Ihre Schüler*innen werden mehr oder weniger verunsichert, sorgenvoll oder ängstlich zurück in die Schule kommen. Einige werden eine gute Zeit während des häuslichen Lernens erlebt haben, für andere wird der Alltag der letzten Wochen eher herausfordernd und schwierig gewesen sein, die neue Form des Lernens war möglicherweise überfordernd, wieder andere haben vielleicht (Zukunfts-)ängste entwickelt. Es wird auch Schüler*innen geben, die häusliche Gewalt erlebt haben oder die um ein verstorbenes Familienmitglied trauern.

Welche Angebote von Seiten der Schule/der Lehrkraft sind hilfreich?

Nennen Sie allen Schüler*innen eine bekannte, vertraute Lehrkraft als festen Ansprechpartner*in für alle auftretenden Sorgen und Fragen. Wenn der*die Klassenlehrer*in nicht zur Verfügung steht, benennen Sie eine alternative Person. Zu wissen, an wen man sich gezielt wenden kann, macht ein beruhigendes Gefühl und schafft ein Gefühl von Sicherheit. Diese Person kann den Schüler*innen auch schon vor Unterrichtsbeginn mitgeteilt werden.


Es empfiehlt sich, wenn organisatorisch möglich, am ersten Schultag, der*die Klassenlehrer*in oder eine andere vertraute Lehrkraft in der Klasse einzusetzen. Auch wenn es viel Unterrichtsstoff nachzuarbeiten gibt, ist es sehr wichtig, in allen Jahrgangsstufen Zeit und Raum für die Auseinandersetzung mit dem Erlebten zu bieten, Fragen zu beantworten und dann erste Perspektiven für die Weiterarbeit zu geben.

  • Wer ist alles da?
  • In welcher Grundverfassung?
  • Mit welchen Fragen?
  • Wie geht es schulisch weiter?
  • Wer ist nicht da? Und warum nicht?

Manchmal kann die Nutzung von Screening-Verfahren und Umfragebögen hilfreich sein, um zu erfahren, wie Schüler*innen die Zeit der Schulschließung verbracht haben und welche Themen sie emotional stark beschäftigen.

Selbsteinschätzungsbogen für Schüler*innen

Aus vielen Gesprächen mit Lehrkräften und Familien wissen wir, wie wichtig gerade in diesen Zeiten der persönliche Kontakt für das psychische Wohlergehen ist. Halten Sie deshalb auch zu den Schüler*innen (und Kolleg*innen), die noch zu Hause bleiben müssen, weiterhin Kontakt. Ein direktes Telefonat oder ein Austausch im Videochat ist meistens besser geeignet als eine E-Mail, da sich die Schülerinnen und Schüler so mit ihren Fragen und Sorgen direkt an Sie als Lehrkraft wenden können.

 

Wie können Sie mit verunsicherten Schüler*innen umgehen?

Rituale und Strukturen wirken Verunsicherung entgegen, da sie Orientierung schaffen und Sicherheit geben. Es kann sein, dass alte vorhandene Klassenrituale und -regeln an die aktuelle Situation angepasst werden müssen, überlegen Sie gemeinsam mit Ihrer Klasse, welche neuen Rituale Sie alternativ ausprobieren könnten. Auch klare Kommunikation und die Weitergabe gesicherter Informationen sind hilfreich.

Die folgenden Verhaltensweisen sind gute Strategien, um den Ängsten zu begegnen:

  • Verständnis zeigen: Die wichtigste Ressource, die wir belasteten Menschen gegenüber haben, ist die Perspektivenübernahme: „Ich kann verstehen, dass es dir schlecht geht!“ Dieses Signal zeigt dem Gegenüber, dass man ihn versteht und die Sorgen ernst nimmt. Aus diesem Verständnis heraus können weitere Verhaltensweisen erfolgen.
  • Bagatellisierung ist nicht hilfreich! Mögen die Sorgen auch für andere irrational erscheinen, für die Betroffenen sind sie real. Daher gilt auch hier: Zeigen Sie Verständnis.
  • Fragen Sie nach: „Was würde dir jetzt helfen? Kann ich etwas für dich tun?“
  • Sprechen Sie gemeinsam über Ihre Sorgen: Vielleicht haben Sie ähnliche Gedanken und Gefühle oder auch ähnlich Situationen erlebt. Das alte Sprichwort „Geteiltes Leid ist halbes Leid“ gilt auch hier.
  • Sprechen Sie darüber, was Ihnen selbst geholfen hat: Statt der anderen Person Ratschläge und gut gemeinte Tipps zu geben, sind hier „Ich-Botschaften“ hilfreicher. Z.B. „Als damals meine Mutter an Krebs gestorben ist, habe ich mich durch Sport abgelenkt. Das hat mir gut getan.“
  • Manchen Menschen fällt es schwer, über ihre Sorgen und Nöte zu sprechen. Drängen Sie sie nicht, das zu tun. Zeigen Sie Verständnis und halten Sie eine Tür offen, durch die die andere Person gehen kann, wenn es für sie an der Zeit ist, sich Ihnen anzuvertrauen.
  • Achten Sie auf die Stillen! Es gibt Menschen, die bei stärkerer Belastung mit Rückzug und Isolation reagieren. Da sie damit von anderen wenig wahrgenommen werden beziehungsweise von den „Lauten“ im wahrsten Sinne des Wortes „überstimmt“ werden, fallen sie dadurch durchs Raster. Überlegen Sie, wer die Stillen in Ihrem Umfeld sind und schenken Sie diesen eine besondere Beachtung.

 

Hinsehen und Handeln - Was können Sie tun, wenn Sie sich Schüler*innen sorgen?

Wenn Sie Probleme oder problematische Veränderungen wahrnehmen oder Schüler*innen Ihnen von Schwierigkeiten oder auch von psychischen Nöten berichtet, ist es wichtig im persönlichen Kontakt unter vier Augen das Gespräch zu suchen um einschätzen zu können, welche Unterstützung der*die Schüler*in braucht. 

Ein besonderes Augenmerk sollte auch auf geflüchteten oder neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen liegen, denen durch oftmals beengte Wohnverhältnisse und wenig häusliche Fördermöglichkeiten der Schulalltag im besonderen Maße gefehlt haben dürfte.

Nutzen Sie vertraute Unterstützungssysteme und Strukturen, auf die Sie auch sonst zurückgreifen würden. Die verschiedenen Beratungsstellen der Stadt Köln und das Jugendamt sind telefonisch wie sonst auch erreichbar.

Sprechen Sie die Mitglieder Ihres Schulteams für Beratung, Gewaltprävention und Krisenintervention an. Diese haben in der Regel für ihre Schulen Konzepte zu verschiedenen Szenarien erarbeitet und Erfahrung mit schwierigen Situationen und können Sie deshalb möglicherweise unterstützen.

Auch der Schulpsychologische Dienst unterstützt Sie gerne im Falle von persönlichen Krisensituationen von Schüler*innen oder Krisen, die das Gesamtsystem Schule betreffen. 

Kontaktdaten Schulpsychologischer Dienst