Auf geschichtsträchtigem Areal der römischen Colonia, in unmittelbarer Nachbarschaft zu Rathaus, Alter Markt und Heumarkt, ließ der kölnische Stadtrat in der Mitte des 15. Jahrhunderts ein "neues Kaufhaus", den Gürzenich, errichten. Der Name leitet sich wahrscheinlich von der Patrizierfamilie von Gürzenich ab, die an dieser Stelle ein Grundstück besaß.

Festsaal und Handelsplatz

Aus den Urkunden wird deutlich, dass die Bedeutung des zweigeschossigen Saalbaus sich aus der gleichzeitigen Nutzung als großes Warenhaus und großes Fest- und Tanzhaus ergab. Seit 1452 fanden die Festessen nach Bürgermeisterwahlen im Gürzenich statt. Hier wurde Gericht gehalten, überregionale Großveranstaltungen wie der Reichstag 1505 oder der Kurfürstentag 1531 nutzten die großen Räumlichkeiten. Gut überliefert sind auch Festbankette und Tanzveranstaltungen, die bei Kaiserbesuchen im Gürzenich stattfanden.

Zeitgleich entwickelte sich "das neue Kaufhaus" zum wichtigsten Kölner Platz für überregionalen Großhandel.

Französische Zeit

Ein historischer Einschnitt war auch für dieses große öffentliche Gebäude die Besetzung Kölns durch die Franzosen 1794 bis 1814 und die preußische Zeit Cölns bis 1871.

Der Gürzenich verlor seine Bedeutung als Handelshalle weitgehend. Er wurde verstärkt für Musikfeste genutzt und schließlich bei mehreren Baumaßnahmen des 19. Jahrhunderts zu einem Festhaus für die Bürgerschaft umgebaut.

Zerstörung und Wiederaufbau 

Die Bombenangriffe des Zweiten Weltkrieges ließen lediglich die Umfassungsmauern des Gürzenich stehen.

Der Wiederaufbau lag in den Händen der Stadtverwaltung, die 1948 einen Wettbewerb für das Areal zwischen Martinstraße und Quatermarkt ausschrieb, dessen nördliche Begrenzung die Kirchenruine von Sankt Alban bildete. Im Folgejahr gingen 69 Entwürfe ein. Sie wurden der Öffentlichkeit in einer Ausstellung in der Kölner Universität vorgestellt. Dabei wurden die Entwürfe zweier Architektenteams als beste und qualitativ gleichwertig ausgezeichnet.

Im Mai 1951 erhielten Rudolf Schwarz und Karl Band, Architekten dieser beiden Teams, den Auftrag, gemeinsam den Wiederaufbau des Gürzenich zu planen. Zu dieser Zeit standen noch Teile des im 19. Jahrhundert errichteten Anbaus an den mittelalterlichen Gürzenich. Sie wurden bei Baubeginn niedergelegt. Das Gebäudeensemble konnte am 2. Oktober 1955 feierlich eröffnet werden.

Heute gilt der Gürzenich wieder als "gute Stube" der Stadt.

Auffallend ist der Zinnenkranz, der an den Gebäudeecken durch kleine helmlose Türmchen unterbrochen wird. Der Haupteingang des Gebäudes liegt auf der Ostseite. Hier findet sich an der Fassade auch mehrfach das kölnische Stadtwappen. Zudem ist unter einem Baldachin Agrippa, Gründer des römischen "Oppidum Ubiorum" dargestellt. Diese Siedlung wurde unter seiner Enkelin Agrippina zur "Colonia Claudia Ara Agrippinensium". Übersetzt bedeutet das in etwa Kolonie des Claudius an der Opferstätte der Agrippinenser. Daraus wurde Köln.

Unter einem weiteren Baldachin sieht man den legendären Helden Marsilius. Der Sage nach verteidigte er mithilfe einer List – und mit den Kölner Frauen – die Stadt im Jahr 69 nach Christus gegen die Belagerung durch den römischen Kaiser Aulus Vitellius und konnte dabei viele Privilegien für Köln erringen.

Moderne Architektur – künstlerische Akzente

Erst mit dem Durchbruch der Gürzenichstraße 1910 wurde die Südfassade freigelegt. Hier ist der gläserne Aufzug vorgesetzt, der für den Transport temporärer Ausstattung in den "großen Saal" notwendig wurde.

© Stadt Köln – Stadtkonservator
Südfassade mit Aufzugturm
© Stadt Köln – Stadtkonservator
Bronzeportal von Ewald Mataré
© Stadt Köln – Stadtkonservator
Handlauf von Theo Heiermann

Im Inneren wird das Bauwerk bestimmt durch die mittelalterlichen Mauern des "neuen Kaufhauses" und der Ruine der ehemaligen Kirche Sankt Alban im Zusammenspiel mit der Architektur der 1950er Jahre. Die Kirchenruine setzt als Mahnmal für den Zweiten Weltkrieg ein wichtiges gesellschaftliches Zeichen in der Altstadt Kölns.

In den alten Umfassungsmauern des Gürzenichs wurden auf zwei Geschossen Festsäle gestaltet. Dazwischen liegt das große Foyer mit der breiten Treppenanlage als Raumschöpfung der 1950er-Jahre, deren Optik auch vom alten Mauerwerk mitgeprägt ist. Bei der Ausstattung haben zahlreiche Künstler Akzente gesetzt, sei es mit bildhauerischen Arbeiten, Kunstgewerbe oder Malerei.

© Stadt Köln – Stadtkonservator
Wandmalerei von Richard Seewald
© Stadt Köln – Stadtkonservator
Treppenanlage von Theo Heiermann
© Stadt Köln – Stadtkonservator
Handlauf von Theo Heiermann

Spiegelbild der Geschichte

So zeigt der Gürzenich heute stadtkölnische Geschichte: von der in Teilen noch romanischen Albankirche über das gotische Kauf- und Festhaus, von den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs bis zur Gestaltung des modernen, auf 2.000 Jahre Geschichte gründenden Kölns.