Strategische Kooperation gegen den Fachkräftemangel

© Technische Hochschule Köln
Vertragsunterzeichnung durch Professor Dr. Klaus Becker, Petra Rinnenburger und Professor Dr. Jürgen Danielzik

Schon seit  2015 kooperieren wir eng mit der Technischen Hochschule Deutz. Mit einem zweiten Vertrag haben wir diese Zusammenarbeit 2017 ausgeweitet. Die Vereinbarung unterzeichnete Petra Rinnenburger, technische Betriebsleiterin der Gebäudewirtschaft, sowie Professor Dr. Klaus Becker, geschäftsführender Vizepräsident der Technischen Hochschule Köln. Mit dem Schulterschluss zwischen uns als städtischer Dienststelle und der Hochschule wurde eine Zusammenarbeit in der Lehre, ein regelmäßiger gemeinsamer Austausch mit gegenseitigen Netzwerkaktivitäten sowie die Erhöhung des Bekanntheitsgrades der Gebäudewirtschaft als Arbeitgeberin beschlossen. Dies soll auch dabei helfen, dringend benötigtes Personal, etwa für den Bau und den Unterhalt von Schulen für Köln zu gewinnen. 

Digitale Planung

Inhaltlich arbeiten wir seitdem auch auf dem Gebiet der Digitalisierung der öffentlichen Bauwirtschaft zusammen. Hier kann Köln eine Vorreiterrolle einnehmen. Es geht insbesondere um die Entwicklung und Anwendung der so genannten "Building Information Modeling"-Methode (BIM), die einen wesentlichen Baustein in der Kooperation darstellt. BIM dient mit dem Einsatz von Software der optimierten Planung sowie der Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden und sonstigen Bauwerken. Mit diesem Instrument werden alle wichtigen Daten des Bauwerks digital erfasst. Die Informationen dienen als Datengrundlage - von der Planung über die Realisierung bis hin zum Betrieb und der Erhaltung von Bauwerken.  

An der Technischen Hochschule Köln befasst sich Professor Doktor Jürgen Danielzik in seinem Lehrgebiet "Baubetrieb, Bauwirtschaft und Baumanagement" an der Fakultät für Bauingenieurwesen und Umwelttechnik seit mehr als 15 Jahren mit dem Thema BIM. Die Gebäudewirtschaft setzt bei der Planung, Ausführung und Bewirtschaftung ihres Immobilienbestandes künftig auf dieses Verfahren und treibt damit auf lokaler Ebene eine Entwicklung voran, die die Bundesregierung als strategisches Ziel definiert hat. Die BIM-Methode soll zu effizienteren Prozessen und einer belastbareren Kostenplanung führen. 

Lernen im Echtbetrieb

Mit unserer Kooperation bauen wir die Stärken des Standortes Köln im Bereich der Digitalen Bauwirtschaft langfristig aus,

sagte Professor Dr. Klaus Becker.

Uns geht es darum, mit unserem Partner gemeinsam Ideen zu entwickeln, das an der Hochschule vorhandene Fachwissen in Lösungen in der Praxis zu übersetzen und das gemeinsame Wissen insbesondere für die Kölner Stadtgesellschaft wirksam zu machen,

so Becker weiter. Petra Rinnenburger spricht von einer "klassischen Win-Win-Situation":

Die Studierenden analysieren, erforschen und entwickeln in ihren Arbeiten innovative Ansätze, deren Ergebnisse direkt dem Bau und dem Unterhalt unserer Schulen, Kindergärten und Verwaltungsgebäude dienen. Sie entwickeln Projekte und Ideen nicht für die Schublade, sondern für den Echtbetrieb und damit für die tatsächliche Anwendung.

Nach der bereits bestehenden Kooperation mit der Fakultät für Anlagen-, Energie- und Maschinensysteme gibt es durch die neue Kooperation nun auch eine Partnerschaft mit der Fakultät für Bauingenieurwesen und Umwelttechnik - im Sinne des Technologie- und Wissenstransfers in beiderseitigem Interesse. Die Studierenden bekommen früh und begleitet von erfahrenen Profis einen anschaulichen Praxisbezug. Gleichzeitig lernen sie die Attraktivität eines Arbeitgebers wie uns kennen.

Wir bewirtschaften nicht nur 266 Schulstandorte, 81 Verwaltungsgebäude, 77 Kindergärten, 68 Aufbauten auf Grünflächen sowie 23 Kulturbauten. Wir planen und führen Gebäudetechnik- sowie Hochbaumaßnahmen aller Art einschließlich der Architektur- und Ingenieurleistungen aus. Damit sind wir wie viele Bauherren im öffentlichen Dienst ein Servicedienstleister rund um die Immobilie.

Das ist eine Tatsache, die den wenigsten Studierenden in technischen Bauberufen bekannt ist,

so Petra Rinnenburger. Die Diplom-Ingenieurin und Architektin hat selbst in Saarbrücken studiert und viele Jahre eigenverantwortlich für große, öffentliche Auftraggeber gebaut, bevor sie 2012 zur Gebäudewirtschaft kam. 

Gemeinsame "digitale Sprache" für Heizungs- und Lüftungsanlagen

Bereits seit 2015 absolvieren Studierende der Technischen Hochschule Köln unter der Leitung von Professor Dr. Jochen Müller von der Fakultät für Anlagen, Energie- und Maschinensysteme im Bereich Lehre ihre Praxisphasen in unserer Abteilung für Energiemanagement. Oder sie analysieren in Bachelor- oder Masterarbeiten Optimierungspotenziale von technischen Gebäudeausrüstungen im Bereich Gebäudeautomation und Instandhaltungsmanagement, die von unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern betreut und an realen Gebäuden der Stadt durchgeführt werden. In Forschungsprojekten untersuchen Studierende für uns bestimmte Innovationen am Markt. So wurde 2016 unter anderem eine Prüfstelle zur automatischen Überprüfung von Automationskomponenten für den Einsatz in städtischen Gebäuden entwickelt.

Hier werden Standardanforderungen, die die Gebäudewirtschaft etwa im Bereich Energieleitlinien formuliert hat, automatisiert an neuen Systemen überprüft, wie etwa an Steuerungs- und Regelungssystemen, die das Zusammenspiel von Lüftungs- und Heizungstechnik in Gebäuden automatisieren. Um reibungslos miteinander zu funktionieren, müssen die Systeme, die oft von verschiedenen Herstellern stammen, eine gemeinsame digitale "Sprache" sprechen.

Dazu werden die unterschiedlichen Sprachen an der gemeinsamen Schnittstelle automatisch übersetzt",

so Petra Rinnenburger.

Nahezu alle technischen Einbauten kommunizieren inzwischen ja elektronisch miteinander. Da wird nichts mehr von Hand geschaltet. Programmfehler, die eine Fehlfunktion der Lüftungs- und Heizungsanlagen verursachen, fallen häufig erst im Betrieb des Gebäudes auf. Das führt dazu, dass es mitunter das ganze erste Jahr der Nutzung dauert, bis das Gebäude komplett eingesteuert ist. Durch automatisierte Prüfverfahren, die gemeinschaftlich mit der Technischen Hochschule entwickelt werden, können diese Fehler schneller entdeckt und behoben werden.  

Ingenieurmangel am Bau verschärft sich

© Stadt Köln/Castenow/Design Studio d_bilk

Mehr als 660 Menschen in Voll- und Teilzeit sind bei der Gebäudewirtschaft beschäftigt. Es sind aber immer noch viele Stellen vakant, vor allem im Ingenieurbereich.

Gesucht werden Bewerber*innen aus den Fachrichtungen Architektur und Bauingenieurwesen, Technische Gebäudeausrüstung und Elektrotechnik für die Abteilung Objektmanagement sowie Architektur beziehungsweise Bauingenieurwesen für den Bereich der Projektleitung und Projektsteuerung, in den beiden Abteilungen zuständig für das Bauprojektmanagement.

Der Mangel an Ingenieur*innen ist kein Problem nur der Stadt Köln. Alle Kommunen und die private Wirtschaft ebenso wie der Verein Deutscher Ingenieure beklagen eine Verschärfung des Fachkräftemangels in diesem Bereich. Dies stellt angesichts der weiter "wachsenden Metropole" Köln mit drohendem Schulbaunotstand und anderen immer größeren baulichen Anforderungen, auch im kulturellen Bereich, eine besondere Herausforderung, aber eben auch eine Chance dar - nicht nur für Ingenieur*innen und Architekt*innen.

Der öffentliche Dienst kann vielfach nicht so viel zahlen wie die freie Wirtschaft. Dafür haben auch junge Bewerber*innen, begleitet im Rahmen eines Mentoring-Programms in unserem Haus, die Chance, sehr schnell und sehr umfang- und abwechslungsreiche Großprojekte von A bis Z verantwortlich zu betreuen. Familienfreundliche Rahmenbedingungen und flexible Arbeitszeiten sind zwei weitere Pluspunkte, die die Studierenden in der Kooperation ebenfalls kennenlernen. Über die Grenzen Kölns hinaus bieten wir seit dem 1. August 2018 Studienplätze für einen praxisintegrierten Studiengang im Bauingenieurwesen (Bachelor of Engineering) an.

Praxisintegrierter Studiengang Bauingenieurwesen der Gebäudewirtschaft