Informationen für Helfende und Betroffene
Erfahrungen von Krieg und Flucht sind ungeheure Belastungen. Oft glauben Erwachsene, dass Kinder und Jugendliche unmittelbar psychologische Betreuung benötigen, um das Erlebte zu verarbeiten.
Kinder und Jugendliche verfügen aber über enorme Selbstheilungskräfte. Diese entfalten sich am besten, wenn das Leben wieder in geordneten und sicheren Strukturen verläuft.
Hierzu gehört ganz wesentlich die Teilnahme am Schulalltag:
- Routinen und Rituale geben Halt.
- Im Kontakt mit Gleichaltrigen treten die Geschehnisse in der Heimat für einige Zeit auch mal in den Hintergrund.
- Die Zugehörigkeit zu einer Klassengemeinschaft kann, selbst bei Sprachbarrieren, viel Rückhalt bedeuten.
Hinweise zur Unterstützung:
- Vermitteln Sie den betroffenen Kindern und Jugendlichen, dass die Schule ein sicherer Ort ist.
- Seien Sie für betroffene Kinder und Jugendliche im Rahmen Ihrer Möglichkeiten als Lehrkraft da.
- Angst darf da sein, auch bei den Erwachsenen. Eigene Betroffenheit dürfen Sie zeigen.
- Verallgemeinernde Beruhigungen wie "Es wird alles gut" helfen den Betroffenen nicht!
Stattdessen sprechen Sie über Sorgen, Ängste und andere Gefühlen oder ermutigen Sie auch dazu, sich mit angenehmen und wohltuenden Dingen zu beschäftigen. - Fragen Sie: Was hat dir in früheren, schwierigen Situationen geholfen?
Sofern dies möglich ist und nicht überlastet, überlassen Sie möglichst viele Entscheidungen den Kindern und Jugendlichen selbst. Das stärkt deren Selbstwirksamkeit und gibt ihnen ein Gefühl von Kontrolle zurück, welches ihnen durch die belastende Erfahrung genommen wurde. - Insbesondere gegenüber Kindern:
Halten Sie Absprachen ein, seien Sie verlässlich. Versprechen Sie nur, was Sie auch halten können.
Informationen über mögliche Reaktionen:
- Nach außergewöhnlich belastenden Situationen sind alle Reaktionen zunächst normal - auch solche, die man nicht erwartet. Zu möglichen Reaktionen gehören Niedergeschlagenheit, Hilflosigkeit, Angst, Stimmungsschwankungen, Appetitlosigkeit, aber auch Lachen und Spielen.
- In den ersten drei Wochen nach einem sehr belastenden Ereignis wie zum Beispiel der Flucht aus der Ukraine kann ein Schockzustand herrschen. In dieser Zeit wollen die wichtigsten Grundbedürfnisse erfüllt werden: Sicherheit, ein Schlafplatz, Nahrung.
- In den nächsten vier bis acht Wochen sollten Schockzustand und ungewohnte Reaktionen langsam nachlassen, können aber nach wie vor da sein.
- Zeigen sich nach dieser Zeit weiterhin Symptome wie Wiedererleben des traumatischen Erlebnisses, Alpträume oder aber starkes Vermeidungsverhalten mit emotionaler Abgestumpftheit sowie Schlafstörungen und erhöhte Reizbarkeit, können dies Anzeichen einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) sein. Die Betroffenen leiden sehr unter der Situation und können insbesondere jetzt sehr von einer therapeutischen Unterstützung profitieren.