Bereits zum vierten Mal wurde der Kölner Innovationspreis Behindertenpolitik (KIB) verliehen. Viele engagierte Kölner Gruppen, wie Selbsthilfegruppen, Vereine und Berufskollegs, sowie Einrichtungen der Behindertenverbände hatten Bewerbungen für den KIB eingereicht. Insgesamt wurden 30 Projekte vorgestellt.

Die Jury bestand aus Vertreterinnen und Vertretern von Verwaltung, Rat, der Stadtarbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik sowie dem bekannten Kölner Sänger Ludwig Sebus als Person des öffentlichen Lebens. Sie hat aus 30 Projekten die Preisträgerinnen und Preisträger ausgewählt. Die Jury vergab in diesem Jahr einen ersten, einen zweiten und einen dritten Preis.

Es wurden insgesamt Preisgelder in Höhe von 5.000 Euro vergeben. Dabei gab es für den ersten Platz 2.500 Euro, für den zweiten 1.500 Euro und für den dritten Platz 1.000 Euro.

Vier weitere Projekte wurden belobigt. Die feierliche Verleihung der Preise fand am 11. Oktober im Rathaus statt.

Die Jury legte großen Wert darauf, dass die Kriterien des KIB eingehalten wurden:

  • Menschen mit Behinderung sind als Expertinnen und Experten in eigener Sache am Projekt beteiligt.
  • Das Projekt fördert und verbessert die Teilhabe von Menschen mit Behinderung in Köln.
  • Der Erfolg der Arbeit ist bereits in der Praxis sichtbar.
  • Die Auswirkungen des Projekts sind über einen längeren Zeitraum spürbar.

Alle Siegerprojekte überzeugen durch ihren inklusiven Ansatz.

1. Preis: VersteckDichNicht e. V.

© Till Muellenmeister
Oberbürgermeister Roters, Ludwig Sebus und drei Ensemblemitglieder von VersteckDichNicht

VersteckDichNicht e. V. ist ein integratives Tanztheater. Dem Verein ist es wichtig, die Integration von behinderten und nichtbehinderten Menschen, unabhängig von Alter oder Art der Behinderung, voranzutreiben.

Dies gelingt häufig über eine Gemeinsamkeit, über die Herstellung eines "Wir-Gefühls", und in diesem Fall ist es die Musik und die Freude an der Bewegung. Verschiedene Gesangs-, Tanz- und Schauspielelemente wechseln sich bei den Aufführungen ab.

Das Programm von VersteckDichNicht e. V. ist so abwechslungsreich wie die einzelnen Künstlerinnen und Künstler des Ensembles.

Beinah schon legendär ist der Paartanz zu "Time of my life" aus dem Musical "Dirty Dancing", getanzt von einer 60-jährigen, jung gebliebenen Frau mit einem 16-jährigen jungen Mann.

Außerdem wird zu jazzigen Rhythmen getanzt und gesungen oder auch zu irischer Folklore gesteppt. Das VersteckDichNicht-Ensemble zeigt ein buntes Programm mit unterschiedlichen Tanzstilen wie Modern Dance, Jazz Dance, Stepptanz, klassisches Ballett und Bewegungstechniken der Living Dolls. Zusätzlich bereichert wird das Programm durch den Chor und die Trommelgruppe.

Die Gruppe lebt offen vor, wie Inklusion laufen kann. Die Freude und der Spaß an der tänzerisch-kreativen Umsetzung des Themas stehen im Vordergrund - unabhängig von Herkunft, Alter, Äußerem oder Behinderung. Dabei wird auch das Sozial- und Selbstbewusstsein aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer gestärkt.

Über die Umsetzung des Projektes wurde nicht nur bei allen Beteiligten ein Prozess des Umdenkens in Gang gesetzt. Auch das Publikum wurde unmittelbar mit dem Thema konfrontiert, was auch dort langfristig zu einem Umdenken führt. Das Theater setzt sich nicht nur inhaltlich mit Integration und Inklusion auseinander, sondern lebt dies auf der Bühne vor: Alt und jung, mit und ohne Behinderung, agieren gleichberechtigt miteinander. Genau das ist der richtige Weg.

Die Premiere fand im Mai 2009 statt. Weitere große Aufführungen waren im Mai 2011 zu sehen. Jährlich gab es 10 bis 15 Auftritte im Rahmen diverser öffentlicher Veranstaltungen. Die Projektarbeit ist nicht zeitlich begrenzt, sondern wird stetig weiterentwickelt.

Informationen zu VersteckDichNicht e. V.

2. Preis: IncluCity Cologne

Im Rahmen von IncluCity Cologne diskutiert eine Gruppe von Menschen mit Lernschwierigkeiten über wichtige Themen rund um Köln und vertritt ihre Interessen in Köln.

So hat diese Gruppe einen Vertreter für die Stadtarbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik in Köln gewählt, der dort seit Mai 2006 mitarbeitet. Im Mittelpunkt stehen die Themen Wohnen, Freizeit und Kultur, Leichte Sprache, Schule, Bus und Bahn.

Über diese Themen wird so geredet, dass jeder aus der Gruppe verstehen kann, worum es geht. Die Treffen finden seit 2002 einmal im Monat statt. An diesen Treffen nehmen Menschen mit Behinderung, Unterstützerinnen und Unterstützer teil.

In der Sitzung der Stadtarbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik am 4. September 2008 wurde die Arbeit von IncluCity Cologne vorgestellt und ein Forderungskatalog vorgelegt. Die Gruppe arbeitet daran, dass diese Forderungen in den nächsten Jahren umgesetzt werden.

IncluCity Cologne hat schwierige Zeiten hinter sich. Zwei Jahre lang hat sich die Gruppe nur zwei Mal im Jahr getroffen. Das war zu wenig. Die Mitglieder konnten sich mit wichtigen Themen nicht mehr richtig auseinander setzen. Seit April 2011 treffen sich die Mitglieder alle sechs Wochen.

IncluCity hat ein neues Projekt mit dem Titel "Reise durch die Kölner Südstadt" angefangen. Bei dieser Reise schauen sich die Mitglieder wichtige Orte in der Kölner Südstadt an. Das sind Orte wie Haltestellen, Geschäfte, Wohnungen und Freizeiteinrichtungen. Diese Orte werden von den Mitgliedern der Gruppe auf ihre Nutzbarkeit geprüft. Dort wo es wichtig ist macht IncluCity Cologne Verbesserungsvorschläge.

Die Ergebnisse stellt IncluCity Cologne am 29. November 2011 bei der Veranstaltung zum Internationalen Tag für Menschen mit Behinderung im Kölner Rathaus vor.

3. Preis: Seniorennetzwerk Vogelsang und Ledo-Wohnprojekt mit dem Projekt "WEGE DER LEICHTIGKEIT"

Stolperfallen und Hindernisse sind ein Ärger, den man mit vielen teilt. Das betrifft Menschen mit Handicap besonders, aber auch alle andern, die mit Rädern unterwegs sind. Darüber an der Straßenecke reden nützt nichts. Es gilt, verantwortlich zu machen für Gefahren, Betroffenheit herzustellen für Hindernisse und zu sensibilisieren für einfache Änderungen.

Der Weg: Die Sprache der Verwaltung und Politik nutzen, um sie mit den eigenen Waffen zu überzeugen. Zum Schluss haben alle etwas davon, nachhaltig vor Ort und übertragbar auf alle Stadtviertel in einer Bürgergesellschaft, die selbst mit anpackt - auch mit Handicap.

Das Seniorennetzwerk Vogelsang hatte es zunächst für deren Viertel in die eigenen Hände genommen, Stolperfallen für Seniorinnen und Senioren zu beseitigen. Eine Begehung stand am Anfang, die Mängel wurden erfasst und mit Hilfe der Stadtpolitik beseitigt.

Die Idee wurde vom Ledo-Wohnprojekt in Köln-Niehl aufgegriffen. Hier wohnen Menschen mit Behinderung, Rollstuhlfahrerinnen, Rollstuhlfahrer, Familien mit Kindern und viele Singles gemeinsam unter einem Dach. Das Haus ist vom Keller bis unters Dach barrierefrei gestaltet. Doch leider trifft man auf viele Hindernisse, um von der Straße das Haus zu erreichen. Das Projekt "Wege mit Leichtigkeit" wurde geboren.

Die ersten Begehungen haben stattgefunden, die zu verbessernden Bereiche sind schnell ausgemacht. Ein erster kleiner Erfolg: Die schlecht hinterlassene Baustelle eines Telekommunikationsunternehmens wurde nachgebessert und rolligängig gestaltet.

Schon jetzt haben die Bewerberinnen und Bewerber gewonnen: das Seniorennetzwerk Niehl macht mit und auch der nahe Kindergarten. Das Gymnasium ist schon angefragt. Inklusion ist eben eine Gemeinschaftsaufgabe. Alle sind sicher: Niehl wird barrierefreier.

Informationen zu Ledo Niehl
Informationen zum Seniorennetzwerk Vogelsang

Belobigungen

Folgende Projekte wurden belobigt:

  • Projekt: "13 Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung am Joseph-DuMont-Berufskolleg" des Joseph-DuMont-Berufskolleg in Kooperation mit der Gemeinnützigen Werkstätten Köln GmbH
Informationen zum Joseph-DuMont-Berufskolleg
  • Teilhabe am Arbeitsleben und Verbesserung des Übergangs auf den 1. Arbeitsmarkt
    (Träger: Gemeinnützige Werkstätten Köln GmbH)
Informationen zu den Gemeinnützigen Werkstätten Köln
  • Mittendrin statt nur Daneben
    (Träger: Gemeinnützige Gesellschaft Kölner Karneval mbH/Festkomitee Kölner Karneval)
Informationen zur Gemeinnützigen Gesellschaft Kölner Karneval mbH
  • Leben ohne Barrieren in Kölner Hotels
    (Bewerber: Berufskolleg Deutz/Bereich der staatlich geprüften Kaufmännischen Assistentinnen und Assistenten und Genossenschaft Leben ohne Barrieren e. G.)
Informationen zu Leben ohne Barrieren in Kölner Hotels
Bericht zur Preisverleihung im Rathaus am 11. Oktober 2011