Köln war schon immer ein bedeutender Verkehrsknotenpunkt. Hier kreuzten sich von jeher wichtige Handelsstraßen, die der Stadt am Rhein eine überragende Position sicherten. Adenauer war sich dieser Zusammenhänge stets bewusst und versuchte deshalb mit den verschiedensten Mitteln, Kölns Rang als Verkehrsmetropole zu sichern und auszubauen.

Adenauers Pläne für den Verkehr in Köln

Unter Adenauers Ägide sollte eine Schnellbahn über Düsseldorf nach Dortmund gebaut werden. Eine Untergrundbahn inklusive einer Untertunnelung des Rheins war ebenso geplant wie eine rasche Erweiterung des Netzes der örtlichen Verkehrsbetriebe. Während aber die meisten Vorhaben in Richtung Schiene Makulatur blieben, waren die Straßenprojekte ungleich erfolgreicher. Dies galt in erster Linie für die Autobahnpläne, die Adenauer zusammen mit dem bedeutenden Landeshauptmann der Rheinprovinz Johannes Horion verfocht. Nach zähem Ringen konnte dann bis zum Sommer 1932 das erste Autobahnteilstück von Köln nach Bonn eingeweiht werden.

Die Mülheimer Brücke

Im Köln der Adenauer-Zeit hatte ein anderes Verkehrsprojekt vorher für weit mehr Furore gesorgt. Es handelte sich dabei um den Bau der Mülheimer Brücke, der zu einem ganz außergewöhnlichen Politikum wurde. Dabei war die Errichtung der Brücke selbst völlig unumstritten, da den Mülheimerinnen und Mülheimern schon 1913 bei der Eingemeindung ihrer bis dahin selbständigen Stadt eine neue Brücke versprochen worden war. Die Schiffsbrücke, die seit 1888 bestand, war längst altersschwach geworden und entwickelte sich mehr und mehr zum Verkehrshindernis. So weit, so gut. Als es dann aber 1927 um die Formgebung der Brücke geht, entzündet sich ein Streit, wie ihn die Domstadt selten erlebt hat.

© Rheinisches Bildarchiv Köln

Mehrere Monate lang wird in Köln über kaum etwas anderes diskutiert und debattiert als über die Frage, ob eine Bogen- oder eine Hängebrücke gebaut werden soll. Dabei scheint die Entscheidung bereits frühzeitig gefallen zu sein. Ein eigens hierfür gebildetes Preisgericht hat mit neun gegen zwei Stimmen für die Bogenbrücke "Aus einem Guss" votiert. Diese ist vor allem auch deutlich kostengünstiger als der Entwurf der Hängebrücke "Von Ufer zu Ufer". Daher spricht nun alles für die Bogenbrücke, die von der Firma Krupp erstellt werden soll. Das Vorhaben hat nur einen einzigen Haken - der Oberbürgermeister ist dagegen!

Adenauer will nämlich partout eine Hängebrücke, wie sie von seinem Baudirektor Adolf Abel entworfen worden ist. Er setzt nun sein ganzes taktisches Geschick ein, um die allgemein favorisierte Bogenbrücke doch noch zu Fall zu bringen. Insbesondere lässt er ein neuerliches Gutachten erstellen, um die statischen Verhältnisse überprüfen zu lassen. Dieses Gutachten hat das gewünschte Ergebnis. Es stellt nämlich fest, dass die sandigen Böden auf beiden Seiten des Ufers angeblich nicht in der Lage sein würden, den 50.000-Tonnen-Druck, wie er bei der schweren Kruppschen Brücke zu erwarten ist, auf Dauer auszuhalten.

Darauf entbrennt ein Gutachterkrieg, der mit vielen wechselseitigen Vorwürfen der Konfliktparteien angereichert wird. Trotzdem sind die meisten Stadtverordneten nach wie vor für eine Bogenbrücke. In einer Abstimmung der vereinigten Ausschüsse hat sich nämlich eine breite Mehrheit von 31 gegen neun Stimmen für das Kruppsche Projekt ausgesprochen. Doch auch damit gibt sich Adenauer noch nicht geschlagen! Vielmehr sucht er nun, da sich die Sozialdemokraten widerborstig zeigen, die Zusammenarbeit mit den Kommunisten.

Und tatsächlich stimmen bei den Sitzungen der Stadtverordneten 1927 sowohl die Kommunisten als auch die Mieterpartei mit dem Zentrum für die Hängebrücke. Die KPD hat hierfür vor allem beschäftigungspolitische Gründe, da der Abelsche Entwurf teilweise von der Mülheimer Firma Felten & Guilleaume ausgeführt werden soll und daher viele Arbeitsplätze sichert. Eine gewiss nicht zu unterschätzende Rolle spielte zudem für die kommunistischen Stadtverordneten folgendes Argument: In Leningrad wurden unter der Sowjetherrschaft längst nur noch Hängebrücken gebaut.

Die Mär weiß in diesem Zusammenhang die gerne kolportierte Anekdote zu berichten, dass es Adenauer selbst gewesen war, der gelegentlich eines Zusammenseins mit KPD-Vertretern diskret, aber unüberhörbar die Schönheit der Leningrader Brücken über die Newa gerühmt haben soll.

Was aber hatte Adenauer eigentlich dazu bewegt, sich mit solcher Vehemenz für eine Hängebrücke einzusetzen und dafür sogar eine dauerhafte Verstimmung mit den Sozialdemokraten und den Liberalen in Kauf zu nehmen? Später waren es gewiss vor allem auch Prestigegründe und gesteigerter Durchsetzungswille, doch ansonsten ging es Adenauer in dieser Frage tatsächlich fast nur um ästhetische Gesichtspunkte!

Vor den Stadtverordneten wies er besonders darauf hin, dass die Mülheimer Brücke

das Eingangstor für Köln vom Industriegebiet aus

sein werde und deshalb auf die auswärtigen Besucherinnen und Besucher einen positiven ersten Eindruck machen sollte. Kennzeichnend für die schönsten Bauwerke Kölns sei aber

das nach oben Strebende und Leichte.

In ähnlicher Weise seien auch die Hängebrücken in ihrem Überbau filigran und verhältnismäßig zierlich, wohingegen eine Bogenbrücke für Köln viel zu wuchtig und zu niederdrückend wäre.

Bau und Einweihung

© Rheinisches Bildarchiv Köln

Wie auch immer - die Hängebrücke wurde jedenfalls alsbald gebaut und innerhalb von zwei Jahren fertig gestellt. Auch hier konnte Köln für sich einen Superlativ reklamieren: Die neue Brücke war nämlich die größte Kabelbrücke der Welt und die längste Hängebrücke des europäischen Festlands. Am 13. Oktober 1929 wurde dann die Mülheimer Brücke ihrer künftigen Bestimmung übergeben.

Adenauer konnte dabei befriedigt und beinahe poetisch feststellen:

Das Werk ist vollendet: In leichten Bogen schwingt sich die Brücke von Ufer zu Ufer, gleichsam beflügelt, nicht mit Pfeilerwerk Strom und Schifffahrt hemmend.

Interessante Orte zu Station 8

Mülheimer Brücke rechtsrheinisch

Mülheimer Freiheit/Ecke Stöckerstraße
51063 Köln

Anfahrt:
Stadtbahn-Linien 4, 13 und 18 (Haltestelle Wiener Platz)
Bus-Linien 151, 152, 153, 250, 260 und 434 (Haltestelle Wiener Platz)

Stadtplan

Mülheimer Brücke linksrheinisch

Niederländer Ufer/Ecke Kuhweg
50735 Köln

Anfahrt:
Stadtbahn-Linien 13 und 18 (Haltestelle Slabystraße)

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