Ein persönlicher Erlebnisbericht der Auszubildenden Laura Gräf, Auszubildende im mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst

Als ich zum ersten Mal davon hörte, einen Teil meiner Ausbildung bei einer anderen Kommune und dann auch noch im Ausland zu absolvieren, war ich direkt angetan von der Idee. Sofort stand für mich fest, dass ich diese Möglichkeit unbedingt nutzen möchte. Neben der alltäglichen Ausbildung bei der Stadt Köln wollte auch ich, wie viele meiner Vorgängerinnen und Vorgänger, einen Blick über den Tellerrand hinauswagen und meine Kompetenzen im Ausland stärken.

Die Bewerbungsphase - wo soll es hingehen?

Nach einem ersten Gespräch bekam ich den Bewerbungsbogen zusammen mit einer Liste der möglichen Partnerstädte zur Verfügung gestellt. Besonders die persönliche Motivation ein Praktikum im Ausland zu absolvieren sowie die bisherigen interkulturellen Erfahrungen standen im Rahmen der Bewerbung im Fokus.

Auch von der Ausbildungsleitung erhielt ich eine tolle Unterstützung. Ursprünglich hatte ich mir eine der Partnerstädte im englischsprachigen Ausland ausgesucht. Dass ich aber einmal für ein Praktikum nach Italien gehen würde, hätte ich mir noch vor wenigen Wochen und Monaten nicht vorstellen können. Schließlich waren meine Italienischkenntnisse mit der Zeit arg eingerostet.

Im persönlichen Gespräch, welches gemeinsam mit weiteren Bewerberinnen und Bewerbern beim Referat für Stadtförderung der Stadt Bonn stattfand, sollte herausgefunden werden, ob man die interkulturellen Kompetenzen besitzt, an einem mehrwöchigen Projekt im Ausland teilzunehmen oder die Fähigkeit, solche zu entwickeln.

Die Aufregung war natürlich riesig, aber am Ende war es viel mehr ein Kennenlerngespräch als ein Assessmentcenter, in dem man sich gegen andere Bewerberinnen und Bewerber durchsetzen musste.

Erste Kontakte nach Italien

Die persönlichen Möglichkeiten aller Bewerberinnen und Bewerber wurden ausführlich beleuchtet, so beschäftigte man sich am Ende auch mit Städten, die man so für sich auf den ersten Blick gar nicht in der engeren Auswahl hatte. So kam es dann, dass ich mich für ein Praktikum in Vicenza entschied.

Das Referat für Stadtförderung der Stadt Bonn leitete meine Unterlagen an die zuständige Partnerorganisation in Vicenza weiter – Eurocultura. Ich wurde gebeten, ein ausführliches, auf Vicenza zugeschnittenes Motivationsschreiben zu entwerfen, in welchem ich angebe, welche Bereiche mich besonders interessieren. Wenige Tage später fand ein Skype-Interview mit einer Mitarbeiterin der Organisation statt.

Hier besprachen wir noch etwas detaillierter die Bereiche, in denen ich eingesetzt werden konnte. Besonders die Bereiche Tourismus und das Projekt "Cercando il lavoro" (deutsch "auf der Suche nach Arbeit") reizten mich. Ferner besprachen wir, dass die Unterbringung in einer Gastfamilie erfolgen würde, wie der Sprachkurs vonstattengehen sollte und wie ich am besten nach Vicenza komme. Die finale Einsatzstelle würde ich erst vor Ort erfahren.

Reisevorbereitungen für das große Abenteuer - erster Arbeitseinsatz

Die nächsten Wochen waren geprägt von Reisevorbereitungen. Ich musste die Flüge und Transfers buchen, einen Dienstreiseantrag stellen, die persönliche Planung vollziehen und mich schon ein wenig auf meinen Arbeitseinsatz vorbereiten. Das Stipendium in Höhe von 1.159 Euro, dass ich für die Dauer des Aufenthaltes von vier Wochen erhielt, musste ich komplett an Eurocultura abtreten. Neben den Reisekosten blieb dabei noch ein Eigenanteil von knapp unter 200 Euro übrig.

Von meinem Stipendium in Verbindung mit dem entrichteten Eigenanteil wurden die Unterbringung in einer Gastfamilie sowie die Betreuung vor Ort durch Eurocultura inklusive Sprachkurs gedeckt. Für die Verpflegung kam ich selber auf. Während meines Aufenthalts in Italien erhielt ich ferner meine Bezüge in voller Höhe. Der Flug war gebucht, der Koffer gepackt, ich hatte alle relevanten Informationen seitens Eurocultura erhalten, es konnte also losgehen!

"Cercando il lavoro" ist ein regionales Projekt in Vicenza, welches in erster Linie Trainingsinhalte für Arbeitsuchende organisiert und durchführt. Außerdem werden Arbeitssuchende bei der Suche nach Praktikums- und Arbeitsstellen durch individuelle Beratung unterstützt. Die erste Zeit meines Aufenthaltes sollte ich vollkommen mit diesem Projektes verbringen.

Kein Arbeitstag bleibt gleich

Die Projektleitung übernahm Juri Devigili, der bei der Kommunalverwaltung Vicenza beschäftigt ist. Die anderen Mitarbeiterinnen waren allesamt Volontärinnen, die das Projekt entweder zusätzlich zu ihrem Hauptberuf unterstützen oder noch auf der Suche nach Arbeit sind und das Projekt nutzen möchten, um mit regionalen Unternehmen in Kontakt zu treten.

Außer mir waren noch zwei andere Praktikantinnen da, Laurine aus Frankreich und Emma aus Italien. Da das Team demnach sehr international aufgestellt war, wurden neben Englisch und Italienisch hin und wieder auch mal ein paar Sätze auf Deutsch oder Französisch gewechselt. Die Dynamik im Team war sehr herzlich. Es wurde nicht schlecht über Kolleginnen und Kollegen geredet, alle kamen gut miteinander aus und arbeiteten gemeinsam auf das Ziel hin, die hohe Arbeitslosenquote in Italien zu bekämpfen.

Bei "Cercando il lavoro" verlief kein Arbeitstag wie der andere. Jeden Tag gab es neue spannende Aufgaben. Ich habe mehrmals wöchentlich an Vorstellungsgesprächen teilgenommen. Zu Anfang war es für mich ziemlich anstrengend den Gesprächen zu folgen, da meine Italienischkenntnisse doch noch etwas Zeit brauchten, um wieder aufzutauen. Nach einer Woche hatte sich das aber wieder gelegt und ich traute mir sogar zu, den Telefondienst zu übernehmen.

Die Vorstellungsgespräche dienten dazu herauszufinden, ob eine Bewerberin oder ein Bewerber geeignet war, mit einer kooperierenden Firma in Kontakt zu treten. Oftmals war es nötig die Bewerberinnen und Bewerber auf neue Pfade zu lenken, da in den gewünschten Berufszweigen oder in ihren ursprünglichen Beschäftigungsfeldern keine Stellen zu vergeben waren.

Umsetzung eines eigenen Trainingskonzeptes

Zweimal in der Woche gab es im Büro eine offene Sprechstunde, zu der Arbeitssuchende ohne Termin erscheinen konnten. Dabei wurden sämtliche Fragen zu aktuellen Themen in den verschiedensten Branchen beantwortet. Ein wichtiger Teil war aber auch die Arbeit an den Bewerbungsunterlagen der Sprechstundenteilnehmerinnen und -teilnehmer.

Ein weiterer interessanter Bestandteil meines Praktikums war die Vorbereitung von Trainingsinhalten für Arbeitssuchende. In den ersten 1 1/2 Wochen entwarf ich eine Outline für ein 10-stündiges Training zum Thema "Richtig bewerben". Dieses umfasste neben einem Block zum Thema "Anschreiben und Lebenslauf" auch umfangreiche Informationen und Übungen zu den Themen Körpersprache und Intonation, Stärken und Schwächen im Bewerbungsprozess, sowie eine Simulation eines Bewerbungsgesprächs inklusive der Vorbereitung.

Zur Outline gehörte auch ein mehrseitiges Handout, welches dem Trainer bei der Vorbereitung und Durchführung helfen sollte, aber auch an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer als Broschüre ausgehändigt werden sollte. Wir luden für meine dritte Praktikumswoche zu einer abgespeckten Version des Trainings in die Räumlichkeiten von "Cercando il lavoro" ein und bewarben das Projekt online auf der Homepage, der Facebook-Seite und auf Instagram. Da ich mir noch nicht zutraute, die komplette Veranstaltung in Italienisch zu halten, sollte das Training auf Englisch stattfinden.

Leider blieben die Anmeldungen aus und wir mussten das Training absagen. Der Hauptgrund hierfür waren die Sommerferien. Viele der Interessenten waren verreist. Es war sehr schade, dass ich nicht austesten konnte, ob mein Training auch in der Praxis hätte angewendet werden können. Jedoch bin ich der Organisation sehr dankbar für das mir entgegengebrachte Vertrauen. Ich habe direkt ohne eine vorausgegangene Einarbeitungsphase mein eigenes Projekt bekommen, welches ich eigenständig gestalten durfte.

Neben der Arbeit hatte ich einmal wöchentlich einen dreistündigen Italienischkurs. Auch die Tatsache, dass meine Gastmutter Isabella ausschließlich Italienisch sprach, förderte meine Sprachkenntnisse immens. Neben mir gab es auch weitere Praktikanten, die über die Organisation Eurocultura ein Praktikum in verschiedenen Bereichen absolvierten. Es gab regelmäßige Treffen, an denen man teilnehmen konnte sowie eine Facebook-Gruppe, um sich zu vernetzen.

Meine Erwartungen an das Praktikum - die Stärkung meiner interkulturellen Kompetenzen, die Förderung meiner Fremdsprachenkenntnisse, das schnelle Einstellen auf neue und fremde Situationen sowie die Verbesserung meiner Teamfähigkeit - wurden vollends erfüllt.

Allein um den eigenen Horizont zu erweitern und ein Verständnis für Probleme anderer Menschen zu entwickeln, hat sich dieses EU-Praktikum mehr als gelohnt. Dieses Praktikum war eine der besten Erfahrungen meines Lebens.

Interview mit Eurocultura