© Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft Köln-Bethlehem e. V./Petra Schöning

Zeitgleich zur Aufnahme der Geburtskirche in Bethlehem als UNESCO Weltkulturerbe (2012) wurde sie auf die Rote Liste des gefährdeten Welterbes aufgenommen. Aufgrund der starken Gefährdung ihrer Bausubstanz und der Kunstschätze hat schon im Jahr 2009 das Komitee für den Erhalt des Kirchenbaus (Palestinian Presidential Committee For Restauration of Nativity Church) seine Arbeit aufgenommen.

Mit Zustimmung der drei Glaubensgemeinschaften

  • Griechisch-Orthodoxe Kirche
  • Armenisch-Apostolische Kirche
  • Römisch-Katholische Kirche

wurde es von Präsident Mahmut Abbas gegründet.

Den Vorsitz hat der ehemalige Vizebürgermeister von Bethlehem Ziad Albandak inne. Zu seinen ersten Amtshandlungen gehörte im August 2009 die internationale Ausschreibung für eine Bewertungsstudie. Nach Auswertung der eingereichten Angebote erfolgte im Juni 2010 die Auftragsvergabe an ein Konsortium italienischer Universitäten und Forschungszentren unter der Leitung des Consorzio Ferrara Ricerche (CFR) mit Unterstützung durch die Community Development Group Bethlehem (CDG) vor Ort.

Die Untersuchungen der Geburtskirche durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Konsortiums dauerten von September 2010 bis Februar 2011. Ihre Ergebnisse wurden in einem umfassenden Abschlussbericht inklusive Erhaltungskonzept zusammengefasst und dem Komitee vorgelegt. Dieses ließ eine unabhängige Überprüfung des Berichts durchführen. Zudem arbeitete es an der Sicherung der notwendigen finanziellen Mittel, um im April 2013 eine internationale Ausschreibung zur Restauration des Daches und der Fenster zu starten. Der Auftrag für diese erste Arbeitsphase wurde an das italienische Unternehmen Piacenti vergeben. Die Bauleitung übernahm die CDG Bethlehem, unterstützt durch das frühere Studien-Konsortium.

Die Restaurierung begann im September 2013. Basierend auf den im Abschlussbericht festgelegten Elementen und Prioritäten wurden außerdem weitere Phasen in den laufenden Restaurierungsauftrag integriert.

Phase 1

Dach und Fenster

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Das Dach und seine Holzkonstruktion befanden sich jahrhundertelang in einem schlechten Zustand und mussten dringend restauriert werden. Die Stabilisierung des gesamten Dachaufbaus war unbedingt erforderlich, um so weitere Schäden an den kostbaren Wandmosaiken und am Putz durch Einsickern von Regenwasser zu verhindern.

Die Erledigung dieser vorrangigen Aufgabe wurde im September 2013 begonnen und konnte im März 2015 abgeschlossen werden. Sie umfasste zuerst die Restaurierung der Regenwasserablaufleitungen am Dach und der oberen Holzfenster. Zur Feststellung weiterer Schäden erfolgte darüber hinaus eine gründliche Begutachtung der baulichen Dachelemente wie Dachbinder, Pfetten, Dichtungsplatten et cetera.

Die dabei gewonnenen Erkenntnisse führten zu weiteren Instandsetzungs- und Festigungsmaßnahmen, wie dem teilweisen Austausch stark beschädigter Teile, und zur Verbesserung des Erdbebenschutzes. Dies konnte beispielsweise durch eine Erhöhung der Steifigkeit des Dachs auf gleicher Ebene sowie die Optimierung der Verbindung zwischen den Dachbindern und dem Mauerwerk erreicht werden. Das neue Dachsystem wurde außerdem so konstruiert, dass eine effektive Innenbelüftung und wasserdichter Schutz dauerhaft sichergestellt sind.

Dazu tragen auch die neu eingebauten Fenster bei. Deren UV-Schutz gewährleistet zudem die effektive Bewahrung der Mosaiken und Bindemittel vor sonnenbedingten Schäden.

Den Abschluss der Arbeiten bildete die Installation eines Absturzsicherungssystems, mit dem das Instandhaltungspersonal nun sicheren Zugang zum Dach hat.

Phase 2

Aufgrund des Erfolgs der Arbeiten in Phase 1 und großzügiger Geldspenden konnte das Restaurierungsprogramm fortgesetzt werden. Das Komitee leitete im Juni 2014 neue Maßnahmen nach der Prioritätenliste ein, die auf dem 2010 erstellten Abschlussbericht basierten. Diese Maßnahmen umfassten die Restaurierung des Narthex (Vorhalle), der hölzernen Osttüre des Narthex und der Basilika-Türen.

Narthex (Haupteingang Basilika)

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Einer der Hauptgründe für die Aufnahme der Geburtskirche auf die UNESCO-Liste des gefährdeten Welterbes war der Zustand des Haupteingangs. Diesen galt es nun in der zweiten Phase nachhaltig zu verbessern. Die dazu erforderlichen archäologischen Untersuchungen über den drei Gewölben des Narthex wurden im November 2014 mit einer umfassenden Dokumentation abgeschlossen. Darin enthalten war auch ein Lösungsvorschlag zur Festigung der beschädigten Gewölbe, der auf Grundlage folgender Untersuchungsergebnisse entwickelt worden war:

  • detaillierte Laser-Scan-Untersuchung, die den aktuellen deformierten Zustand der Gewölbe zeigt
  • Analyse der Veränderungen, die im Laufe der Zeit an den tragenden Wänden aufgetreten sind
  • Informationen aus historischen Dokumentationen
  • Tests von Mauerwerk und dessen Bestandteilen
  • numerische 3D-Simulationen des Tragwerksverhaltens

Die vorgeschlagene Lösung wurde genehmigt, die Arbeiten begannen im Juni 2015 und sind voraussichtlich bis Dezember 2015 abgeschlossen.

Osttüre des Narthex

Die Restaurierungsarbeiten für die hölzerne Osttüre des Narthex begannen im September 2014. Sie wurden begleitet von einer Dokumentation mit Digitalfotos in hoher Auflösung und diagnostischen Forschungen. Die Türe konnte sorgfältig verfestigt und von Experten für Holzrestaurierung eingehend bearbeitet werden.

Dabei kam es zu einer wichtigen Entdeckung: Der obere Teil der Türe auf der Ostseite (Innenseite der Kirche) war mit Holzbrettern verdeckt und konnte nun wieder sichtbar gemacht werden. Auf der Westseite ist durch die Restaurierung die Pracht der ursprünglichen Intarsien wieder komplett zum Vorschein gekommen.

Die Arbeiten wurden im Dezember 2014 abgeschlossen. Sowohl Besucherinnen und Besucher als auch Pilgerinnen und Pilger können die Osttüre nun wieder von beiden Seiten in ihrer beeindruckenden Schönheit bewundern.

Phase 3

Steinwände

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Zum Bau der Basilika wurden zwei Methoden angewendet:

  • Die erste besteht in der Verwendung von großen, vollkommen quadratischen Quadersteinen, die bis zu einem Meter lang und 40 Zentimeter hoch sind. Sie wurden in parallelen, horizontalen Reihen von ziemlich einheitlicher, aber nicht immer identischer Höhe verbaut.
  • Die zweite Methode besteht in der Verwendung von in etwa quadratischen Blöcken von recht bescheidener Größe, die in horizontalen und parallelen Reihen verbaut wurden. Die Lagerfugen haben eine Stärke von bis zu drei Zentimetern.

Oberste Priorität hatte die Restaurierung der Steinfassaden an den beiden Ecken sowie der Seitenschiffe, um Beschädigungen des im Bau befindlichen Bleidachs zu verhindern. Sie umfasste Reinigungsarbeiten, den Austausch von Portlandzement zum Versiegeln und den Ersatz einiger stark erodierter und verfallener Steinteile. Diese Arbeiten konnten im Februar 2015 abgeschlossen werden. Die übrigen Maßnahmen wurden verschoben, um sich bis zur Sicherung der notwendigen finanziellen Mittel auf vorrangigere Arbeiten konzentrieren zu können.

Innenwandputz

Die verputzten Flächen wiesen lockere und teilweise zusammenhängende, oberflächliche Ablagerungen auf. Diese stammten aus durchgesickertem Regenwasser vom Dach. Eine weitere Form des Verfalls stellte die Ablösung einer, mehrerer oder gar der gesamten Putzschichten dar. Zudem wurde eine Salzausblühung entdeckt.

Vor Beginn der Arbeiten zur Restaurierung des Putzes im November 2014 wurde eine thermografische Untersuchung durchgeführt. dadurch sollte sichergestellt werden, dass sich keine Mosaiken unter dem Putz befinden. Anschließend erfolgte eine umfassende Bewertung der bestehenden Schichten. Auf Grundlage der Ergebnisse konnten Karten und Werkstattzeichnungen für die Restaurierungsarbeiten erstellt werden.

Diese umfassten die Festigung der Putzschichten, den Austausch der Zementfüllungen durch Kalkputz sowie die Füllung von beschädigten oder fehlenden Teilen. Mit einer Beendigung der Putzsanierung wird bis Ende 2015 gerechnet.

Wandmosaike

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Die Mosaikflächen wurden so wie der sie umgebende Putz gleichmäßig von lockeren, teilweise zusammenhängenden Ablagerungen aus durchgesickertem Regenwasser bedeckt. Hinzu kamen teilweise Ablösungen als schwerste Form der Beschädigung. Die Restaurierungsarbeiten starteten im März 2015. Eine Expertengruppe für Mosaikrestaurierung begann mit den Untersuchungen im Kirchenschiff und führte erste Bewertungen und Tests durch. Dabei wurde auch ein neues Fragment eines Engels an der Nordwand zwischen dem vierten und fünften Fenster entdeckt. Die Reinigungsarbeiten aller Mosaiken im Mittelschiff konnten bereits beendet und zudem große Fortschritte bei ihrer Festigung erzielt werden.

Die Arbeiten im Mittelschiff werden voraussichtlich bis Ende 2015 beendet sein, die im Querschiff bis Mitte 2016.

Weitere Phasen

Die folgenden Elemente waren Bestandteil der Abschlussuntersuchung und des Analyseberichts. Es werden derzeit gezielt Maßnahmen ergriffen, um die notwendiger Gelder zur Durchführung dieser Arbeiten sowie der abschließenden Restaurierung der Steinfassaden, die in Phase 3 verschoben werden mussten, zu sichern.

Architrav (Gebälk)

Das Gebälk befindet sich über den Kapitellen der Säulen und unter den Wänden, die die beiden Seitenschiffe trennen, an der Nord- und Südseite sowie entlang der gesamten Schiffe. In Anbetracht ihrer Position spielen diese Architrave eine wichtige Rolle im gesamten Bauwerk, da sie das Gewicht des darüber liegenden Mauerwerks tragen. Zudem haben sie aufgrund der Intarsien, die noch heute sichtbar sind, eine große Bedeutung. Komplexe Analysen belegen, dass sie auf das 6. Jahrhundert zurückgehen. Die 2010 durchgeführte diagnostische Untersuchung deckte zwei besonders von Verfall betroffene beziehungsweise bedrohte Zonen der Architrave auf: eines in der Nordseite und das andere in der Südseite.

Kapitelle und Säulen

Die Kapitell- und Säulenfläche ist durchgängig von einer lockeren und teilweise zusammenhängenden oberflächlichen Ablagerung von atmosphärischen Partikeln belegt, während Risse, Mikrorisse und fehlende Teile nur an bestimmten Stellen festgestellt wurden.

Frühere Restaurierungsarbeiten bestanden aus der Füllung mit Mörtel, der Steinrekonstruktion fehlender Teile durch Verwendung desselben Bestandteils (Kalk) sowie das Nachstreichen der gemeißelten Steinkapitelle.

Farbe auf Säulen

Nach der Restaurierung von Kapitellen und Architraven sollen die Restaurierungsmaßnahmen mit der Entfernung des Schutzsystems, das auf die Säulenmalereien aufgebracht wurde, sowie der Restaurierung der Steinsäulen fortgesetzt werden. Danach werden die zusammenhängenden und lockeren Ablagerungen entfernt, die Flächen gereinigt und ungeeignete Füllungen durch besser geeignete ersetzt. Am Ende werden die Farbschichten gefestigt und fachgerecht restauriert. Jeder Restaurierungsphase gehen Tests voraus, mit denen speziell in Bezug auf Vorfestigung und Festigung, Reinigung und Füllung die am besten geeigneten Materialien und Produkte ausgewählt und die Arbeitsmethoden festgelegt werden sollen.

Steinboden

Die Steinbodenfläche weist eine lockere und teilweise zusammenhängende oberflächliche Ablagerung atmosphärischer Partikel sowie zahlreiche Risse und Lücken auf. In einigen Marmorplatten des nördlichen Querschiffbereichs sind die Risse durch von Menschen verursachte Beschädigungen besonders groß.

Bodenmosaik

© PantherMedia/Scythian

Die letzte Phase der Arbeiten betrifft die Bodenmosaiken. Der erste Schritt wird in der Entfernung von oberflächlichen Ablagerungen zusammen mit der Befestigung lockerer Mosaiksteine sein. Danach ist die Vorfestigung der Steine und des Bettungsmörtels, gefolgt von der Festigung der vorbereitenden Mörtelschichten, der Entkeimung sowie Entfernung von ungeeigneten Füllungen vorgesehen. Die Arbeiten umfassen anschließend die Reinigung und Entfernung löslicher Salze sowie zum Abschluss die neue Füllung und Biozidbehandlung mancher Bereiche. Jede Restaurierungsphase wird durch eine grafische und fotografische Dokumentation der Arbeiten belegt.

Die Offenlegung des außergewöhnlichen Mosaikbodens, der noch unter dem modernen Boden verborgen ist, wird derzeit geprüft. Dabei soll ein speziell konstruierter Glasboden eingebaut werden und die derzeit vorhandenen Marmorplatten und Holzabdeckungen ersetzen. Somit würde er sowohl für Besucherinnen und Besucher als auch für die Wissenschaft sichtbar.

Beleuchtung, Mikroklima und Feueralarmsysteme

Auf Grundlage von im Mai 2015 durchgeführten Untersuchungen wurden Pläne für Beleuchtung, Mikroklima und Rauchmeldeanlagen erstellt. Diese beinhalten die vorläufigen Standorte der Hauptkabelkanäle, die Anzahl und Position der Mikroklima-Sensoren (Lux, UV, CO2, CO und Temperatur), lineare Rauchmeldeabschlüsse und Fasern zur Wärmeerfassung, Art und Standort des Beleuchtungssystems, sowie den Daten-Logger und die Festlegung der Kommunikationsstrategie zwischen den Geräten (drahtlos - drahtgebunden).

Die Grotte

Die Grotte ist der heiligste Ort in der Kirche und befindet sich in der unteren Ebene unter dem Altar. Sie enthält den Stern, der den genauen Geburtsort angeben soll. Die Restaurierung dieser heiligen Stätte wird unmittelbar durch die Kirchen unter Berücksichtigung des Status Quo sowie in Koordination mit dem Bauleitungsteam des Komitees durchgeführt.

Informationen zum Download

Die Ausführungen zu den einzelnen Phasen der Renovierung wurden einem Faltblatt des Palestinian Presidential Committee for Restoration of Nativity Church (Palästinensischer Präsidialausschuss zur Restauration der Geburtskirche) entnommen. Er enthält unter anderem weitere Informationen zur Geschichte der Geburtskirche und steht in englischer Sprache zum Download bereit:

The Restoration of the Nativity Church Bethlehem
PDF, 3506 kb