14. Dezember 2017, Köln

Mit den Auswirkungen des Wandels von Klima, Demografie und Technologien werden schon heute gesellschaftliche, ökologische und wirtschaftliche Veränderungsnotwendigkeiten für unsere Städte erkennbar. Insbesondere ihre Infrastrukturen bedürfen einer ökologisch motivierten Transformation – einer Neurausrichtung also, die über eine bloße Modernisierung hinausgeht und entsprechend aktiv von den städtischen Institutionen gestaltet werden muss.

Das Symposium behandelt die Fragen, wie die kommunale Selbstverwaltung vor diesem Hintergrund als Fundament einer bürgernahen Daseinsvorsorge langfristig gesichert werden kann und wie sich dabei aus der Finanzperspektive Wege zur umfassenden Nachhaltigkeit von Städten aufzeigen lassen.

Agenda
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Intro (Deutsch)

Die Transformation selbst ist ein umfassender und langfristiger Prozess, der einer Strukturierung und Organisation bedarf. Um die komplexen Herausforderungen anzugehen, die mit einem so umfassenden Prozess verbunden sind, ist ein integrierter Ansatz im „Konzern Stadt“ erforderlich. Stadtentwicklungspolitik und strategische Finanzpolitik sind hier die zentralen Aktivitätsfelder, in denen innovative Lösungen im Verbund mit den Beteiligungsunternehmen erarbeitet werden müssen. Zudem gilt es, dabei die Einbettung der Kommunen in das europäische Mehrebenensystem zu berücksichtigen.

Die Stadt Köln hat im Modellprojekt „Leistungsfähige Infrastruktur generationengerecht finanziert“ gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) und dem Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstitut an der Universität zu Köln (FiFo) einen solchen integrierten Ansatz für eine strategische Infrastruktur- und Finanzplanung entwickelt. Nicht nur diese konkreten Projektergebnisse haben Anlass für einen diskursiven Austausch in der breiteren Fachöffentlichkeit gegeben. Gerade mit Blick auf eine Verbreiterung, Weiterentwicklung sowie den Transfer und möglichen Austausch zwischen ähnlich gelagerten Ansätzen, diente das Symposium „Integrierte Infrastruktur- und Finanzplanung in Zeiten urbaner Transformation“ als Forum, um ins Gespräch zu kommen, wie sich aus der Finanzperspektive Wege zur fiskalischen, ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit der Stadt aufzeigen lassen, um so die kommunale Selbstverwaltung als Fundament einer jeden bürgernahen Daseinsvorsorge langfristig zu sichern.

Die Stadt Köln und die Stadtwerke Köln GmbH sowie die wissenschaftlichen Projektpartner, Difu und FiFo sind gemeinsam Veranstaltende des Symposiums.
Dank gilt der NRW.BANK, Anstalt des öffentlichen Rechts, sowie der DEG - Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH für die Unterstützung der Veranstaltung.

Intro (English) : Conference „Integrated Infrastructural and Financial Planning in Times of Urban Transformation”

Cities have always been places of constant change. With the effects of the "glocal" megatrends such as climate, demographic, and technological change, challenges such as social, ecological, and economic adaptation are noticeable today. These challenges can hardly be overcome with traditional measures. In the medium and long term, the urban infrastructure needs to undergo a transformation – an ecologically motivated system change that goes beyond mere modernisation. This process must be actively managed by cities’ governments.

How can such an extensive process be initiated and organized? In order to address the complex problems an integrated approach is required. Especially in Germany, a close cooperation of cities’ administrations and their public enterprises is key. Urban development policy and strategic financial planning are the two central fields of activity in which innovative and sustainable solutions must be developed. In addition, the integration of municipalities into the European multi-level system must also be taken into account.

In the project “Leistungsfähige Infrastruktur generationengerecht finanziert” ("Resilient Infrastructure Intergenerationally Fair Financed") the City of Cologne has developed an integrated approach for strategic infrastructural and financial planning. This project was realised in collaboration with the German Institute for Urban Affairs (Difu) and the FiFo Institute for Public Economics at the University of Cologne (FiFo). It is not only the concrete project results that have initiated a discursive exchange of ideas among the wider professional public. Moreover, the symposium "Integrated Infrastructural and Financial Planning in Times of Urban Transformation" served as a forum for discussion, especially regarding the further development of the project itself, its transferability as well as the exchange with similar approaches.

From a financial perspective, how can we contribute to ecological, social, economic and fiscal sustainability of cities and secure a strong local government – the foundation of every citizen-oriented public service – in the long term.
The City of Cologne and the Stadtwerke Köln GmbH as well as the research partners, Difu and FiFo, jointly hosted the symposium. We would like to thank NRW.BANK and DEG for supporting this event.

gemeinsam veranstaltet durch:

© Stadt Köln

unterstützt durch:

Begrüßung und Grußworte

Begrüßung Bruno Wenn (Sprecher der Geschäftsführung, DEG - Deutsche Investitions-und Entwicklungsgesellschaft mbH)
Grußwort Gabriele C. Klug (Stadtkämmerin Stadt Köln)
Grußwort Dr. Dieter Steinkamp (Sprecher der Geschäftsführung, Stadtwerke Köln)
Video Bruno Wenn Video Gabriele C. Klug Video Dr. Dieter Steinkamp

Kölner Projekt: Einführung in die Thematik

Dr. Henrik Scheller (Teamleiter Finanzen, Difu)
Dr. Michael Thöne (Geschäftsführender Vorstand, FiFo)

Dr. Henrik Scheller (Difu) und Dr. Michael Thöne (FiFo)

Einleitung:  

Kommunale Finanz- und Infrastrukturpolitik ist dann nachhaltig, wenn sie nicht nur einen Ausgleich zwischen ökonomischen, fiskalischen, sozialen und ökologischen Interessen, sondern auch zwischen heutigen und künftigen Generationen erreicht. Mit Blick auf die tiefgreifenden und bleibenden Risiken der Daseinsvorsorge wie dem Wandel von Klima, Demografie, Technologie und eine zunehmend unstete wirtschaftliche Entwicklung wie auch die Urbanisierung selbst zeigt sich die Herausforderung, der sich insbesondere Städte gegenüber sehen. Die Gewährleistung einer an den Bedürfnissen der jetzigen und künftigen Generationen ausgerichteten resilient und robust strukturierten Daseinsvorsorge einschließlich ihrer Finanzierung stellt eine Kernaufgabe der Stadt Köln und ihrer Beteiligungen dar.

Die Stadt Köln hat gemeinsam mit der Stadtwerke Köln GmbH das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) und das Finanzwissenschaftliche Forschungsinstitut an der Universität zu Köln (FiFo) beauftragt, ein integriertes und bereichsübergreifendes Konzept zur Unterstützung der Planung, Realisierung und Finanzierung einer leistungsfähigen und nachhaltigen Infrastruktur im „Konzern Stadt Köln“ – also der Stadt mit ihren Beteiligungen – zu entwickeln.

Ziel ist es insbesondere, die langfristig zu erwartenden Infrastrukturbedarfe und die dafür voraussichtlich erforderlichen Investitionen abzuschätzen und mit der finanziellen Leistungsfähigkeit des „Konzerns Stadt Köln“ im Rahmen einer Tragfähigkeitsanalyse in Bezug zu setzen. Die dafür entwickelten Schätzmodelle bieten darüber hinaus die Möglichkeit, mögliche Entwicklungspfade in Szenarien abzubilden und damit die zu erwartenden finanziellen Auswirkungen strategischer Entscheidungen für eine stadtübergreifende Strategiediskussion greifbarer zu machen.

Das Instrumentarium aus Infrastrukturbedarfsschätzungen und dem Kölner Tragfähigkeitskonzept liefert einen Beitrag zur Früherkennung und Steuerung der benannten Risiken. Dies bedeutet unter anderem, dass nicht nur heutige Bedarfe bezüglich der öffentlichen Infrastruktur befriedigt werden, sondern auch zukünftige Infrastrukturbedarfe möglichst frühzeitig erkannt werden, um so – unter Berücksichtigung „glokaler“ Risiken – einen etwaigen Aus-, Um- oder Rückbau vorausschauend angemessen planen und finanzieren zu können.

 

Gemeinsame Vortragsfolien
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Block I: „Urbane Transformation“ städtischer Infrastrukturen – mitten in Europa

I-1: Notwendigkeiten und Grenzen einer koordinierten Infrastrukturplanung in Zeiten städtischen Wachstums: neue Ansätze zur Kooperation zwischen Fachverwaltungen und Beteiligungen

Dr. Jens Libbe (Difu)

Zusammenfassung:  

Für die verschiedenen urbanen Infrastrukturen, ob Mobilität, Bildung, Netze, Energieerzeugung oder Kultur lassen sich ähnliche Herausforderungen feststellen. Wandel von Klima, Demografie und Technologie zählen hierzu. Ihre langfristigen Entwicklungspfade sind aber mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. In den Neunzigerjahren waren die Energiewende und das Fortschreiten der Digitalisierung bis heute ebenso wenig absehbar wie die Entwicklung von Demografie und Migration für die jüngst zurückliegenden Jahre. Heute sind die Komplexität der Herausforderungen und die Zahl grundsätzlich möglicher Handlungsoptionen für Kommunen daher besonders hoch.

(Oft kleinräumige) Ausdifferenzierung der Infrastrukturlösungen und Integration von Infrastrukturen beispielsweise in den Bereichen Mobilität (Kopplung von klassischem ÖPNV mit Sharing-Angeboten) und Energie prägen die derzeitige Entwicklung. Für den Energiebereich ist die Wärmeversorgung ein Brennglas dieser Trends (siehe Folien). Es ist wichtig, zu realisieren, dass unter diesen Rahmenbedingungen eine strategische Infrastrukturplanung in Näherungsprozessen stetig angepasst werden muss, statt in starren Plänen gedacht werden kann.

Der Begriff „urbane Transformation“ weist daraufhin, dass für einige städtische Infrastruktursektoren radikale Umbrüche bevorstehen. Infrastrukturen dürfen heute daher nicht allein nach ihrem aktuellen Zustand (Nachholbedarfen), kommenden Ersatz- und Erweiterungsbedarfen, sondern müssen gerade auch im Lichte ihres Veränderungsdrucks beurteilt werden: während das Beibehalten des Status quo ohnehin für kaum eine Infrastruktur denkbar ist, ist die Einordnung entscheidend, ob einzelne Infrastrukturen mit moderaten Anpassungen fit gemacht werden können oder ob sie der Überführung in einen neuen Systemzusammenhang bedürfen – der Transformation. Transformationsdruck ist für verschiedene Infrastrukturen zu beobachten. Es handelt sich um tiefgreifende Wandlungsprozesse, die nur bedingt vorausschauend zu planen sind.  

Wegen dieses Mangels an Prognostizierbarkeit rücken flexible, zu stetiger Anpassung geeignete Methoden langfristiger Projektion für die urbanen Infrastrukturen in den Mittelpunkt des Interesses. Sie müssen Fach- und Finanzwirkungen wie -bedingungen in modellhaft entwickelten Szenarien möglichst gut abbilden.  

Kommunen sind mit ihren Beteiligungen als „Konzern Stadt“ die zentralen Akteure in der Transformation. Dies gilt sowohl bezogen auf die notwendige Koordination stark differenzierter Lösungen als auch mit Blick auf die Innovationsführerschaft. Beispielsweise die Erfolge der anzugehenden Wärmewende, die auf der Bundesebene ausgerufen wird, werden sich nur auf der kommunalen Ebene erarbeiten lassen, weil nur die Kommunen die Grundlagen für eine CO2- reduzierte Versorgung schaffen können. Denn sie wird sich durch kleinräumige quartiersbezogene Lösungen auszeichnen.  

Worauf kommt bei den Kommunen an? Erstens hat der beobachtbare Stellenabbau im öffentlichen Sektor in den zurückliegenden Jahren die strategischen Kompetenzen der Kommunen stark beschnitten. Kommunen benötigen heute jedoch spezifische Kompetenzen zur Koordinierung der Transformation, worauf die Verwaltungsstruktur und das vorhandene Personal vielerorts nur bedingt eingestellt sind. Die Fähigkeit zu ressortübergreifendem Denken über verschiedene Verwaltungsteile hinweg und im gesamten „Konzern Stadt“ bei Bürgerbeteiligung und bei Offenheit für neue Bündnisformen, die sich heute bspw. schon in koproduktiven Strukturen der Energiewende herausbilden, ist in den Kommunen zunehmend erforderlich – aber oft nicht ausreichend entwickelt.  

Zweitens fehlt es auf der kommunalen Ebene oftmals an strategischer Orientierung. Energiekonzepte etwa werden oft auch ohne formulierte strategische Langfristziele verfolgt. Zudem bewegen sich Kommunen gerade bei der Energiewende in Abhängigkeit der Entscheidungen der Bundesregierung, da keine eigenständigen CO2-Ziele formuliert worden sind. Kommunen erkennen zunehmend, diesen Bedarf an mehr strategischem Überbau, der auch die langfristigen finanziellen Handlungsspielräume umfassen muss.  

Eine integrierte Infrastruktur- und Finanzplanung auf städtischer Ebene bedeutet keine zusätzliche formelle Planungsebene. Es handelt sich vielmehr um ein informelles Planungsinstrument und zielt auf Verfahren der Zusammenarbeit zur übergeordneten Strategieformulierung. Austausch und Kooperation zwischen Verwaltungen und Beteiligungen im „Konzern Stadt“ ebenso wie mit der Zivilgesellschaft müssen intensiviert werden, gemeinsame Sachziele mit Blick auf die Transformation der Infrastrukturen entwickelt und Modelle erarbeitet und qualifizierte Schätzungen über die zu leistenden Investitionen angestellt werden. Darüber hinaus ist eine stärkere Verankerung technologischer Entwicklungen in den Stadtentwicklungskonzepten von Nöten.  

Kooperative Infrastrukturplanung muss unter interdisziplinärer Kooperation der Fachbereiche und unter Kenntnis der langfristigen Handlungsspielräume im „Konzern Stadt“ und mit der Stadtgesellschaft vorangetrieben werden. Es handelt sich dabei um einen dauerhaften Prozess, der den Umbau der Infrastruktur begleitet.

Vortragsfolien
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I-2: Städtische Transformationsprozesse und die Bedeutung des Finanzmarkts – Daseinsvorsorge unter verschärften Ratingbedingungen?

Dr. Jörg Hopfe (NRW Bank)

Zusammenfassung:  

Was bedeutet urbane Transformation? Einen wesentlichen Anteil wird die Ausstattung der Städte mit zukunftsgerichteter Infrastruktur haben. Die Digitalisierung ist technologisch eine, wenn nicht die prägende mehrdimensionale Rahmenbedingung. Im ihrem Kontext sind Start Ups als wirtschaftliche Motoren und günstige Rahmenbedingungen für deren Ansiedlung wesentlich. Während unter den harten wirtschaftlichen Standortfaktoren heute noch die Glasfaser-Ausstattung entscheidend ist, werden technologische Neuerungen wie das automatisierte Fahren jedoch bereits auf Nachfolgetechnologien – Stichwort 5G – basieren, die bereits in die Planungen der Städte einbezogen werden müssen. Nachhaltige Strategien müssen Städte zugleich lebenswert und gesund erhalten – neben dem hohen Eigenwert ist dies auch als softer Standortfaktor wirtschaftlich relevant. Beteiligungsmöglichkeiten für die Stadtgesellschaft werden zunehmend eingefordert.  

Die Digitalisierung ist zugleich auch eine bestimmende Rahmenbedingung und mehrdimensionale Aufgabe für die Kommunalverwaltungen. Die Öffnung der Verwaltungen für die Digitalisierung ist unumgänglich. Der lange verfolgte Prozess zur Verwaltungsmodernisierung wird daher noch anhalten müssen.  

Was ist die Lage auf dem Kapitalmarkt? Heute erleichtert die historisch hohe Liquiditätsversorgung die Finanzierung der Städte und Kommunen. Dies wird sich schon in absehbarer Zeit ändern. Strengere Ratingsysteme für Kommunen und eine allgemein stärkere Limitierung von Darlehen werden voraussichtlich die Finanzierung empfindlich erschweren. Einige Finanziers, etwa Versicherungen, dürften sich zu gewissen Teilen wieder von Städten abwenden. Öffentliche Banken, die von einer Verbundhaftung der Ebenen Bund-Land-Kommune ausgehen und einheitliche Ratings gewähren, stellen dann umso mehr eine Ausnahme auf dem Finanzmarkt dar.  

Die Anzahl der verfügbaren Finanzierungsinstrumente hat zuletzt zugenommen. Hierzu gehören Schuldscheindarlehen, die in jüngerer Vergangenheit wiederholt zwischen Kommunen und beispielsweise Versicherungsunternehmen abgeschlossen wurden. Für Anleihen und Bonds gilt dies gleichermaßen – auch in Gestalt von Green Bonds oder Social Impact Bonds. Diese Instrumente stellen auch sinnvolle Ansatzpunkte für die bevorstehenden Infrastrukturfinanzierungen in den Städten dar.  

Die vielfältigen konzeptionellen, planerischen und finanziellen Anforderungen, die sich aus der urbanen Transformation ergeben, bieten auch an, sich organisatorisch umzudenken. Finanziell muss die Einbeziehung von Privaten im Rahmen von öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) durchdacht werden. Zentral wird es auch sein, die Chancen der intrakommunalen Zusammenarbeit zu nutzen und die Aufgabenallokation innerhalb des Konzerns Stadt als Mittel einer ressourcenschonenden effizienteren Daseinsvorsorge zu begreifen. Ziel muss es sein, Aufgaben dort wahrzunehmen, wo sie am besten platziert sind. In einer konzernübergreifenden Zusammenarbeit der Kernverwaltungen mit ihren Beteiligungsunternehmen liegt gerade im Rahmen der großen Herausforderungen der urbanen Transformation zu hebendes Potenzial.

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I-3: Steuerung des „Konzerns Stadt“ – städtische Beteiligungssteuerung als kooperativer Governance-Ansatz zur gemeinschaftlichen Erfüllung des „Daseinsvorsorge“-Auftrages?

Prof. Dr. Marc Hansmann (Stadtwerke Hannover)

Zusammenfassung:  

Städte samt ihrer Beteiligungsunternehmen sind in ihren jeweiligen Regionen und darüber hinaus von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Regional steuern Städte und ihre Beteiligungen erhebliche Anteile zur regionalen Wertschöpfung bei. Mit Blick auf die Bilanzsummen der Stadtkonzerne rangieren die größten deutschen Städte neben den größten Unternehmen bundesweit.  

Die Steuerung im Konzern Stadt ist dennoch vielerorts unterentwickelt. Vor allem sind die Risiken auch größerer Beteiligungen ihren Eigentümern, den Städten, nicht ausreichend bekannt. Krisenmanagement und Ad-Hoc-Maßnahmen sind die Folge. Die Umwälzungen durch die Energiewende und die massive Konkurrenz auf Messemärkten sind zwei Beispiele, durch die die Risiken von Beteiligungsunternehmen und damit Stadtkonzernen derzeit besonders klar werden. Zurückliegende Kapitalzuführungen an Beteiligungsunternehmen in mehreren Städten machen deutlich, dass diese Risiken erheblich sind. Ein belastbares Risikomanagement muss strategisch angelegt sein.  

Neben dem Unwissen über die zentralen Risiken sind „Untersteuerung“ der Beteiligungen durch die kommunalen Eigentümer, die sich in fehlenden inhaltlichen Zielen und fehlenden Konzernstrategien, einer tendenziell unzureichenden Kontrolle durch Aufsichtsräte, einem organisatorisch und personell suboptimal aufgestellten Beteiligungsmanagement äußern. Die unternehmerische Performance der Beteiligungen und die Beiträge zur Haushaltskonsolidierung bleiben oftmals unter ihrem Potenzial.  

Beteiligungen müssen neben den finanziellen Zielen (etwa einer angemessenen Eigenkapitelverzinsung und Gewinnabführung) selbstverständlich auch Ziele für die Daseinsvorsorge, Umwelt und regionale Wirtschaft verfolgen. Gerade an der Infrastruktur wird die tragende Rolle von Beteiligungsunternehmen für die Daseinsvorsorge deutlich – etwa im Bereich der Netzinfrastrukturen. Die regionalwirtschaftlichen Zielsetzungen äußern sich beispielsweise darin, dass sich die wirtschaftlichen Tätigkeiten vieler Beteiligungsunternehmen durch eine ausnehmend geringe Konjunkturanfälligkeit auszeichnen und damit regionalwirtschaftlich stabilisierend wirken.  

Ein Erfolgsfaktor einer Good Governance im Konzern Stadt ist eine enge Zusammenarbeit des Beteiligungsmanagements mit den Geschäftsführungen der Beteiligungen. Hierbei geht es zentral auch um den Austausch zu den jeweils relevanten Risiken. Darüber hinaus müssen die Geschäftsführungen „gut“ besetzt sein, indem sie die gemeinsame Perspektive mit der Stadtverwaltung auf die Daseinsvorsorge einnehmen und zugleich die Anforderungen ihrer Märkte im Blick behalten. Es braucht belastbare Unternehmensstrategien, die durch ein personell qualifiziertes Beteiligungsmanagement inhaltlich beurteilt werden. Die Beteiligungen müssen sich auf ihre Märkte konzentrieren und dies auch „dürfen“, um Gewinne abliefern zu können. Zugleich muss der Daseinsvorsorgeauftrag und die Förderung des Gemeinwohls ebenfalls als Ziel verfolgt werden.

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I-4: Urbane Transformation aus europäischer Sicht – neue regionale und grenzüberschreitende Aspekte für die kommunalrelevante Infrastrukturplanung und -finanzierung?

Thomas Losse-Müller (Hertie School of Governance)

Zusammenfassung:  

Heutige und künftige urbane Infrastrukturbedarfe werden durch große Entwicklungslinien wie Globalisierung, den Wandel der Arbeitswelt, Demografie, Digitalisierung und Klimawandel bestimmt. Zugleich müssen Städte den Sanierungsstau beheben und den Konsolidierungsanforderungen genügen. Die Druckpunkte auf die Infrastrukturgestaltung sind heute groß.

In den Städten findet auf globaler Ebene ein fundamentaler wirtschaftlicher und sozialer Strukturwandel statt. Dieser wird durch den Wandel zur Wissensgesellschaft und die Digitalisierung angetrieben. Die Städte sind zunehmend Innovationszentren deren Cluster und Netzwerke die Grundlagen für individuelle wirtschaftliche Perspektiven bieten und fungieren als Integrationsmotoren, indem sie etwa kulturelle Funktionen weit über ihre Grenzen hinaus erfüllen. Zudem bringt die anhaltende De-Industrialisierung mit sich, dass vorhandener Kapitalstock rasant abgeschrieben werden muss.

Neben der sich dynamisierenden Urbanisierung zeigt sich die Notwendigkeit strategischer Planung auch in den Auswirkungen zurückliegender Fehlinvestitionen. Es ist heute erkennbar, dass in der Vergangenheit unproduktive Investitionen langfristige pfadgebundene Entwicklungen (Stichwort: „urban sprawl“) ausgelöst haben, die heute noch immer in erheblichem Maße die finanziellen Handlungsspielräume der öffentlichen Hand begrenzen. Das Diktum der Gleichheit der Lebensverhältnisse wird in einer digitalisierten Wissensgesellschaft nicht garantiert werden können und birgt daher die Gefahr einer Fortsetzung solcher Fehlinvestitionen. Die demografische Alterung stellt ebenfalls eine erhebliche Hürde dar, da die notwendigen Investitionen ihren Nutzen teils erkennbar nicht mehr für die betagte Bevölkerungsmehrheit entfalten dürften. Die breite Akzeptanz ist aber ein zentraler Erfolgsfaktor der notwendigen weitsichtigen Infrastrukturentwicklung.

Die Digitalisierung der Städte wird unter dem Begriff der Smart City vorangetrieben. Während oftmals Parkraumbewirtschaftung und Glasfaser im Zentrum der öffentlichen Debatten stehen, wird der zu erwartende massive Einsatz von Sensorik und dessen Folgen die Herausforderungen schon mittelfristig wesentlich erweitern. Vor allem wird auch die Entscheidung getroffen werden müssen, ob die enormen Datenmengen durch die öffentliche Hand oder Private besessen und weiterverarbeitet werden. Dies verschiebt den Infrastrukturbegriff jenseits von Beton und Glasfaser. Softwareplattformen weisen die definitorischen Eigenschaften von Infrastrukturen auf und müssen seitens der öffentlichen Hand als solche verstanden werden. Die öffentliche Hand muss hier gegenüber dem privaten Sektor Kompetenz aufholen, um Daseinsvorsorge in Zeiten der Digitalisierung gestalten zu können.

Die Konsolidierung ist in den letzten Jahren im Windschatten niedriger Zinsen und eines reduzierten Investitionsniveaus geschehen. Wenn Steuererhöhungen und neuerliche Kreditaufnahme vermieden werden sollen, dann muss die Diskussion über Betreibermodelle, Finanzierungen (ob staatlich, halbstaatlich oder im Rahmen von ÖPP oder durch Nutzer) wiederaufgegriffen werden. Hieran wird aber die Notwendigkeit einer strategischen Planung umso deutlicher.

Eine ehrliche Bestandsaufnahme ist angezeigt. Eine integrierte Infrastruktur- und Finanzplanung würde helfen eine solche ehrliche Bestandsaufnahme der Infrastruktur und ihrer Planung zu unternehmen und eine zukunftsgerichtete strategische Ausrichtung der Planung zu erarbeiten.

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Block II: Langfristige Bedarfe und Risiken – Hilft der Algorithmus? Planen, Prognosen und Projektionen

Prof. Dr. Dennis Hilgers (Johannes Kepler Universität Linz)

Dr. Carsten Colombier (Eidgenössische Finanzverwaltung, Bern)

Dr. Stefan Schneider (Moderator, Difu)

Dr. Michael Thöne (FiFo)

Kai Petersen (IKVS Interkommunale Vergleichs-Systeme)

(von links nach rechts)

 

 

Frage 1: Welche langfristigen Projektionsinstrumente gibt es in der Schweiz und ggf. welche Erfahrungen bei deren Anwendung? (Dr. Carsten Colombier) Frage 2: Welche Rolle spielt die heutige erneuerte Rechnungslegung für langfristige Projektionen? (Prof. Dr. Dennis Hilgers) Frage 3: Was zeichnet Kommunen aus, die sich auf den Weg begeben, sich mittels Kennzahlen zu vergleichen? (Kai Petersen) Frage 4: Im Kölner Schätzmodell zur finanziellen Tragfähigkeit wurden eine Vielzahl von Informationen auf eine Steuerungsgröße, die Tragfähigkeitslücke, verdichtet. Was waren die Herausforderungen den Ansatz zu entwickeln und zu erklären? (Dr. Michael Thöne) Frage 5: Warum sind langfristige Projektionen als Ansatz nicht längst Standard in den Kommunen? (Prof. Dr. Dennis Hilgers) Frage 6: Braucht es den rechtlichen, institutionellen Rahmen oder können andere Voraussetzungen bewirken, dass Kommunen zukünftig noch stärker strategisch denken? (Kai Petersen) Frage 7: Ist das Kölner Tragfähigkeitskonzept übertragbar auf andere Kommunen und welcher Voraussetzungen bedarf es? (Dr. Michael Thöne) Frage 8: Wo finden langfristige Projektionen in der Anwendung ihre Grenzen? Was sind die Erfahrungen in der Schweiz? (Dr. Carsten Colombier) Frage 9: Wie geht man bei Planungsprozessen mit dem Dilemma um, große Unsicherheit über die zukünftigen Entwicklungen zu haben, aber dennoch nicht mit Entscheidungen abwarten zu können? (Dr. Michael Thöne und Dr. Carsten Colombier)

Block III: Abschlussdiskussion: „ ... auf dem Weg zur materiellen Nachhaltigkeit“

Zusammenfassung und Ausblick

Gabriele C. Klug (Stadtkämmerin)

Zusammenfassung:

Die Veranstaltung soll als ein interdisziplinäres Forum für eine einsetzende Diskussion zur Weiterentwicklung der kommunalen Daseinsvorsorge dienen. Um die Daseinsvorsorge, die von den Kommunen mit ihren Beteiligungen als „Konzern Stadt“ geleistet wird, auf Dauer effizienter und nachhaltiger zu gestalten, müssen Fach- und Finanzplanung zukünftig noch stärker Hand in Hand gehen sowie langfristige Betrachtungen und Szenarien die Wirkungen des Budgeteinsatzes verdeutlichen.  

Die positive Resonanz auf die Veranstaltung soll genutzt werden, um die Diskussion in einem ähnlichen Rahmen schon im kommenden Jahr fortzusetzen. Zugleich wird durch das am Vortag gegründete Städtenetzwerk „Integrierte Infrastruktur- und Finanzplanung“ die Fortsetzung der Debatte auch auf der Praxisebene ermöglicht und damit der Grundstein gelegt, die Verwaltungen und öffentlichen Unternehmen in Kooperation mit Bürgerschaft, Politik und Wissenschaft fortzuentwickeln, zu öffnen und für die Zukunft zu wappnen.

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