheit mit auf die Bühne: Guildo Horn. Dafür ein großes Dankeschön.
Ich lache gerne und mag authentische Menschen, die das ebenfalls tun. Deshalb zieht es mich immer wieder zu meinen Wurzeln zurück.
In der Behindertenarbeit, in den Verbänden und Einrichtungen beobachte ich allzu oft, dass die Nichtbetroffenen für die Behinderten reden und entscheiden. Das geschieht natürlich nicht aus bösem Willen. Es ist vor allem bei Menschen mit einer geistigen Behinderung oder mit einer Lernschwäche schwierig, die sich zum Teil nicht genügend artikulieren können. Oder natürlich auch externer Hilfe bedürfen.
Kommen wir zur KIB 2010. Ich bin froh und stolz, dieses Jahr dabei sein zu dürfen. Hier werden Projekte belohnt, die einen wirklich inklusiven Ansatz verfolgen. Da gibt es kein behindert oder nicht behindert, sondern nur: Gemeinsam packen wir die Dinge an. Ganz im Horn´schen Sinne!
Ihr Guildo Horn